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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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Henrique Dias Tavares, mir schrieb: »Lieber Kollege, ich danke Ihnen für die Übersendung Ihres Buches ›Die Vizepräsidenten der Republik«, eine Sammlung nützlicher Informationen. Ihr ergebener Luiz Henrique.«
    Wenn ich hier den ungekürzten Wortlaut des ehrenvollen Briefes aus der Feder des berühmten Bahianers wiedergebe, so nur, damit der Schmähschreiber Wilson Lins ihn zu Gesicht bekomme. Hinter dem Pseudonym Rubião Braz versteckt, versuchte dieser Schlemihl von einem Zeitungsschreiber mich in einer Chronik der Abendzeitung »A Tarde« herunterzureißen und lächerlich zu machen. Hätte ich einen Doktortitel besessen, er wäre wesentlich freundlicher mit mir umgegangen. Er und die gesamte Kritik. Statt mich abzukanzeln, hätte sie ein einmütiges Loblied angestimmt.
    Diese voreiligen Herren Kritiker sollten einmal die Beachtung zur Kenntnis nehmen, die meine Arbeit bei einem hervorragenden Historiker von São Paulo, dem Doktor Sérgio Buarque da Holanda, gefunden hat, dem ich nicht einmal ein Exemplar zugeschickt hatte, weil ich – ich muss es gestehen – nichts von seinem Dasein und Ruhm wusste. Im »Estado de São Paulo«, in seinem – einem hochverdienten – Ehrwürdigen »Orden vom Blauen Flusspferd« gewidmeten Aufsatz, erwähnte er die »Vizepräsidenten der Republik« und nannte sie eines der Glanzstücke jener gelehrten Institution und, wie er hinzufügte, »ein köstliches Buch, ein wahres Entzücken«. In seiner offensichtlichen Begeisterung für das Werk schlug er nebenbei vor, dass ich mich zur Aufnahme in den Ehrwürdigen Orden bewerben solle, in dessen Reihen er meinen obskuren Namen unbedingt sehen möchte. Von dem Orden kenne ich nur das, was Herr Dr. Holanda in einer esoterischen, konfusen Sprache geschrieben hat – vermutlich die Sprache eines echten Historikers. Indessen konnte ich daraus erkennen, dass es sich um eine Institution echter hoher Verdienste handelt, gegründet in der Sankt-Peter-von-den-Äbten-Kirche in Recife, von hohen Exponenten unserer Geistlichkeit. Leider hörte ich nichts mehr von dem Orden, auch nicht von meiner durch Herrn Dr. Sérgio de Holanda so hochherzig vertretenen Bewerbung um die Mitgliedschaft in diesem Orden. Fraglos stellte man Untersuchungen an, entdeckte, dass ich kein Doktor bin, und hintertrieb meine Anwartschaft.
    Worte freigiebigen, überwältigenden Lobes erntete mein Buch gleichfalls aus dem Munde unseres illustren Oberlandesgerichtsrats im Ruhestand, des Herrn Dr. Alberto Siqueira. Zwar machte er mich auf zwei oder drei belanglose grammatikalische Schnitzer aufmerksam, meinte aber gleichzeitig, solche Entgleisungen seien Bagatellen in einem so verdienstvollen, patriotischen Werk. Die Versehen merzte ich in einer bald darauf erfolgten zweiten Auflage aus, da meine ersten fünfhundert Exemplare bald vergriffen waren, trotz des mangelnden Entgegenkommens der Buchhandlungen, die ihm, da mir eben ein Titel vor meinem Namen fehlt, kein Plätzchen im Schaufenster oder auf den Büchertischen gönnten, sondern es in die Regale schoben. Ich verkaufte das Buch selbst an Freunde und Bekannte, eines hier, ein anderes da, und jeweils zu einem Preis, der dem Geldbeutel des Käufers angepasst war.
    All das beweist zur Genüge, dass es dem Kommandanten Vasco Moscoso de Aragão nicht an Grund zu Schwermut und Sorge fehlte. Ein Titel ist eine Empfehlung, sie verleiht dem Namen Bedeutung, sie öffnet Türen und Herzen und erzwingt die Hochachtung der Mitmenschen. Das trifft insofern zu, als die einfachsten Menschen fühlen, wie schwerwiegend das Problem ist. Noch vor wenigen Tagen vertraute mir Dondoca, das fröhliche Singvögelchen, dessen unablässiges Gezwitscher das eintönige Dasein des Hochverdienten und des Verfassers dieser Schrift erfreut, zwischen Küssen ihre bevorstehende feierliche Abschlussprüfung mit allen Schikanen an. Sie hatte mir kein Wörtchen von ihrem Studium verraten, um mich damit zum Schluss zu überraschen. Sie hat mich damit auch höchlich überrascht, da unsere anmutige Dondoca – mit »unsere« meine ich wohlbemerkt meine und die des Oberlandesgerichtsrats – kaum ihren Namen richtig schreiben kann und zum Rechnen ihre schönen schlanken Finger gebraucht.
    »Abschlussprüfung, Nachtstern meines Lebens? Worin denn? In welcher Fakultät denn?«
    »Im Näh- und Zuschneidekurs der Dona Ermelinda in Plataforma, Dummerchen! Drum hab von jetzt ab gefälligst Respekt vor mir, denn ich bin eine Doktorin …«
    »Respekt, ich

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