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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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Ihm, Américo Antunes wenigstens hätte es Arbeit und Verdruss erspart. Wo nun einen neuen Kommandanten hernehmen? Natürlich war er zum Hafenamt gelaufen, dessen Bücher die Namen und Anschriften der von der Hafenkommandantur zugelassenen Kapitäne auf großer Fahrt führten. Fast alle waren Schiffer mit einem »Gummipatent«, ohne Dienstzeit auf See, die Patente galten ausschließlich für die Flussschifffahrt, für die Schlickrutscher des Rio São Francisco. Kapitäne mit vollständigem Examen und beglaubigter Prüfungsarbeit gab es nur einen, eben jenen Vasco Moscoso de Aragão, dessen Verbleib im Hafenamt nicht zu erfahren und der an seiner Anschrift im Largo Dois de Julho nicht aufzufinden war. Schließlich war es ihm gelungen, den augenblicklichen Aufenthalt des Kommandanten festzustellen, und nun kam er, um ihn zur Kommandoübernahme des ITA -Dampfers bis Belém, dem Ziel der Reise, aufzufordern, wo der neue Kapitän für die Rückreise bereitstand. Er würde der Reederei und den Passagieren, unter denen sich sogar ein Bundessenator aus Rio Grande do Norte befand, einen großen Gefallen erweisen, denn wenn die Vorsehung ihm nicht diesen Kapitän beschert hätte, würden Schiff und Passagiere drei oder vier Tage auf einen neuen Kapitän aus Rio de Janeiro warten müssen. Das würde den Fahrgästen einen lästigen Aufenthalt und der Schifffahrtsgesellschaft einen riesigen Verlust verursachen.
    Chico Pacheco lachte spöttisch:
    »Sie werden wohl oder übel warten müssen, denn dieser Kapitän wird im Leben kein Schiff lenken … Der wird sich nicht von hier loseisen lassen …«
    »Geben Sie nichts auf seine Worte«, warf Zequinha Curvelo ein. »Der Kommandant wird diese Gelegenheit mit Freuden wahrnehmen.«
    »Mit oder ohne Freuden«, meinte Senhor Antunes, »er wird es tun müssen. Das Gesetz verpflichtet ihn dazu. Selbst wenn er in Ferien oder im Ruhestand ist …«
    So kamen sie an das Haus des Kommandanten und sahen ihn im Wohnzimmer an dem großen Fenster auf das schaumkronenbedeckte Meer hinausblicken. Zequinha Curvelo rief ihn, machte ihn mit dem Fremden bekannt und erklärte, sich die Hände reibend, rasch den Zweck dessen Besuchs.
    »Diesmal, Herr Kommandant, werden Sie diesen Brunnenvergiftern das Handwerk legen.«
    Die Gegner waren draußen im Regen geblieben, nur Zequinha Curvelo und Emílio Fagundes hatten mit Antunes die Schwelle des Hauses überschritten und blickten stumm von einem zum andern. Der Vertreter der
Costeira
vervollständigte Zequinhas Erklärungen, sagte, die Reederei würde sich natürlich für den geleisteten großen Dienst erkenntlich zeigen.
    »Ich habe geschworen, nie mehr eine Kommandobrücke zu betreten, als ich in den Ruhestand trat. Es war eine sehr traurige Geschichte, meine Freunde hier sind über die Einzelheiten im Bilde.«
    Zequinha Curvelo war mit dieser Erklärung nicht einverstanden:
    »Schön, aber angesichts der Umstände …«
    »Schwur ist Schwur, ein Seemann bricht sein Wort nicht.«
    Nun mischte sich Senhor Américo Antunes ein:
    »Verzeihen Sie, Herr Kapitän, aber Sie sind dazu gesetzlich verpflichtet. Das wissen Sie doch viel besser als ich. Es sind Gesetze der Seefahrt …«
    »… und der von Neidhammeln befleckten Ehre«, fügte Zequinha hinzu.
    Der Kommandant sah, wie draußen die gegnerische Gruppe, von dem immer stärker strömenden Regen vertrieben, sich auflöste, wie die Unentwegten im Haus der Geschwister Magalhães Obdach suchten, unter ihnen Chico Pacheco, der sich in der Haustür der beiden alten Jungfern unterstellte. Vasco wandte sich an seine beiden Freunde:
    »Erlauben Sie, dass ich mit Senhor Antunes ein Wörtchen unter vier Augen wechsle.«
    Er ließ Zequinha und Emílio am Eingang zurück und führte den Besucher ins Wohnzimmer. Nach der Besprechung, die etwa zehn Minuten dauerte, kehrte der Vertreter der Schifffahrtslinie in Begleitung des Kommandanten wieder an die Türe zurück und wiederholte:
    »Seien Sie unbesorgt, die Sache wird in Ordnung gehen.«
    Ein Händedruck, und der Fremde stürzte in den Regen hinaus. Er musste loslaufen, wenn er nicht den schon aus Paripe heranpuffenden Zug verpassen wollte. Sofort heftete Chico Pacheco sich an seine Fersen, um das Neueste zu erfahren, vermochte aber mit dem anderen nicht Schritt zu halten, und als er den Bahnhof erreichte, war der Zug bereits abgefahren.
    Mittlerweile erklärte der Kommandant Zequinha und Emílio:
    »Ich habe von Senhor Antunes eine Bestätigung verlangt,

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