Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg
farbenprächtige Häuser. Sie
sind in schmalen Gassen links und recht eng aneinander gebaut und verbreiten
eine gelassene Gemütlichkeit. Das war uns vor ein paar Stunden natürlich nicht
aufgefallen. Da hatten wir andere Sorgen. Wir kommen auf unserem Spaziergang
auch an einem spanischen Friedhof vorbei. Die Tore sind geöffnet und wir
riskieren etwas scheu, aber die Neugier ist stärker, einen Blick. Aus dem Blick
wird ein Friedhofsrundgang. In Spanien werden die Toten oberhalb der Erde in
Wandnischen beerdigt. Drei Nischen sind jeweils übereinander gestapelt. An den
jeweiligen Gräbern gibt es oft kleine Bildchen der Verstorbenen und
Stoffblumensträuße, da sich echte Blumen bei der Hitze nicht lange halten. Es
ist uns etwas unheimlich, nicht das jemand das Tor schließt. Wir verlassen
beeindruckt den Ort. Schließlich finden wir auch die Pfeile, die uns morgen aus
der Stadt führen sollen. Wir gehen zum Hotel zurück und essen Abendbrot. Ich
genieße noch einmal ein Wannenbad mit Whirlpool. Das bekommen wir so schnell
nicht wieder und außerdem müssen die 82,- € sich auch gelohnt haben. Martin und
Juliane schauen sich noch eine Sendung im spanischen Fernsehen an. Ich schreibe
noch und lese bis mir die Augen vor Müdigkeit zufallen.
Camino 2009, Begegnungen
Teil III
Gemeinsamer Weg
17. Oktober 2011, Montag, mit dem Bus von Leon - Lugo
Sarria, 196 km, Sonne, 26 °C
Der Großstadtlärm mit dem ich einschlief, weckt mich nun
wieder. Heute mal nicht auf der Pilgerstrecke, sondern mitten in der großen
Stadt Leon aufzuwachen ist ein eigentümliches Gefühl. Unsere kleine Pension
befindet sich im Zentrum von Leon. Wunderbar! Ich wecke Karola wie verabredet
um 7.00 Uhr, da wir vor unserer Abfahrt noch die Kathedrale anschauen wollen.
Der Weg dorthin ist mühelos zu finden. Wir laufen leichten Fußes, ohne Gepäck,
durch neonbeleuchtete Straßen. Nur wenige Menschen sind zu sehen. Die
Stadtarbeiter reinigen die Straßen mit viel Wasser vom Wochenendstaub. Das Haus
des Herrn steht immer im Zentrum, also laufen wir die große Hauptstraße entlang
und kommen zu dem mächtigen Bauwerk. Wir bestaunen das gigantische Gebäude, es
ist wirklich schön. Karola und ich stehen vor dem wunderbaren Bau, den wir fast
für uns alleine haben. Wir sind uns einig, dass das die Kathedrale ist, die im
Buch: "Die Säulen der Erde" beschrieben wurde. Zufrieden gehen wir
die Strecke zur Pension zurück. Das Straßenbild hat sich gewandelt, vor einer ½
Stunde war nur die Straßenreinigung und wir hier, jetzt scheinen alle Bürger
wieder auf den Beinen. Die Menschen eilen zur Arbeit, zur Schule, einige Pilger
beleben ebenfalls die Szene. Wir laufen gegen den Strom und holen unsere
Rucksäcke in der Pension ab. Wir gehen in Richtung Bahnhof, kurz vorher finden
wir noch eine Frühstücks-Bar. Hier stärken wir uns vor der Abfahrt. Am Bahnhof
beobachten wir die Reisenden und filtern die Pilger heraus. Dabei bemerken wir
gar nicht, wie wir selbst herausgefiltert werden. Plötzlich spricht mich ein
Mann auf Deutsch an. Er berichtet, total blank zu sein, da ihm auf der
Wanderung seine Geld-Karte zerbrochen ist, er hätte nur noch 10,- € in der
Tasche. Mehr braucht er nicht zu sagen, da haben wir die Geschichte schon
durchschaut. Seine Pilgerkleidung ist wie frisch aus dem Laden, aber er behauptet
hunderte Kilometer unterwegs gewesen zu sein. Unsere Sachen sind jedenfalls
eingestaubt. Diesem Schwindler sitzen wir nicht auf. Er wird direkt böse, von
wegen dass die eigenen Landsleute den Camino laufen, aber von Nächstenliebe
keine Spur, usw. usw. ... . Unser Bus kommt bald und wir können unsere Reise
antreten. Als wir vom Hof rollen, sehe ich den Pseudopilger immer noch
herumstreichen, mit der Hoffnung auf leichtgläubige Opfer. Für uns geht es mit
dem Überlandbus weiter nach Sarria, immer in Richtung Westen. Wir sind ca. 4
Stunden unterwegs. Diese Art zu reisen ist in Spanien die preiswerteste. In den
zwei Tagen haben wir 400-500 Kilometer zurückgelegt und dafür jeder 30,- €
bezahlt. Ehe wir Sarria erreichen, durchqueren wir die Städte Astorga und
Ponferrada, Orte durch die der Jakobsweg führt. Wenn man keinen großen
Busbahnhof auf der Route hat, gibt es Bars in denen man den Bus bestellt. Der
Wirt bucht über Internet die Tickets und dann wird man an der Bar abgeholt. Der
Bus hält hinter Ponferrada, eine Frau die das System nicht kennt, will
zusteigen und muss eine unangenehme Erfahrung machen, sie bleibt auf der Straße
stehen
Weitere Kostenlose Bücher