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Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MERIEL FULLER
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drückte sie ihre Fingernägel ins Fleisch ihrer Handflächen. Am liebsten hätte er aufgelacht. Hatte sie tatsächlich die Absicht, ihn anzugreifen? Er zog hochmütig eine dunkle Braue hoch. Offenbar verstand sie den Wink, verzog die Mundwinkel und öffnete die Fäuste. Er beobachtete sie gelassen. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, sich vor Frauen in Acht zu nehmen, deren geziertes Benehmen häufig ihr wahres Wesen verbarg. Aber dieses zierliche Geschöpf war keine Hure. Die heftige Röte aus Scham und Wut, die ihr zartes Gesicht bei seinen abfälligen Bemerkungen überflog, war ihm Beweis genug.
    „Emmeline, Emmeline, was ist geschehen?“ Geoffrey eilte atemlos herbei. „Ich hörte den ohrenbetäubenden Krach im Lagerhaus … Oh, Lord Talvas, ich wünsche Euch einen guten Morgen.“ Zu Emmelines großem Erstaunen zog Geoffrey den Hut und verneigte sich ehrerbietig vor dem Fremden.
    „Kennst du diesen Mann etwa?“, fragte Emmeline herrisch.
    Geoffrey lächelte. „Aber natürlich. Wir überquerten gemeinsam den Ärmelkanal.“
    „Auf meinem Schiff?“, hakte sie schneidend nach.
    „Auf Eurem Schiff?“ Der Fremde zog eine Braue hoch. „Meint Ihr nicht das Schiff Eures Vaters? Oder das Eures Ehemanns?“
    „Nein, ich spreche von meinem Schiff. Mein Schiff, das unter keinen Umständen fremde Passagiere aufnimmt. Wie kommt es, dass Monsieur Lecherche …?“
    „Emmeline!“ Geoffreys sonst so ruhige Stimme hatte einen warnenden Unterton angenommen, als er sie am Ärmel zog. „Verzeiht, Mylord, ich habe versäumt, Euch vorzustellen.“ Er räusperte sich. „Lord Talvas of Boulogne, darf ich Euch Madame Emmeline de Lonnieres vorstellen? Sie ist die Eignerin der Belle Saumur .“
    „ Enchanté “, murmelte Lord Talvas, streifte den Handschuh ab und ergriff mit warmen sehnigen Fingern Emmelines eiskalte Hand. Er wirkte allerdings keineswegs entzückt, als er sich über ihre Hand neigte, wobei ihm eine rabenschwarze Locke in die Stirn fiel. Emmeline widerstand dem Drang, ihm ihre Finger brüsk zu entziehen. Er hob den Kopf und begegnete ihrem argwöhnisch musternden Blick.
    „Ihr hättet mich darüber aufklären sollen, wer Ihr seid, Madame“, sagte er mit leisem Vorwurf, während er versuchte, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Schließlich begegnete man nicht alle Tage einem weiblichen Schiffseigner.
    „Ihr habt mir keine Gelegenheit gegeben mit Euren voreiligen Anschuldigungen.“ Die Brust wurde ihr seltsam eng, als sie erneut in den Bann seiner blauen Augen geriet, und sie war sich seines festen Händedrucks beklommen bewusst. Hastig entzog sie sich ihm und schlug die Augen nieder.
    Geoffrey spürte die Spannung zwischen den beiden, ohne sich den Grund dafür erklären zu können. „Die Mutter von Lord Talvas ist die Schwägerin des Königs, Emmeline. Lord Talvas kehrt von einem Besuch seiner Ländereien in England zurück.“ Geoffrey legte großen Nachdruck in seine Worte.
    „Und aus welchem Grund?“ Emmeline bemühte sich keineswegs, höflich zu sein, missachtete absichtlich Geoffreys ausdrücklichen Hinweis auf die verwandtschaftlichen Beziehungen dieses Rüpels mit König Henry und weigerte sich beharrlich, sich von seinem hohen Rang einschüchtern zu lassen. Immerhin gab es auch für den Adel Grundregeln der Höflichkeit.
    „Emmeline, auf ein Wort.“ Geoffrey nahm sie beiseite. „Vielleicht hast du mich nicht richtig verstanden. Lord Talvas’ Schwester ist mit Stephen of Blois verheiratet, dem Enkelsohn von Wilhelm dem Eroberer. Du sprichst mit einer Königlichen Hoheit. Ich rate dir dringend, ihm den nötigen Respekt zu erweisen.“
    „Pah, Respekt!“, zischte sie. „Dieser Mensch hat selbst keine Ahnung, was das Wort bedeutet. Der unverschämte Kerl hielt mich für eine Hafendirne …“
    „So gern ich hier den ganzen Tag herumstehen und Höflichkeiten austauschen würde“, unterbrach Lord Talvas das leise geführte Gespräch, „doch ich muss mich verabschieden. Meine Pferde werden entladen.“
    Zwei glänzend gestriegelte Pferde, eine kastanienbraune Stute und ein schwarzer Hengst, deren Geläuf mit Jutesäcken umwickelt war, um sie vor Verletzungen auf dem Seetransport zu schützen, wurden von einem hochgewachsenen blonden Mann behutsam an den aufgestapelten Kisten und Weinfässern an der Hafenstraße vorbeigeführt. Als er Lord Talvas erkannte, ließ er die Zügel los und winkte freudestrahlend herüber.
    „Mylord! Welche Freude, dich zu sehen. Dem Himmel sei

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