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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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machte Sperling kampflustiger, er wurde laut und verteidigte seine Interessen. Pastinha wies die beiden zurecht:
    »Schämt ihr euch denn nicht, in seiner Anwesenheit um seine Frau zu streiten? Er ist noch nicht kalt, und ihr kreist wie die Geier über dem Aas?«
    »Lasst das doch ihn entscheiden …«, sagte Flinkfuß in der Hoffnung, dass Quincas ihn zum Erben Quitérias machen könnte, seines einzigen Besitzes. Hatte er ihm nicht den grünen Frosch mitgebracht, den schönsten, den er je gefangen hatte?
    »Hm!«, machte der Verstorbene.
    »Seht ihr? Ihm passt nicht, was ihr da redet«, sagte der Schwarze verärgert.
    »Geben wir ihm auch einen Schluck …«, versetzte der Gefreite in dem Wunsch, sich gut mit dem Toten zu stellen.
    Sie öffneten ihm den Mund, gossen den Schnaps hinein. Ein bisschen davon ergoss sich über den Kragen des Sakkos und die Hemdbrust.
    »Also, im Liegen habe ich noch keinen trinken sehen …«
    »Besser, wir setzen ihn hin. Da kann er uns auch richtig sehen.«
    Sie setzten Quincas im Sarg auf, der Kopf baumelte von einer Seite zur anderen. Der Schluck Cachaça hatte sein Lächeln breiter werden lassen.
    »Kein schlechtes Sakko …« Der Gefreite Martim begutachtete den Stoff. »Das ist doch Quatsch, dass sie einem Toten neue Kleider anziehen. Er ist tot, und basta, er kommt unter die Erde. Die neuen Kleider fressen die Würmer, und dabei laufen so viele Leute rum, die welche brauchen …«
    Wahre Worte, dachten die anderen. Sie gaben Quincas noch einen Schluck, der Tote wiegte den Kopf, er war durchaus imstande anzuerkennen, wenn jemand recht hatte, und offenbar fanden Martims Erwägungen seine Zustimmung.
    »Also wirklich, an ihm geht der Anzug doch kaputt.«
    »Besser, wir ziehen ihm das Sakko aus, nicht dass er’s noch versaut.«
    Quincas wirkte erleichtert, als sie ihm das schwere schwarze Sakko auszogen, ihm war wahnsinnig heiß gewesen. Aber da er weiter den Schnaps ausspuckte, zogen sie ihm das Hemd auch noch aus. Sperling liebäugelte mit den glänzenden Schuhen, seine eigenen waren ganz durchlöchert. Wozu braucht ein Toter neue Schuhe, Quincas, ha?
    »Die passen mir wie angegossen.«
    Der Schwarze Pastinha holte aus einem Winkel des Zimmers die alten Kleider des Freundes, sie halfen ihm hinein, und da erkannten sie ihn:
    »Ja, das ist wieder der alte Quincas.«
    Ihnen war fröhlich zumute. Quincas schien ebenfalls erleichtert, die unbequeme Kleidung los zu sein. Besonders dankbar war er Sperling, denn die Schuhe hatten ihn gedrückt. Der Kundenfänger nutzte die Gelegenheit, um den Mund an Quincas’ Ohr zu halten und ihm etwas zuzuflüstern, in Sachen Quitéria. Wozu tat er das? Der Schwarze Pastinha hatte zu Recht bemerkt, dass das Gerede über die junge Frau Quincas ärgerte. Nun geriet er in Rage, spuckte Sperling einen Schwall Schnaps ins Auge. Den anderen lief es kalt über den Rücken, ein Mordsschreck.
    »Jetzt ist er sauer.«
    »Habe ich’s euch nicht gesagt?«
    Flinkfuß war inzwischen in die neuen Hosen geschlüpft, der Gefreite Martim hatte sich das Sakko unter den Nagel gerissen. Das Hemd würde Pastinha in einer seiner Stammkneipen gegen eine Flasche Cachaça eintauschen. Nur eine Unterhose fehlte, das war schade. In seiner diskreten Art wandte sich der Gefreite Martim an Quincas:
    »Ich will ja nichts Schlechtes sagen, aber deine Familie da, die ist schon ganz schön aufs Sparen aus. Ich glaube, der Schwiegersohn hat die Unterhose einfach unterschlagen …«
    »Geizhälse sind das …«, erklärte Quincas.
    »Also, jetzt wo du’s selber sagst, stimmt. Wir wollten sie ja nicht kränken, deine Verwandtschaft. Aber so eine Knauserigkeit, so was von Pfennigfuchserei … Wir trinken hier auf eigene Rechnung, bei einer Totenwache, hat man so was schon gesehen?«
    »Und keine einzige Blume …«, stimmte Pastinha ein. »Solche Verwandten könnten mir gestohlen bleiben.«
    »Die Männer Trottel. Und die Frauen Giftschlangen«, präzisierte Quincas.
    »Weißt du, Väterchen, die Dicke würde ich schon mal rannehmen … Einen Hintern hat die, unglaublich.«
    »Ein Furzsack ist sie.«
    »Sag doch so was nicht, Väterchen. Ein bisschen füllig ist sie, aber so ein Urteil hat sie nicht verdient. Da habe ich schon Schlimmeres gesehen.«
    »Du bist ein Esel, Pastinha. Hast keinen Schimmer, was eine schöne Frau ist.«
    Ohne das geringste Gespür für die Situation schob Flinkfuß ein:
    »Schön wie Quitéria, was, Alterchen? Was soll jetzt aus ihr werden? Ich würde

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