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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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Frau den Kopf verdrehen«, meinte die Schlanke, die dem im Salon verschwindenden Senator nachblickte.
    »Hab ich’s nicht gesagt, Herr Kommandant? Sie sind schon dabei, Herzen zu brechen.« Othons Finger fuhren über die runde Hüfte der Dunklen; verstohlen umherblickend schob sie seine Hand weg.
    Die Mädchen lachten, froh über den sonnigen Morgen und das glatte Meer.
    »Wann treten Sie in Recife auf?«, wollte Vasco wissen.
    »Morgen Abend, im Theater Santa Isabel.«
    »Schade, dass ich die Vorstellung nicht besuchen kann. Ich werde aber auf der Rückreise kommen, wenn das Schiff eine Nacht bleibt … Ich möchte Ihnen Beifall klatschen und …«
    Hundegekläff schnitt ihm die Rede ab. Er blickte auf und sah die hübsche Dame in einem ausgeschnittenen kniefreien Kleid und einem Kopftuch, die mit ihrem Pekinesen Süßholz raspelte.
    »Die zieht sich an wie eine Fünfzehnjährige …«, meinte die Dunkle.
    »Und lässt ihr Hündchen keine Minute allein. Ich habe noch nie eine solche Affenliebe gesehen, nicht mal für den eigenen Sohn.«
    »Das ist auch mehr als ein Sohn …«, sagte der Deputierte.
    »Was denn?«, wollte die mit den Grübchen wissen.
    »Ich sag’s Ihnen ins Ohr …«
    »Nein, mir«, bat die Dunkle.
    Othon, den Mund an das Ohr der Dunklen geklebt, flüsterte ihr etwas zu, und das Mädchen, die Hand auf dem lachenden Mund, rief entsetzt:
    »Wie grässlich, was sind Sie für ein unmöglicher Mensch …«
    »Was hat er gesagt? Erzähl …«
    Vasco, durch das Gespräch zwischen dem Abgeordneten und den Schauspielerinnen festgehalten, grüßte die Besitzerin des Pekinesen mit einem Neigen des Kopfes. Sie lächelte zurück, aber schon sah sie die Gruppe neben dem Kapitän und machte brüsk kehrt. Vasco wurde unruhig, er wäre ihr gerne beim Aufklappen ihres Liegestuhls behilflich gewesen. Nun fragte die Schlanke:
    »Finden Sie nicht auch?«
    »Was denn, mein Fräulein?«
    »Nun, was Herr Dr. Othon gerade gesagt hat …«
    »Ich weiß nicht mehr, was … Entschuldigen Sie mich bitte einen Augenblick.« Und schon lief er fort, näherte sich der Dame und nahm ihr den Stuhl aus der Hand, den sie, mit einer Hand ihr Hündchen haltend, nicht aufzuklappen vermochte.
    »Gestatten Sie, gnädige Frau …«
    Sie dankte:
    »Bitte, machen Sie sich keine Mühe … Herzlichen Dank.«
    »Es war mir ein Vergnügen, ich versichere Ihnen. Nehmen Sie doch Platz, wenn ich bitten darf.«
    Sie setzte sich, auf dem Schoß das Tier, das dem Kommandanten knurrend die Zähne entgegenfletschte. Vasco lehnte sich, mit dem Gesicht zu ihr, an die Reling.
    »Still, Jasmin, ein bisschen Respekt vor dem Herrn Kapitän.«
    »Er scheint mich nicht leiden zu können …«
    »So ist er zuerst mit allen Leuten. Er ist einfach eifersüchtig. Später gewöhnt er sich daran.«
    Mit leicht gelangweilter Stimme setzte sie spöttisch hinzu:
    »Ihre Freundinnen scheinen Sie zu vermissen. Schauen Sie nur: Man spricht über uns …«
    Der Kommandant schielte nach den Schauspielerinnen und dem Abgeordneten hinüber, sie lachten, und die Schlanke kniff ein Auge zu.
    »Sie sind nicht meine Freundinnen. Ich bin ihnen in diesem Augenblick vorgestellt worden …«
    »Sie sollen Künstlerinnen sein. Sicherlich dritter Kategorie. Für mich sehen sie eher wie Freudenmädchen aus. Das Tamtam geht schon seit Rio, die Männer laufen ihnen in Scharen nach. Dieser Dr. Othon klebt förmlich an ihnen. Man hat das Gefühl, dass außer ihnen kein weibliches Wesen an Bord ist.«
    »Das klingt ja fast unglaublich, sicherlich übertreiben Sie, gnädige Frau. Wie kann man eine andere Frau ansehen, wenn Sie an Bord sind?«
    »Um Himmels willen, Herr Kapitän, Sie bringen mich ja aus dem Konzept.«
    »Steigen Sie auch in Recife aus?«
    »Nein, in Belém. Ich bin dort zu Hause«, sagte sie und seufzte.
    Der Kommandant hatte bereits ihre Finger gemustert, sie trug keinen Ring.
    »Haben Sie eine Vergnügungsreise nach Rio gemacht?«
    »Ich bin eine Zeitlang bei meiner Schwester gewesen. Ihr Mann ist Ingenieur im Verkehrsministerium.«
    »Wollten Sie nicht dort bleiben?«
    »Das wäre unmöglich gewesen, das Haus ist voll, meine Schwester hat fünf Kinder. Ich lebe bei meinem Bruder in Belém. Auch er ist verheiratet, hat aber nur zwei Kinder …«
    »Und Sie?«
    »Ich?« Sie wandte das Gesicht ab, ihr Blick verlor sich am Horizont. »Ich wollte nicht heiraten …«
    Ein kurzes Schweigen entstand, Vasco fühlte, indiskret, vielleicht unerzogen gewesen zu sein,

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