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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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fahren und sich auszuruhen. Nun biss sie die Zähne zusammen – sie war keine, die sich unterkriegen ließ – und antwortete:
    »Bald, ja.«
    Der Schwarze Pastinha setzte sich auf den Boden, lehnte den Kopf an die Wand. Flinkfuß stupste ihn mit dem Fuß: Das ging doch nicht, sich’s so bequem machen vor der Familie des Toten. Sperling wäre immer noch am liebsten gegangen, und der Gefreite Martim warf dem Schwarzen einen tadelnden Blick zu. Pastinha stieß den lästigen Fuß des Freundes weg, seine Stimme schluchzte auf:
    »Er war doch unser Vater! Väterchen Quincas …«
    Für Vanda war das wie ein Schlag vor die Brust, für Leonardo eine Ohrfeige, und Eduardo fühlte sich, als würde er angespuckt. Nur Tante Marocas lachte, schwabbelnd vor Fett auf dem einen umkämpften Stuhl.
    »Köstlich!«
    Der Schwarze Pastinha ging vom Weinen zum Lachen über, entzückt von Marocas. Erschreckender noch als sein Schluchzen war das Gelächter des Schwarzen. Es hallte wie ein Donnerschlag durchs Zimmer, und Vanda hörte noch ein zweites Lachen hinter dem von Pastinha: Quincas amüsierte sich königlich.
    »Was ist denn das für eine Pietätlosigkeit?« Ihre trockene Stimme ließ den Heiterkeitsausbruch in sich zusammenfallen.
    Auf die tadelnden Worte hin erhob sich Tante Marocas und ging ein paar Schritte auf und ab, begleitet vom billigenden Blick Pastinhas, der sie von Kopf bis Fuß begutachtete, eine Frau nach seinem Geschmack, nicht die Jüngste, gewiss, aber doch ein üppiges Weibsbild, wie er es schätzte. Er war kein Anhänger dieser Bohnenstangen, denen man kaum den Arm um die Taille legen konnte, ohne dass sie zerbrachen. Wäre der Schwarze Pastinha dieser Dame am Strand begegnet, sie hätten es sich ordentlich gutgehen lassen, man brauchte sie bloß anzusehen, da war sofort klar, dass sie was zu bieten hatte. Tante Marocas sagte, sie wolle jetzt langsam gehen, sie sei müde und überreizt. Vanda, die ihren Platz auf dem Stuhl beim Sarg übernommen hatte, antwortete nicht, sie wirkte wie ein Wächter, der einen Schatz bewacht.
    »Müde sind wir alle«, sagte Eduardo.
    »Es wird das Beste sein, wenn die beiden Frauen nach Hause gehen …« Leonardo fürchtete die Ladeira do Tabuão am späten Abend, wenn kein Geschäft mehr aufhatte und Prostituierte und Spitzbuben die leeren Straßen besetzten.
    Wohlerzogen und hilfsbereit, wie er war, machte der Gefreite Martim einen Vorschlag:
    »Wenn die Herrschaften sich ausruhen möchten, vielleicht ein Nickerchen machen, dann bleiben wir hier und kümmern uns um ihn.«
    Eduardo wusste, dass das nicht recht war: Sie konnten den Leichnam nicht mit diesem Pack alleinlassen, ohne ein einziges Mitglied der Familie. Aber eigentlich hätte er das Angebot gern angenommen, liebend gern! Den ganzen Tag hatte er im Laden verbracht, war von einem Eck ins nächste gelaufen, hatte Kunden bedient, den Angestellten gesagt, was zu tun war, am Ende war man völlig fertig. Eduardo ging in der Regel früh zu Bett und stand mit dem Morgengrauen auf, zu festen Zeiten. Wenn er aus dem Geschäft nach Hause kam, gebadet und zu Abend gegessen hatte, dann setzte er sich in einen Liegestuhl, streckte die Beine aus, schlief sofort ein. Aber dieser Bruder, Quincas, der bereitete ihm nichts als Ärger. Seit zehn Jahren ging das so. Und jetzt nötigte er ihn, an diesem Abend noch weiter herumzustehen, nichts im Magen als ein paar belegte Brote. Warum ihn nicht bei seinen Freunden lassen, bei dieser Herumtreiberbande, dem Pack, mit dem er das letzte Jahrzehnt verbracht hatte? … Was hatten sie, er und Marocas, Vanda und Leonardo, überhaupt in diesem Dreckloch verloren, in diesem Rattennest? Ihm fehlte der Mut, seine Gedanken laut auszusprechen: Vanda war ein ungezogenes Stück, am Ende erinnerte sie ihn noch daran, dass er, Eduardo, am Anfang seiner Geschäftstätigkeit von Quincas’ finanzieller Unterstützung gelebt hatte. Er warf dem Gefreiten Martim einen Blick zu, aus dem ein gewisses Wohlwollen sprach.
    Flinkfuß, erfolglos bei seinen Versuchen, den Schwarzen Pastinha zum Aufstehen zu bewegen, nahm seinerseits Platz. Ihm war danach zumute, den Frosch auf seine Handfläche zu setzen und mit ihm zu spielen. Noch nie hatte er so einen schönen gesehen. Sperling, der einen Teil seiner Kindheit in einem katholischen Erziehungsheim verbracht hatte, suchte in der Erinnerung nach einem Gebet, das er noch ganz zusammenbrächte. Er hatte oft gehört, dass Tote Gebete brauchen. Apropos Gebete … Ob wohl

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