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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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ist die Besatzung diszipliniert. In Indien hieß ich sogar die ›Eisenfaust‹!«
    Bis Mitternacht tanzte er mit Clotilde. Er erzählte ihr den Vorfall in allen Einzelheiten, dann – ein Wort gibt das andere – berichtete er ihr von den Kämpfen zwischen Monarchisten und Republikanern in Portugal, an denen er aus Dankbarkeit gegen König Don Carlos I. teilgenommen hatte. Anschließend war er von Portugal nach Indien gefahren, wo die Seeleute ihm den Beinamen »Eisenfaust« und »Goldenes Herz« gaben, denn, sanft wie eine Brise und ein Freund der Besatzung, konnte er, die unerbittliche »Eisenfaust«, im Falle von Gehorsamsverweigerung auch aufbrausen wie ein Taifun.
    Von einer Verlobung und von Schwüren ewiger Liebe, oder wie der Kommandant bei Mondschein im Herzen der GROSSEN BAQUEANA ankert
    Das erste Wort über Verlobung und Hochzeit fiel in Natal zögernd aus dem Mund des Kommandanten. Die beiden, er und Clotilde, gingen am Strand Areia Preta entlang, und nicht nur die Schönheit der Landschaft, sondern auch die Anmut der Stadt berückte das Paar und entlockte ihnen bewundernde Ausrufe. Der ITA hatte nur kurzen Aufenthalt und sollte in Kürze nach Fortaleza weiterlaufen. In jugendlicher Eile wollten sie alles sehen, der
Großen Baqueana
entschlüpften verzückte Schreie über den gewundenen Strand, die weißen Häuser, die Festung der Drei Könige aus dem Morgenland, den silbernen sonnenspiegelnden Fluss.
    »Sie haben schon so viel gesehen, so viele hübsche Plätze in der Welt, dass Sie es müde sein müssen und vielleicht gar keine Lust mehr auf Neues haben, nicht wahr?«, sagte Clotilde, als sie stehen blieben, um den palmengesäumten Strand zu bewundern.
    »Ich habe viel gesehen, ja eigentlich die ganze Welt. Aber man sieht wenig, wenn man allein ist. Man verspürt nicht einmal Lust dazu …«
    »Ah!«, seufzte die
Große Baqueana
. »Das ist wahr. Man verspürt keine Lust dazu.«
    »Wehe dem, der allein ist.«
    »Ah!«
    »Sagen Sie mir eines: Glauben Sie nicht, wenn Sie eines Tages …«
    »Was?«
    »… einem lebenserfahrenen, einsamen Manne begegneten … Einem liebenden Herzen … Würden Sie dann nicht ihr Leben an seines knüpfen, ein eigenes Heim haben, glücklich sein wollen?«
    »Ich habe Angst. Ich glaube, ich wäre nie glücklich …«
    In ihren Erinnerungen versunken, neigte sie den Kopf. Der Kommandant suchte nach Worten und fand sie nicht. Er hatte nie einer Frau die Ehe angeboten, seine einzige Erfahrung auf diesem Gebiet war jener Walzer gewesen, den er mit Madalena Pontes Mendes getanzt und bei dem er kein Wort herausgebracht hatte. Wie sollte er jetzt vorgehen?
    »Ich zum Beispiel, wenn ich heute ein Mädchen nach meinem Geschmack fände, das einen alten Mann verstünde …«
    »Sie und alt? Ich bitte Sie …«
    »Die also imstande wäre, einen …«
    »Herr Kapitän, Herr Kapitän!«
    Der Senator kam in Begleitung zweier anderer Herren auf sie zu.
    »Widerling!«, murmelte Clotilde.
    »Wie bitte?«
    »Ach, dieser Senator … Wenn er schon von Bord gegangen ist, was will er dann noch?«
    Der Senator wollte sich nur dem Kommandanten gegenüber, dessen Autorität und nautische Kenntnisse ihn beeindruckt hatten, liebenswürdig zeigen. Er stellte seine Freunde vor, einen Landtagsabgeordneten und einen Oberst aus dem Hinterland, zwei angesehene politische Führer aus Rio Grande do Norte und zugleich seine Landsleute.
    »Das hier ist Herr Kommandant Vasco Moscoso de Aragão, ein Mann, der viele Reisen und viele Abenteuer hinter sich hat. Er hat die ganze Welt gesehen … Ein Held.«
    Die beiden Politiker stimmten zu, lächelten und bewunderten den von seiner Exzellenz, dem Herrn Senator, vorgestellten Helden.
    »Kommen Sie bitte mit, ich möchte Ihnen eine Sehenswürdigkeit von Natal zeigen. Etwas, was es nur hier gibt, einzigartig in Brasilien, eine außerordentliche Errungenschaft. Sie müssen Sie kennenlernen, Herr Kommandant. Ich garantiere Ihnen, dass Sie auf allen Ihren Reisen nie etwas dergleichen gesehen haben.«
    So schleppte er die beiden in eine Haushaltungsschule, ein fachmännisch eingerichtetes Institut, dessen Zweck darin bestand, die jungen reichen Töchter des Staates für die Ehe auszubilden und sie mit allen notwendigen Kenntnissen auszustatten. Widerwillig gingen sie mit, der Kommandant verwünschte die Anhänglichkeit des Senators, die seine Unterhaltung mit Clotilde gerade im entscheidenden Augenblick unterbrochen hatte. Clotilde folgte, als schwebte sie in

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