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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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meinen eifrigen Lobsprüchen besänftigen zu lassen, wie es früher der Fall gewesen war, wo er als Gegenleistung sogar meine literarischen Bemühungen gepriesen hatte. Nun hatte ich, wenn auch mit größter Anstrengung, die Grenze der ausgepichtesten Speichelleckerei erreicht und sogar einen abgrundhässlichen gestreiften Pyjama, ein Weihnachtsgeschenk des »Zeppelins«, den der Hochverdiente in jenen Tagen eingeweiht hatte, übertrieben bewundert. Aber nicht einmal das entspannte seinen Gesichtsausdruck. Unruhe packte uns, Dondoca und mich, wir trafen die äußersten Vorsichtsmaßregeln und vereinbarten, abends Leintuch- und Kopfkissenbezug zu wechseln. Was mich betraf, so vermied ich es von jetzt ab, Herrn Dr. Siqueira bei seinen nachmittäglichen Besuchen unserer Vielgeliebten zu begleiten. Früher war ich unbesorgt erschienen, entweder mit ihm oder kurz nach seiner Ankunft, ich trank ein Tässchen Mokka mit ihnen oder schwatzte ein wenig im Kreise unseres Dreierverbands. Dann zog ich mich taktvoll zurück, schließlich stöhnte er unter den Unkosten und durfte dafür auch gewisse Rechte beanspruchen, ich konnte den beiden ja nicht den ganzen Nachmittag auf der Pelle sitzen. Abgesehen davon, dass ich meinen historischen Forschungen und meiner schriftstellerischen Arbeit nachgehen musste. Ich trat also in den Hintergrund und sah Siqueira nur noch abends, um auf dem Gehsteig vor seinem Haus ein Weilchen mit ihm zu verplaudern und mir vor dem Angesicht des edlen Rechtspflegers, der unter der Fuchtel seiner würdigen, von diesem Widerling »Zeppelin« genannten Gattin Dona Ernestina sich so reserviert gibt, mein tägliches Alibi zu holen.
    Aber all das nützte nichts. Vor vier Tagen, in einer heißen Nacht, gerade als ich, in ihrem Bett ausgestreckt, mich an einer Birne labte – aus einem halben Dutzend, die der Herr Oberlandesgerichtsrat aus Bahia mitgebracht hatte, während sie in einer echt Dondoca’schen Spielerei rittlings auf mir saß und, sich herunterbeugend, mich bald auf die Augen, bald auf die Ohren küsste oder mir ein Stück Birne aus dem Mund biss, gerade als ich während einer dieser Lustbarkeiten die Arme um ihren Rücken schlang und sie auf mich herunterzog, stand in der plötzlich aufgehenden Tür der hervorragende Herr Dr. Siqueira, einen Filzhut tief ins Gesicht gezogen und eine dunkle Brille auf der Nase.
    Nach einem hämischen Auflachen rief er mit Grabesstimme:
    »Es ist also wahr!«
    So sah es wenigstens aus. Wenn ich auch geneigt bin – sofern er mir dazu die Gelegenheit gäbe – über die Angelegenheit mit ihm zu streiten, da ich in Sachen Wahrheit ein wirklicher Könner bin. Bei der Niederschrift dieser Memoiren des Kapitäns auf großer Fahrt habe ich nämlich gelernt, wie gewagt es ist, mir nichts dir nichts eine Wahrheit auszuposaunen, nur weil man im Besitz greifbarer Beweise oder des vom eigenen Blickfeld aus stets überschätzten Zeugen ist. Noch kürzlich haben sich Dona Caçula und Dona Pequena, Gattin und Schwägerin Tinoco Pedreiras, gerühmt, mit ihren zwei Paar Augen, die einst die Erde haben wird, an unserem Periperianer Himmel eine fliegende Untertasse gesehen zu haben. Sie haben das ganze Städtchen auf den Kopf gestellt, sogar Reporter der städtischen Presse haben die beiden alten Frauenzimmer interviewt und Lichtbilder, auf denen sie in den Himmel starren, in der Zeitung veröffentlicht. Hinterher stellte sich jedoch heraus, dass das runde silbrige Ding, das, von zwei Feuerschwänzen begleitet, mit Windeseile dahinsauste, keineswegs eine Untertasse gewesen war. Die Flut schwemmte nämlich einen riesigen Drachen aus Wachspapier an den Strand, der mit seinen zwei roten Kreisen in der Sonne silbern geblinkt hatte. Ein verirrter Drachen mit abgerissenem Schwanz und Leine, vom Winde hergeweht, wurde somit in den Augen der in die Sonne blinzelnden alten Frauen zu einer fliegenden Untertasse; und je nach der politischen Einstellung der Zeitung das eine Mal zu einem Erzeugnis des Mars, das andere zu einem der Sowjetunion gestempelt.
    Zu derartigen Betrachtungen war jetzt freilich keine Zeit. Im ersten Augenblick begriff ich offen gestanden nicht ganz, was jene Erscheinung in der Türe bedeutete – sosehr hatten mich die dunklen Augengläser und der übers Gesicht heruntergezogene Schlapphut beeindruckt. Brille und Hut sollten also irgendwelche Nachtschwärmer von Periperi über die Person des Oberlandesgerichtsrats hinwegtäuschen, man nehme die schlaue Absicht des

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