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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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vermeiden, es gäbe Gerede, die Polizei würde sich einmischen, die Sache würde Dona Ernestina zu Ohren kommen, und was dann vom »Zeppelin« zu erwarten sei, wollte er sich lieber nicht ausdenken … »Nur aus Nächstenliebe«, sagte er und kehrte zurück.
    Der Friede wurde geschlossen, ja, aber auf meine Kosten. Ich erhielt die Erlaubnis zu einer letzten Aussprache mit Dondoca, aber nicht unter vier Augen: In der Küche befand sich Pedro Torresmo, bewaffnet mit den Resten des Besens, um die Schicklichkeit und das Privateigentum des Oberlandesgerichtsrats zu wahren. Dondoca erzählte mir unter Tränen, Bertilein habe ihr diesmal noch verziehen, aber unter der Bedingung, dass sie nie, nie mehr ein Wort an mich richte. Was sollte sie tun, unglücklich, wie sie war? Das Schlimmste war die vom Hochverdienten getroffene Entscheidung, der zufolge Vater und Mutter fortan im Hinterzimmer ihres Häuschens wohnen würden, als Wachhunde ihrer Unantastbarkeit und uneingeschränkten Treue zu dem Herrn Oberlandesgerichtsrat.
    »Lass ein paar Tage vergehen, und die Sache renkt sich ein, mein Schätzchen.«
    Lass ein paar Tage vergehen, ist leicht gesagt. Wenn Pedro Torresmo mich auf der Straße sieht, wirft er mir einen scheelen drohenden Blick zu. Die Mutter verkündete den Nachbarn ihre Absicht, mich mit ihrem Besen zu verdreschen, sollte ich es nochmals wagen, mich im Beco das Três Borboletas blicken zu lassen. Wie soll ich Dondoca unter diesen Umständen wiedersehen?
    Hier bin ich ohne Frau, die Nächte ziehen sich endlos hin, nie habe ich solche Sehnsucht gehabt und eine Frau so begehrt wie diese goldene Mulattin mit den begehrlichen Lippen. Nie habe ich so viel Zeit gehabt, jetzt verfüge ich auch über die Stunden, die ich bisher auf die Plauderei mit dem Herrn Richter verwendete, denn der Hochverdiente hat seine Beziehungen zu mir, seinem rückhaltlosen Bewunderer, bis auf ein bloßes Kopfnicken abgebrochen. Indessen schleppt sich meine Arbeit langsam, langwierig weiter, die Sätze kommen nur stockend, die Ereignisse verwirren sich in meinem Gehirn, es will mir nicht gelingen, mich auf den Kommandanten und seine reife Geliebte, die Jungfer Clotilde, zu konzentrieren. Es gibt hier zwar eine reife, überreife Sommerfrischlerin, die mich am Strand mit den Augen verfolgt. Sie ist eine Witwe, die zum ersten Mal die Sommermonate in Gesellschaft einiger Nichten hier verbringt. Sie kann mich nicht sehen, ohne sofort unruhig zu werden, mich in ein Gespräch zu ziehen, mir Avancen zu machen, es fehlt nur, dass sie handgreiflich wird. Aber wer Dondocas kleine harte Brüste, wer ihre wohlgeformten Hüften umfasst, wer ihren funkensprühenden Bauch berührt hat – kann der auch nur aus purer – wiewohl verständlicher – Neugierde das geringste Verlangen nach diesem Wrack empfinden, das schleunigst einer Generalüberholung, einer Schönheitsoperation bedarf?
    Wie soll ich die Wahrheit über den Kommandanten und seine Abenteuer ans Licht ziehen, wenn mir in diesem Augenblick nur daran liegt, aufzuspüren, in Erfahrung zu bringen, klarzustellen, wie der Hochverdiente von meinen nächtlichen Besuchen im Beco das Três Borboletas Lunte gerochen hat? Ich möchte annehmen, dass er es durch einen anonymen Briefschreiber erfahren hat. Durch einen jener kleinstädtischen spießigen Intriganten à la Telêmaco Dórea oder Otoniel Mendonça, die mich um meine Erfolge in der Geschichtsschreibung und mein Plätzchen in Dondocas Bett beneiden. Chico Pachecos Sippe ist in Periperi noch nicht ausgestorben. Ah, aber wenn ich die Wahrheit entdecke, werde ich den Hundesohn nicht zu einem Duell auffordern, wie es der Kommandant getan hat, ich werde ihm an der nächstbesten Straßenecke den Schädel spalten.
    Von der wissenschaftlichen Theorie der Baqueanas
    »Da geht der Kommandant und schiebt seine
Baqueana
vor sich her …«, sagte der paraensische Rechtsanwalt Dr. Firmino Morais, der über literarische Neigungen und beachtliches gesellschaftliches Ansehen verfügt. Dr. Morais befand sich auf der Rückreise von Rio, wo er vor dem Obersten Bundesgerichtshof die Berufung einer Gummi-Exportfirma verfochten hatte. Der kleine Abstecher hatte ihm über hundert Conto de Réis eingebracht.
    Im Salon war ein großer Kreis versammelt, geschart um den Senator, einen Priester, Hochwürden Clímaco, und eine an Jahren vorgerückte Dame mit weißem Ringelhaar und liebenswürdigem Gebaren, deren Schönheit einst wohl betörend gewesen war und die mit

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