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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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und Quitéria war wieder bei ihnen:
    »Der Nichtsnutz ist eingeschlafen …«
    »Der hat so einen Rausch im Gesicht …«, erklärte Flinkfuß.
    »Lass ihn ein bisschen schlafen«, riet der Schwarze Pastinha. »Heute ist er unmöglich. Na, ist ja auch sein gutes Recht …«
    Aber sie waren schon spät dran für das Fischessen bei Mestre Manuel, und da blieb ihnen bald nichts übrig, als Quincas zu wecken. Quitéria, die Schwarze Carmela und die dicke Margarida sollten mit ihnen kommen. Doralice schlug die Einladung aus, sie hatte soeben Nachricht von Dr. Carmino erhalten, dass er an diesem Abend noch vorbeikommen würde. Und Dr. Carmino zahlte bekanntlich pro Monat, ein festes Einkommen. Mit ihm konnte sie sich’s nicht verderben.
    Sie gingen hügelabwärts, nun hatten sie es eilig, Quincas rannte fast, er stolperte übers Pflaster, Quitéria und den Schwarzen Pastinha im Schlepptau, bei denen er sich eingehakt hatte. Hoffentlich würden sie es noch rechtzeitig schaffen, bevor das Boot ablegte.
    Trotzdem machten sie auf halbem Wege halt bei ihrem alten Freund Cazuza. Seine Bar hatte üble Kundschaft, kein Abend, der ohne Streit abgelaufen wäre. Eine Clique von Marihuanarauchern ging dort ein und aus. Cazuza selbst war allerdings ein netter Kerl, er ließ auch mal ein paar Gläschen anschreiben, gelegentlich sogar eine ganze Flasche. Und da sie nicht mit leeren Händen aufs Boot kommen konnten, beschlossen sie, mit Cazuza zu reden und sich drei Liter Zuckerrohrschnaps zu beschaffen. Der Gefreite Martim, unwiderstehlicher Diplomat, flüsterte am Tresen mit dem Wirt, der es kaum glauben konnte, Quincas Wasserschrei in Bestform zu sehen, die anderen nahmen Platz und vertilgten ein paar Häppchen auf Kosten des Hauses, zu Ehren des Jubilars. Die Bar war gesteckt voll: finstere Gestalten, fröhliche Seeleute, Frauen, die schon auf dem Zahnfleisch daherkamen, und Lastwagenfahrer, die in dieser Nacht noch nach Feira de Santana mussten.
    Die Schlägerei kam so unerwartet wie prächtig. Anscheinend war tatsächlich Quincas der Auslöser. Er hatte sich hingesetzt, den Kopf an Quitérias Brust, die Beine ausgestreckt. Es heißt, einer der Jungspunde sei im Vorübergehen über Quincas’ Beine gestolpert, fast wäre er hingefallen, er beschwerte sich in ungebührlicher Weise. Pastinha missfiel der Ton des Marihuanarauchers. In dieser Nacht durfte Quincas tun, was er wollte, auch die Beine ausstrecken, wie es ihm passte. Und das ließ Pastinha das Bürschlein wissen. Da keine Reaktion kam, passierte erst einmal nichts. Minuten später aber wollte ein anderer aus derselben Gruppe von Marihuanarauchern an ihnen vorbei und forderte Quincas auf, die Beine wegzunehmen. Quincas tat, als hätte er ihn nicht gehört. Da versetzte ihm der Schlaks einen Stoß, wurde ausfällig, beschimpfte ihn. Quincas antwortete mit einer Kopfnuss, das Unheil nahm seinen Lauf. Der Schwarze Pastinha packte den Kerl, wie es seine Gewohnheit war, und warf ihn auf einen der umliegenden Tische. Die anderen Marihuanaraucher stürzten sich auf ihn wie die Wilden. Das Weitere lässt sich unmöglich erzählen. Man sah nur noch Quitéria, die Prachtvolle, die auf einem Stuhl stand und eine Flasche schwenkte. Der Gefreite Martim übernahm den Oberbefehl.
    Das Handgemenge endete mit einem hundertprozentigen Sieg durch Quincas’ Freunde, denen sich die Lastwagenfahrer angeschlossen hatten. Flinkfuß hatte ein blaues Auge, und Sperlings Frack hatte einen Riss abbekommen, ein schwerer Schlag. Quincas selbst lag am Boden, nachdem er einige brutale Hiebe eingesteckt hatte und mit dem Kopf auf dem Steinboden aufgeschlagen war. Die Marihuanaraucher hatten Reißaus genommen. Quitéria beugte sich über Quincas und versuchte, ihn wiederzubeleben. Cazuza besah sich gleichmütig die Bar, das heillose Durcheinander, die umgekippten Tische und zerbrochenen Gläser. Er war das gewohnt, für den Ruf des Hauses würde die Nachricht förderlich sein, für die Kundschaft auch. Er für seinen Teil hatte nichts gegen eine ordentliche Prügelei.
    Was Quincas wieder zu sich brachte, war ein ordentlicher Schluck. Er trank immer noch auf diese komische Art: einen Teil des Schnapses wieder ausspeiend, so eine Verschwendung. Wäre nicht sein Geburtstag gewesen, der Gefreite Martim hätte ein paar taktvolle Worte dazu gesagt. Sie gingen hinunter zum Kai.
    Mestre Manuel hatte sie um diese Uhrzeit schon nicht mehr erwartet. Das Fischessen war fast vorbei, sie hatten direkt im Hafen

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