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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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unterschrieben vom Präsidenten der Schifffahrtslinie, die meine Gründe rechfertigt, warum ich meinen Schwur gebrochen habe …«
    »Sie werden also das Kommando übernehmen?«, frohlockte Zequinha.
    »Warum sollte ich es nicht tun, wenn die Pflicht mich dazu zwingt und die Compagnie mir eine Erklärung bezüglich meines Schwurs aushändigt? Dorothy wird mir verzeihen …«
    Ist er einer, ist er keiner? Ist er ein Phrasendrescher, ist er ein großer Mann? Die Diskussion schwoll und schwoll, wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht im Städtchen, scheuchte die Rentiers und Privatiers aus ihren Häusern und trieb sie zum Bahnhof, trotz des stetig stärker werdenden Regens. Streit und Regen hielten selbst nach der Abreise des Kommandanten an, der in Begleitung Balbinas in seiner Galauniform den Zwei-Uhr-Zug bestieg. Caco Podre schleppte die Koffer, der Kommandant hielt sein prachtvolles Fernglas in der Hand. Auf dem Bahnhof drückte er zum Abschied die Hände von Freunden und Gegnern ohne Unterschied, er hätte vielleicht auch Chico Pacheco die Hand gegeben, wenn der frühere Prüfer der Umsatzsteuer sich nicht in den äußersten Winkel des Bahnsteigs verkrochen hätte. Als der Zug einlief, umarmte der Kapitän Vasco Moscoso de Aragão Zequinha Curvelo und drückte ihn lange an seine Brust. Er sagte kein Wort. Von der Türe seines Wagens aus legte er militärisch die Hand an die Mütze.
    »Abgehauen …«, verkündete Chico Pacheco. »Den seht ihr nie wieder!«
    »Er wird das Schiff nach Belém führen«, versicherte Zequinha Curvelo.
    »Man muss ziemlich bescheuert sein, um das zu glauben. Wenn die keinen anderen Kapitän auftreiben, wird der Pott im Hafen festwachsen. Der Schaumschläger wird sich verpissen, und zwar auf Nimmerwiedersehen!«
    »Nichts als Verleumdung!«
    »Warum hat er dann seine Dienstspritze mitgenommen?Eines Tages – ihr werdet’s sehen – kommt einer dahergelatscht, sammelt seine Klamotten ein und verzapft euch, dass das Haus verkauft ist. Seht ihr nicht, dass seine Flucht längst vorbereitet war und der heutige Vorfall sie nur beschleunigt hat?«
    »Wir werden’s rechtzeitig erfahren. Die Sonne bringt es an den Tag«, sagte Zequinha, der große Worte liebte.
    Um fünf Uhr nachmittags standen einige Mitglieder der Gruppen trotz des Regens am Strand. Von dort aus war der Kai von Bahia zu erkennen, selbst an einem verhangenen Tag wie diesem konnte man sehen, wie der schwarze hoheitsvolle Umriss des ITA -Dampfers ablegte. Dann dampfte er Richtung Mole hinaus und verschwand hinter den Wellenbrechern.
    Und die Streitereien gingen heftig, deftig weiter, bis die Zeitungen die ersten Drahtmeldungen brachten.

Dritte Episode
    Eingehende Schilderung der unsterblichen Seereise des Kommandanten als Kapitän eines ITA -Dampfers, von den mannigfachen Ereignissen an Bord, von romantischen Liebschaften, politischen Diskussionen, von kostenlosen Besuchen der angelaufenen Küstenstädte, von der berühmten Theorie der BAQUEANAS und von entfesselten wütenden Winden
    Vom Kommandanten auf der Kommandobrücke
    In Begleitung von Américo Antunes, dem Vertreter der Schifffahrtsgesellschaft, stieg er das Fallreep hinauf. Ein Matrose trug seine beiden Handtaschen hinterher. Erregung bemächtigte sich seiner, als er die Schiffsplanken betrat, kaum hörte er die Stimme des anderen, der ihn einem gutgekleideten Mann vorstellte:
    »Herr Dr. Homero Cavalcânti, Senator für Rio Grande do Norte – Herr Kommandant Vasco Moscoso de Aragão …«
    »Welches Glück, Herr Kommandant, dass wir Sie in Bahia gefunden haben. Sonst säßen wir hier fest, für mich wäre es entsetzlich gewesen. Ich habe wichtige Dinge in Natal zu erledigen …«
    »Wir sind dem Herrn Kommandanten zu großem Dank verpflichtet«, erläuterte Senhor Antunes.
    »Ich tue nur meine Pflicht.«
    Dann wurde er mit dem Zahlmeister bekannt gemacht, neugierig umschwärmten ihn die Passagiere. Das war wirklich eine ereignisreiche Reise: erst ein Todesfall an Bord, der Leichnam des Kapitäns eine Nacht und einen Tag in dem zur Totenhalle umgewandelten Tanzsaal aufgebahrt, dann die drohende Verzögerung in Bahia, schließlich die glückliche Nachricht, dass ein pensionierter Kapitän gefunden worden sei.
    Unter der Führung von Américo Antunes durchschritt er das Gewimmel: Menschen, die voneinander Abschied nahmen, Koffer, die von Stewards hin- und hergeschleppt wurden, Kinder, die den Vorüberhastenden in die Quere kamen, das angstvolle Gebell

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