Zwei Geschichten von der See
eines Schoßhündchens in den Armen einer reifen, etwas aufgetakelten Dame. Bedrohlich knurrte der Pekinese den Kommandanten an und tat alles, um sich den üppigen Armen der Reisenden zu entwinden. Diese lächelte den Kapitän auf großer Fahrt an und flötete:
»Verzeihen Sie ihm, Herr Kapitän, er ahnt nicht, was wir Ihnen schuldig sind …«
Die Passagiere wussten also von seinem Entgegenkommen und wussten es zu schätzen, Vasco fühlte sich geschmeichelt:
»Ich tue nichts als meine Pflicht, gnädige Frau …«
Der Duft der reifen Schönheit begleitete den Kommandanten, der Américo leise fragte:
»Dann brauche ich also nur zu sagen …«
»Ja, Sie brauchen nur zu sagen …«
Sie erklommen die kleine Treppe, die zum Offiziershaus führte. Der Matrose lief voraus und stellte die Koffer des Kommandanten in seine Kammer. Vasco deutete auf das Bett:
»Ist er hier gestorben?«
»Nein, er ist auf der Kommandobrücke gestorben, ein Herzanfall, der Arme.«
Der Schiffsarzt kam vorbei, wurde ihm vorgestellt und begleitete die beiden auf die Kommandobrücke, wo die Offiziere bereits in einer Reihe auf ihn warteten.
»Kommandant Vasco Moscoso de Aragão, der uns die Ehre und den Gefallen erweist, die Führung des Schiffes bis Belém do Pará zu übernehmen.«
»Geir Matos, unser Erster Offizier.«
Lächelnd trat ein blonder junger Mann vor. Vasco hatte den Eindruck, als tauschte dieser einen verständnisinnigen Blick mit dem Reedereivertreter. Aber schon streckte der Erste Offizier ihm die Hand entgegen:
»Es ist für mich eine große Ehre, unter dem Befehl eines Mannes zu dienen, der eine so hohe Auszeichnung trägt.« Damit spielte er auf den Komtur des Ordens Christi an, der auf Vascos Brust glänzte.
Anschließend kamen die Steuerleute, der Erste Ingenieur, der Zweite Ingenieur zur Begrüßung an die Reihe. Dann trat der Erste Offizier einen Schritt vor und machte eine kurze Verbeugung:
»Wir erwarten Ihre Befehle, Herr Kommandant.« Vasco warf Américo Antunes einen Blick zu, dieser beschrieb eine leichte Neigung mit dem Kopf, wie um ihn zu ermuntern, dann sagte der Kommandant:
»Sie wissen, meine Herren, dass meine Anwesenheit hier lediglich eine gesetzlich erforderliche Formalität ist. Ich möchte in den wenigen Tagen meines Kommandos nicht die geringste neue Anordnung treffen. Das Schiff ist bei Ihnen in den besten Händen, Senhores. Erster Offizier, bitte führen Sie das Schiff weiter wie bisher, ich möchte mich in nichts einmischen.«
»Man sieht, Herr Kommandant, dass Sie als alter Seemann die Gepflogenheiten der Seefahrt kennen. Wir werden uns also nur an Sie wenden, wenn wider Erwarten eine schwerwiegende Frage auftaucht, die Ihre Kenntnisse erfordert, was hoffentlich nicht eintreten wird.« Américo Antunes sprach das Schlusswort der Zeremonie: »Das Schiff gehört Ihnen, Herr Kommandant. Ich wünsche Ihnen im Namen der Brasilianischen Küstenschiffahrtsgesellschaft eine angenehme Reise.«
Damit verabschiedete er sich, da das Schiff in wenigen Minuten auslaufen sollte. Vasco blieb auf der Brücke stehen und hörte dem Ersten Offizier zu, der die Befehle durch das Sprachrohr nach unten gab. Der Gangway wurde auf den Kai zurückgezogen, der Abschiedspfiff verhallte über Bahias Kirchtürmen, Taschentücher winkten ein Lebewohl, Frauen weinten unter dem rieselnden Regen. Langsam entfernte sich manövrierend das Schiff. Vasco blickte nach Periperi hinüber. Dort, am Strand, würden jetzt sicherlich die Freunde stehen, Zequinha Curvelo würde ihm mit ausgestreckter Hand ein Lebewohl, viel Erfolg, gute Reise wünschen. Der Kommandant hätte gar zu gerne das Fernglas ans Auge gedrückt und seine Leute in der regenverhangenen Ferne gesucht. Aber er wagte nicht, im feierlichen Augenblick des Ablegemanövers die geringste Bewegung zu machen.
Vom Kommandanten, der bei bewegter See, bedroht von einer Revolution der Eingeweide, am Kapitänstisch den Vorsitz führt
Am ersten Abend war die Beteiligung an der Tafel des Speisesaales nicht allzu zahlreich. Es regnete und windete, das Schiff stampfte heftig in der tanzenden See, die Passagiere waren lustlos und blieben meistenteils in ihren Kabinen.
Vielleicht hätte Vasco lieber in seiner Koje von den Aufregungen eines so bewegten und einschneidenden Tages ausgeruht. Er hätte sich auch sicherer gefühlt: dann und wann stieg Übelkeit in seinem Magen auf. Es war jedoch die Pflicht des Kapitäns, bei den Mahlzeiten der Passagiere an dem Mittelplatz des
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