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Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Titel: Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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bei ihnen hielt. Er hatte gemerkt, dass Ginger sie auch nicht mochte.
    Die Hand rutschte von seinem Bauch, und er erhob sich, wie er es oft des Nachts tat, um eine Weile am Fenster zu sitzen. Obwohl der Erker im Wohnzimmer einen schöneren Ausblick bot, nahm er mit der Fensterbank im Schlafzimmer vorlieb. Peluche war ja so großzügig. Sie hatte ihm das Bett überlassen und als Nachtquartier den Korb in dem Erker bezogen. Dort wollte er sie nicht stören. Es hing nur eine leichte Gardine vor der Scheibe, unter die er schlüpfte. Die Jalousien ließ Ginger nie herunter. Gemütlich zog er seine Vorderpfoten unter die Brust und betrachtete die mondhelle Welt zu seinen Füßen. Er kannte sie gut, auch wenn er sie nie betreten hatte. Da war der Zaun, über den Peluche so elegant zu springen wusste, um durch Ollis Garten zu patrouillieren. Zwischen den Häusern stand Gingers Fahrzeug, daneben das von Ollis Mutter. Die war auch nett. Genau wie ihr Junges. Diese Menschen teilten freigiebig ihr Futter, hatte Peluche ihm erzählt. Wie mutig sie war, diesen hohenBaum zu erklimmen, über die schwankenden Äste zu klettern und von dort Einlass zu verlangen.
    Die Blätter an den Zweigen waren inzwischen braun geworden, und wenn der Wind durch das Geäst wehte, dann tänzelten sie zu Boden. Eigentlich müsste es schön sein, nach ihnen zu haschen. Aber dazu hätte er das Haus verlassen müssen, und das traute er sich einfach nicht. Da waren andere Katzen. In diesem Augenblick tauchte eine unter der Hecke auf. Ein schwarzer Kater, dessen Muskeln sich unter dem schimmernden Fell abzeichneten. Ein Raufer. Ein richtiger Kämpfer, der mit kühnem Tatzenschlag seine Widersacher in die Schranken wies. Plunder hatte es einige Male beobachtet, wie er andere Besucher aus seinem Revier verjagt hatte. Jetzt schlenderte er quer über den Rasen und schnüffelte an einem Blumenkübel die neuesten Nachrichten ab. Sie schienen sein Missfallen zu erregen, und er drehte sich um, um sie mit seiner eigenen Duftnote zu überschreiben. Dann trottete er weiter. Auf dem Gras, das der Raureif im Licht des Mondes zauberhaft glitzern ließ, zeichnete sich seine schmale Pfotenspur wie eine Perlenkette ab.
    Auch ein Grund, nicht nach draußen zu gehen, sinnierte Plunder. Die Winternächte waren unangenehm eisig, und sein Fell, wenn auch langhaarig, wärmte ihn nicht genug. Hier drinnen gab es Heizkörper und Kissen, hier brauchte er nicht zu frieren.
    Noch zwei weitere Katzen besuchten das Grundstück,und ihre sich kreuzenden Fährten malten ein neues Muster auf die Wiese. Alles war wie immer, befand Plunder zufrieden.
    Oder?
    Nein, etwas war anders. Katzen durchstreiften die Nacht, das war normal, aber Menschen? Nicht um diese Zeit. Und dennoch, da war eine Gestalt, die sich Gingers Auto näherte. Wie seltsam! Ganz verhüllt von Kopf bis Fuß, drückte sie sich zwischen den beiden Fahrzeugen durch und beugte sich dann über den Zaun zum Garten. Irgendetwas legte sie dort hin, dann huschte sie wieder fort.
    Plunder überlegte, ob er Peluche wecken sollte, aber dann murmelte Ginger im Schlaf und stöhnte verzweifelt auf. Er hopste vom Fensterbrett zurück in die Kissen. Seine Menschenfreundin war den ganzen Abend rastlos gewesen, hatte alte Ordner durchgeblättert und sich die Haare gerauft. Und als sie endlich ins Bett gegangen war, hatte es ihn viel Mühe gekostet, sie zum Einschlafen zu bringen. Ganz bestimmt träumte sie jetzt von ihren Sorgen, und es war seine Aufgabe, sie in angenehmere Gefilde zu führen.
    Darüber vergaß Plunder den heimlichen Besucher.
     
    Peluche erhob sich bei Tagesanbruch, machte einen runden Rücken, steckte dann die Vorderbeine lang aus, danach die hinteren, schüttelte sich einmal und sprang elastischaus dem Korb. Die Dienerin hatte die Näpfe bereits gefüllt, machte aber einen gequälten Eindruck. Die Befindlichkeiten niederer Hilfskräfte brauchten eine Katze von königlichem Blut indes natürlich nicht zu kümmern. Plunder rückte aufmerksam zur Seite, als sie sich über das Futter hermachte. Pampe aus zermatschten Weidetieren – bäh! Sie schüttelte angeekelt eine Pfote, stolzierte zur Tür und begehrte herrisch Auslass.
    Man befolgte ihren Befehl umgehend.
    Schon vor der Katzenklappe nahm sie wahr, dass der Raufer eine ordinäre Beleidigung am Blumenkübel hinterlassen hatte. Man würde etwas darauf zu erwidern wissen. Die ersten Schritte im Freien bestätigten ihr dann, was sie schon in den Schurrhaaren gefühlt hatte:

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