Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg
Bahnhofshalle und
versuchen uns zu orientieren. Wir brauchen jetzt erst mal eine Unterkunft.
Ahnungslos laufen wir mit unserem schweren, ungewohnten Gepäck durch die alten
Straßen. Die Bettensuche erweist sich als schwierig. Wir laufen kreuz und quer,
Straßen rauf und runter, ohne Erfolg. Um 20.00 Uhr entscheiden wir uns, schon
etwas verzweifelt, für eine Pension, die wir als solche wohl nie erkannt
hätten. Das Haus machte eher den Eindruck, als sei es für den Abriss
freigegeben.
Die Treppen sind so abgetreten, als seien Tag ein Tag aus Millionen Katzen mit
dem Krummtreten der Treppe beschäftigt. Dielen, Wände, Decken verlaufen krumm
und schief. Ein Wunder, dass alles wieder zusammenfindet. Kurz gesagt, sehr
nostalgisch! Wir bekommen unser eigenes 3 Bettzimmer, Toilette und Dusche
befinden sich auf dem Flur. Wir sind zufrieden, der Urlaub kann beginnen. Ohne
Rucksäcke erkunden wir die Stadt und lassen es uns heute Abend noch mal richtig
gut gehen. An dieser Stelle sei gesagt, man sollte das Wörterbuch, wenn man des
Spanischen nicht mächtig ist, immer bei sich tragen, vor allem bei Barbesuchen.
Sonst geht es einem, wie uns an diesem Abend. Beim Salat bestellen versuche ich
dem Kellner klar zu machen, das auf gar keinen Fall Meerestiere auf dem Salat
sein sollen. Diese Bitte wurde völlig missverstanden. Der Salat sah auf dem
ersten Blick köstlich aus. Martin machte mich dann erst auf die Garnitur
aufmerksam. Es waren kleine wurmartige Gebilde. Ich weiß bis heute nicht, wie
man diese Spezialität wohl bezeichnet. Das Küchenpersonal hatte den Salat gut
gemischt, so das es unmöglich war auch nur ein Salatblatt ohne Anhang zu
erwischen. Ich sagte mir, was die dir auf den Teller getan haben, kann man auch
essen und probierte einen dieser Würmer. Legte ihn mir vorsichtig auf die Zunge
und bekam im selben Moment einen Würgereiz, der mich zur Wasserflasche greifen
ließ. Mit Todesverachtung spülte ich das Teil mit einem ½ Liter Wasser in den
Magen und hoffte auf eine schnelle Verdauung. Ich war spontan gesättigt. Das
schöne an den spanischen Bars und Restaurant sind auf jeden Fall, die immer gut
gefüllten Brotkörbe. Martin hatte sich instinktiv richtig entschieden. Er aß
einen Hamburger. Juliane hatte auch eine Spezialität auf ihrem Teller, die sie
den Göttern spendierte, Blutwurst. Dieser Abend lehrte uns Vorsicht und wir
fassten den Entschluss, dass Nudeln weiterhin unser Leibgericht sein werden. In
unserer Pension zurück, fallen wir in die Betten und werden erst wieder
geweckt, als der Flur mit Leben erfüllt wird. Ich schaue auf die Uhr. Es ist
vielleicht 4 Uhr. Das ist unsere erste Begegnung mit Nachtpilgern.
Karola und ich sitzen derweilen im Oktober 2011 in Burgos, in der Oktobersonne
und wir telefonieren, schreiben Tagebuch, schauen Fotos, sortieren schon mal
aus und beobachten die Sonntagsspaziergänger. So vergeht die Zeit und
schließlich schlendern wir wieder zum Busbahnhof. 3 Stunden Fahrt liegen vor
uns und wir sehen eine eintönige Landschaft, sowie ich sie von 2009 her kenne.
Die Busfahrt verläuft ruhig und die Busgäste benutzen rege die Bordtoilette,
die sich direkt zu unseren Füßen befindet. So bekommen wir viele der
Mitreisenden mal zu Gesicht. In Leon besorgen wir uns gleich das Fahrticket für
den nächsten Tag, nun sind wir zufrieden. Wir suchen und finden schnell eine
angenehme Pension, nur 5 Minuten vom Bahnhof entfernt. Ich versorge meine Füße,
mache Inventur meiner Blasenbestände und hoffe, dass bis Dienstag, beim
Einstieg in Sarria, wieder alles einsatzbereit ist. Karola hat noch ihre
Schulterbeschwerden, nimmt aber ein Schmerzmittel aus unserer gut bestückten
Reiseapotheke, die sicher ihresgleichen auf dem Camino sucht. Wir erkunden noch
die große Stadt und was wir finden ist leckere Pizza, das belebt unseren
Speiseplan enorm. Ab morgen halten wir uns aber wieder an unser Pilgermenü.
Zurück in der Pension gehen wir zu Bett. Ich lese Karola ihre Geschichte vor,
aber nicht wie sonst aus dem Buch von Janos Kertesz, sondern aus unserem Tagebuch.
Sie darf sich eine Geschichte aussuchen und sie wünscht sich „Die
Pyrenäenüberquerung“. Dabei wird sie wie immer gut einschlafen. Ich selbst kann
ewig nicht einschlafen, mir fehlt wohl heute die Auslastung von 5-7 Stunden
Fußmarsch. Ich lausche lange der Großstadtmusik und dem Brunnen, der vorne am
Kreisverkehr seine Wassermassen unermüdlich ins Becken spuckt. Wann hat man,
als Bewohner der Provinz, die
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