Zwei Geschichten von der See
vor aller Augen die letzte, paradiesische Folgerung gezogen hätten. Eine Flut von Küsschen, Gestreichel und Geknutsche, aber all das war von Staat und Kirche genehmigt, sie waren ja durch die Hände des Standesbeamten und des Priesters gegangen.
Vasco verwünschte den ersten Teil des Bummels durch die Stadt. Vor allem, als Jasmin – der einzige ernstliche Fehler, den er an Clotilde entdeckt hatte – den Händen seiner Herrin entschlüpfte, um sich öffentlich, wenn auch ohne jede Aussicht auf Erfolg, auf einem schattenreichen Platz mitten in der Stadt an einem Wettbewerb um die Eroberung einer läufigen Hündin zu beteiligen, einem Foxel beträchtlicher Größe und geringer Rassereinheit. Selbst wenn Jasmin das dreimal größere, heiß begehrte Weibchen mit seinem orientalischen Adel, seiner exotischen Schönheit zu betören gedachte, wie glaubte er sich dann mit einem zähnefletschenden Boxer, einem Fox, der seine augenscheinlichen Gattenrechte zu verteidigen bereit schien, und zwei Straßenkötern messen zu können? Der eine, in dessen Adern fraglos das Blut einer dänischen Dogge kreiste, knurrte den Boxer an, der andere sah aus wie der abgefeimteste Spitzbube von der Welt, eine Promenadenmischung, wie sie im Buch steht, mit spöttischem Blick und sympathischer Schnauze. Dieser und der Fox mit dem Aussehen des Ehemanns hielten sich in Alarmbereitschaft und schienen das Ergebnis des Zweikampfes zwischen den beiden handfesten Kämpen, dem Boxer und dem riesigen Streuner, abwarten zu wollen. Das Wahrscheinlichste war ein Unentschieden, was das Ausscheiden dieser beiden Anwärter bedeuten würde. Mittlerweile maßen sich der Fox und der kleinere Köter mit den Augen und bereiteten sich für den zweiten Gang vor, der den Besitz der Hündin entscheiden würde. Was diese betraf, so schien sie entzückt über den Streit um ihre Gunst. Sie ermunterte alle, selbst ihren Gatten – welch schamloses Frauenzimmer!
Die Lage veränderte sich jedoch grundlegend, als Jasmin beschloss, sich auch an dem Streit zu beteiligen, und mit einem Satz mitten ins Kampfgewühl sprang. Alle vier drehten sich knurrend nach dem neuen Konkurrenten um. Die Hündin lächelte ihm eitel und aufmunternd zu. Einen kurzen Augenblick lang genoss Vasco die optimistische Illusion, den Pekinesen kurzerhand durch den Boxer und den Mischling unter wirksamer Unterstützung des Foxels und des kleinen Straßenköters in Stücke gerissen zu sehen. Aber nichts dergleichen geschah. Die vier Verliebten schienen viel Zeit zu haben, sie konnten sich nicht zum Beginn des Kampfes entschließen, knurrten in einem fort, zeigten die Zähne und bellten dann und wann. Wer übrigens am lautesten, angriffslustigsten bellte, war Jasmin.
Als Clotilde ihn inmitten dieser vier rüden Kämpfer sah, fiel sie fast in Ohnmacht. Hysterische kleine Schreie entrangen sich ihren Lippen, sie streckte die Arme aus, jammerte hektisch »Jasmin, Jasmin«, ließ sich auf eine Bank sinken und wurde um ein Haar ohnmächtig. Dann wandte sie sich an den Kommandanten:
«Um Himmels willen, retten Sie mir das arme Tierchen!«
Ihre flehenden Augen, ihre Stimme, wie wenn sie das letzte Stündlein erwarte, bestimmten Vasco zum Handeln. Es war eine wahnsinnige Bitte; wie sollte man sich in diesen Teufelskreis von Begierde und Hass wagen und daraus den furchtlosen Pekinesen zerren, dessen Tapferkeit an Tollkühnheit grenzte? So suchte er in der Nähe einen heruntergefallenen Ast; mit diesem bewaffnet, rückte er angriffsbereit auf die Hunde vor, wie der lanzenbewehrte Ritter des Mittelalters dem siebenköpfigen Drachen entgegenstürmt, um im Gehorsam gegen die Dame seines Herzens Tod und Verderben unter alle sieben Köpfe zu säen.
Vascos unerwartetes Auftreten verursachte Verwirrung und Verstörung. Der Boxer gab seinen Beobachtungsposten auf, wich einen Schritt zurück, was den riesigen Straßenköter veranlasste, ihn von hinten anzugreifen. Jasmin, der fühlte, dass die Operationen des Kapitäns ihm galten, stürzte vorwärts und fiel den Fox an, so dass beide Streiter über die Blumenbeete rollten. All das benutzte jener sprühlebendige kleinere Köter, um das begehrte Weibchen zu schnappen und es in einen nahen, ruhigeren und der Liebe günstigeren Winkel zu schubsen. Endlich gelang es dem Kommandanten, die Lederleine zu erwischen und Jasmin den Zähnen des Foxels zu entreißen, der schließlich mit blöder Miene seine Gefährtin suchte. Als er endlich ihre Spur fand und in Richtung
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