Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum
hinein. Aus Stechpalmenzweigen mit ihren roten Beeren, wundervoll gedrechselten Kerzenleuchtern, handgezogenenKerzen und Kristallsternen stellte ich ein Gesteck für die Theke zusammen. Ein üppiger Kranz mit einer roten Schleife würde sich gut an der Eingangstür machen, beschloss ich. Einen weiteren legte ich nach kurzem Überlegen auf ein Tischchen und war gerade dabei, die vier Kerzen hineinzustecken, als Plunder heiser maunzend in den Laden getrappelt kam.
»Na, Kleiner, willst du mal nach dem Rechten schauen?«
Offensichtlich nicht. Der weiße Kater blieb neben mir sitzen und maunzte weiter. Es lag eine Aufforderung darin, die ich leider nicht zu deuten wusste. Versuchsweise kraulte ich ihn zwischen den Ohren, aber er entzog sich mir und lief zur Bürotür. Ich folgte ihm, möglicherweise hatte er eine Wollmaus gefangen und wollte mir seine Beute präsentieren. Aber das war es auch nicht. Er schlüpfte ins Treppenhaus und maunzte weiter.
»Du kannst aber selbst nach oben laufen, Plunder. Ich habe hier unten noch zu tun.«
Das war ihm aber auch nicht recht. Er verhielt sich nur noch seltsamer und tat etwas, das er zuvor noch nie gemacht hatte. Er tatzte nach mir und hakte seine Krallen in meine Jeans.
»Lass das, Plunder!«
»Maumaumau!«
Folgsam nahm er die Pfote weg, sah mich aber eindringlich an.
»Ist euer Futternapf leer?«
Maunzend und hektisch mit seinem schwanzlosen Derrière wackelnd, krabbelte er die ersten Stufen hoch. Es schien, als ob er sich wieder einmal vor etwas fürchtete. Also gut, dann musste ich mich eben der drohenden Gefahr stellen. Als ich die erste Stufe nahm, flitzte er vor mir her.
Die Wohnungstür ließ ich, gut erzogen wie ich nun mal war, für beide Katzen immer angelehnt, und er drückte sich sofort durch den Spalt.
Ich folgte ihm.
Und dann verstand ich.
Peluche war aus ihrem Korb gestiegen und stolperte mir entgegen. Es war ein entsetzliches Bild, wie sie so versuchte, die Beine voreinander zu setzen. Immer wieder knickte sie ein, schwankte, fiel um, versuchte sich aufzurappeln. Aus ihrem Mäulchen tropfte schaumiger Speichel, und ihre Augen blickten wirr. Außerdem zitterte sie erbarmungswürdig.
»Peluche!«
Ich kniete mich zu ihr und wollte sie anfassen, aber sie fauchte mich an.
Plunder jammerte.
Peluche war krank, orientierungslos, verwirrt.
Einen Tierarzt kannte ich hier im Ort noch nicht.
Fieberhaft dachte ich nach.
Irmela oder Olli wussten bestimmt, zu wem man sie bringen konnte.
Ich griff zum Telefon. Zum Glück war meine Nachbarin da, und ihre ruhige Stimme half mir, mich zusammenzureißen.
»Koordinationsprobleme? Haben Sie eine Wunde an ihr entdeckt?«
»Nein. Heute früh war Peluche noch ganz munter.«
»Verstehe. Haben Sie starken, schwarzen Kaffee da?«
»Einen Rest von heute morgen.«
»Ich komme rüber. Ich nehme Ollis Schlüssel. Sie brauchen eine Decke und den Transportkorb.«
»Gut, danke.«
Gerade als ich beides aus der Abstellkammer geholt hatte, klopfte Irmela schon. Sie sah sich Peluche einen Moment an und nickte dann.
»Ich habe eine Spritze mitgebracht. Wir müssen versuchen, ihr starken Kaffee einzuflößen, damit sie sich erbricht. Ich habe das schon mal erlebt. Ich fürchte, sie hat sich mit irgendwas vergiftet.«
Mir wurde bang, aber wie aufgefordert brachte ich Irmela den Rest der schwarzen, lauwarmen Brühe, die in der Kaffeemaschine übriggeblieben war. Dann hüllten wir die Katze gemeinsam in die Decke, und einigermaßen geschickt gelang es Irmela, ihr mit der Spritze die Flüssigkeit ins Maul zu träufeln. Peluche zappelte, aber schluckte.
Und dann würgte sie.
Halbverdaute Fleischbrocken landeten auf der Zeitung, die ich ihr untergelegt hatte.
Ich würgte auch und bemühte mich, meinen revoltierenden Magen zu disziplinieren.
»Nicht wegwerfen, auch wenn’s ekelig ist. Darf ich Ihr Telefon benutzen, Ginger? Doktor Herzog nimmt Notfälle immer gleich an.«
»Ja, gut. Danke.«
Kurz darauf waren wir zu dem Tierarzt unterwegs, und ich war froh, dass meine Nachbarin sich angeboten hatte, uns zu fahren.
Doktor Herzog untersuchte die leidende Königin, bereitete eine Kochsalzinfusion vor und lobte Irmela wegen ihres umsichtigen Handelns. Peluche ging es tatsächlich schon etwas besser, das Zittern hatte aufgehört, und ihre Augen blickten klarer.
»Womit kann sie sich vergiftet haben? Ich dachte immer, Katzen seien sehr vorsichtig. Selbst Mäuse, die Rattengift gefressen haben, rühren sie doch angeblich nicht
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