Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
Vom Netzwerk:
Ingenieur, dem Mann, der die Wüste bezwungen hatte, die Berge und den Fluss, ihm stand es zu, die blumenbekränzte Lokomotive zu führen. Es kam Dorothy, mit einem Mal avanciert zur Gattin des unsympathischen Verkehrssekretärs, eines lächerlichen bekloppten Zwerges, der den Kaufmann Aragãosinho herablassend behandelte, der Freund Jerônimo und Leutnant Lídio Marinhos, der ihm stets zwei Finger zum förmlich-reservierten Gruß hinstreckte; es kam Dorothy, ergreifend schön, und während er zur Einweihung die Champagnerflasche an der Lokomotive zerschellen ließ, suchte sie den gefeierten Ingenieur mit dem Blick, und zwischen ihm und der unvermuteten Gattin des Sekretärs entspann sich eine zarte Liebelei.
    Nun nahm der Kavallerieoffizier, Major Vasco Moscoso de Aragão – denn das Pferd ist etwas viel Würdevolleres und Romantischeres – den Vorbeiritt seiner Dragoner ab. Seine Kommandostimme, seine edle Herkunft, seine kriegerische Haltung, die ordengeschmückte Brust … Und da der Krieg unvermeidlich war und die argentinischen Heere heimtückisch die Grenzen Rio Grandes überschritten, verwandelte sich die Parade des Siebten September in die Einschiffung der Truppen gen Süden, auf dem Wege zur Pflicht. Zum Ruhm und in den Tod. Die ganze Stadt war auf den Beinen, schluchzende Frauen umarmten die ausziehenden Krieger, Mädchen streuten Rosenblüten auf den Marschweg. Auf seinem Pampapferd, den blitzenden Degen in der Faust, den kühnen Blick in die Ferne gerichtet, war Major Vasco Moscoso de Aragão das Abbild von Krieg und Sieg. Sein Aufstieg auf dem Schlachtfeld würde von kurzer Dauer sein, er würde von Heldentat zu Heldentat, von Beförderung zu Beförderung schreiten, in wenigen Monaten und zahlreichen Schlachten zum General aufsteigen und am Schluss des Konflikts beim Einmarsch in Buenos Aires inmitten der Kanonade und des Maschinengewehrfeuers ruhmreich fallen, von einem Blindgänger in die Brust getroffen. Trotzdem sank er nicht von seinem Pampapferd, kaum neigte er sich im Sattel vornüber, die Brust war zerrissen, aber sein unbeugsamer Wille brachte ihn bis zum Regierungspalast. Nun war sein Name zur Legende geworden und wurde von den Schulkindern auswendig gelernt.
    Da jener Kampf aber zu Land und zu Wasser, insbesondere zu Wasser ausgetragen wurde, durchbrach das unter dem Kommando des Admirals Vasco Moscoso de Aragão, des jüngsten Admirals der brasilianischen Kriegsmarine – bei Ausbruch des Zwistes war er Korvettenkapitän gewesen –, stehende Flaggschiff die Blockade der argentinischen Flotte. Allein bombardierte er Buenos Aires, brachte die Forts der feindlichen Stadt zum Verstummen, lief an Bord seines Kreuzers, auf dem die Flagge der jungen Republik Brasilien wehte, in den Hafen ein. Auf der Kommandobrücke, an ein Geschütz gelehnt, gab der Admiral den Befehl: »Ein jeder auf seine Gefechtsstation,
um
für Brasilien zu sterben!« Ein freilich etwas pessimistischer Ausspruch. Es war angebracht, ihn etwa so zu berichtigen: »Ein jeder auf seine Gefechtsstation, bereit, das Leben für den Sieg Brasiliens hinzugeben!« So klang es besser, bebender. Er nahm sein Glas, musterte die argentinischen Stellungen. Mit fester Stimme befahl er: »Feuer!«, und die Geschütze sprühten Tod und Verderben gegen die stolze Stadt. In blitzschnellen Manövern von nie gesehener Kühnheit versenkte er die Portenho-Schiffe, eines nach dem anderen. Er vernichtete die Bollwerke und durchbrach die Verteidigungslinien. Auf der Brücke seines Schiffes stehend, lief er zwischen Rauchschwaden und flackernden Bränden in den Hafen ein, damit dem Krieg ein Ende setzend, er – der Kommandant, Admiral Vasco Moscoso de Aragão!
    Das Hürchen regte sich neben ihm im Schlummer, öffnete die schlaftrunkenen Augen, erkannte Zimmer und Bett; sie hatte Glück gehabt, am Vorabend ausgewählt worden zu sein, sie musste ihm dankbar sein, vielleicht würde er sich in sie verknallen. Sie streckte die Arme aus, die Stimme weich von Schlaf und Koketterie:
    »Seu Aragãosinho …«
    Sie zerriss, zerfetzte den Traum, der die Freiheit des Menschen ist, die sich nie zähmen, unterdrücken oder rauben lässt, jene Freiheit, die sein letzter endgültiger Besitz ist. Und zerrte damit den Admiral Vasco Moscoso de Aragão von der Brücke seines Schiffes herab.
    Wie von neuem der dämliche Erzähler angelaufen kommt und sich uns aufdrängen will
    Es sei mir gestattet, den Bericht über die Abenteuer des Kommandanten in der für

Weitere Kostenlose Bücher