Zwei kunterbunte Freundinnen | Das Chaos wohnt nebenan
aufs Klo gemusst hatte.
»Wann soll das passiert sein und unter welchen Umständen?« Mamas Stimme war kaum wiederzuerkennen. Sie sprach viel energischer und ruhiger als üblich.
»Heute Vormittag«, sagte Kurt Halle und schaute auf einen Zettel, den er aus der Brusttasche zog. »Genauer: um fünf nach halb zehn. Da soll der Junge, der Robert Svendsen heißt, völlig überraschend und ohne Grund von einer großen Dänischen Dogge angegriffen worden sein. Das Opfer versuchte zu fliehen, aber der Hund hat den Jungen eingeholt und ihn in den … Allerwertesten gebissen.«
»Er meint den Po«, erklärte Märzbritt diensteifrig.
»Ist Robert Svendsen …«, begann Mama, fing dann aber noch einmal von vorn an. »Wurde das mögliche Opfer blinder Hundegewalt in irgendeiner Weise verletzt?«
Der Polizist mit dem Bart räusperte sich und schnappte sich den Zettel, den sein Kollege in der Hand hielt.
»Nicht ernstlich«, sagte er und las vor: »Schürfwunden an beiden Handflächen. Zwei kräftige blaue Flecken am … an der einen Hälfte des Aller…«
»Pos«, soufflierte Märzbritt erneut.
Der Polizist nickte. »Sonst liegen keine Verletzungen vor.«
»Das ist natürlich sehr bedauerlich für den Jungen«, sagte Mama. »Aber unser lieber, herzensguter Rambo kann das nicht gewesen sein.«
»Was?«, platzte Märzbritt heraus und sah Maibritts Mutter begeistert an.
»Hä?«, sagte Papa.
»Entschuldigung?«, sagte Kurt Halle erstaunt.
»Zu dem von Ihnen angegebenen Zeitpunkt hat der Racker nämlich bei uns hier am Küchentisch gesessen«, sagte Mama und wedelte unbestimmt mit der Hand Richtung Küchentür. »Und hat Eier mit Anchovis gegessen, sein Leib-und-Magen-Gericht. Hauptsächlich Anchovis, aber Eigelb ist so gut fürs Fell. Und ein bisschen Ketchup für den Geschmack. Unser kleiner Schmusebär liebt Ketchup.«
»Schmusebär?«, fragte Haraldsen.
»
Unser
Schmusebär?«, fragte Papa.
»Na ja, nicht direkt unser.« Mama lachte verlegen. »Aber wir haben Rambo auf Anhieb richtig ins Herz geschlossen, wir alle. Und kurz nach halb zehn hatte ich wie gesagt das Vergnügen, dem Hund, unserem ganz reizenden neuen Nachbarn, ein zweites Frühstück zu servieren. Während er es sich schmecken ließ, habe ich durchs Fenster zu den Mädchen rausgeguckt. Maibritt und Märzbritt haben ganz friedlich bei der alten Eiche da drüben gespielt.«
Und wieder wedelte sie unbestimmt mit der Hand, diesmal Richtung Fenster, wo man tatsächlich die große Eiche und das Haus dahinter sehen konnte, wenn man die Nase an der Scheibe platt drückte und so weit nach rechts schielte, bis einem die Augen wehtaten.
»Dann haben die Mädchen und der Köter also ein Alibi.« Kurt Halle sah erleichtert aus.
»Jepp«, sagte Märzbritt und wurde nicht einmal wütend, weil er Rambo Köter genannt hatte. »Da scheint es wohl noch eine riesige weiße Dänische Dogge in der Nachbarschaft zu geben.«
»So ein Zufall aber auch«, nuschelte Papa und sah Mama an.
Er hatte die Furche zwischen den Augenbrauen, die er immer bekam, wenn er mit etwas nicht einverstanden war.
»Na gut«, sagte Haraldsen, »dann wollen wir uns mal verabschieden. Wir müssen vor Feierabend noch einen Hund finden.«
»Vielleicht war es eine Dogge auf der Durchreise«, beeilte Märzbritt sich zu sagen. »Bestimmt kein Hund hier aus der Gegend. Dänische Doggen brauchen sehr viel Auslauf, wahrscheinlich hat sie einen Ausflug gemacht und wohnt eigentlich ganz woanders.«
»Vielleicht sogar im Ausland«, fügte Mama hinzu.
»Viel Erfolg«, sagte Papa. Seine Stimme klang irgendwie komisch.
Haraldsen ging als Erster nach draußen. Kurt Halle wartete, bis sein Kollege um die Hausecke gebogen und nicht mehr zu sehen war. Da drehte er sich um und sah Anna tief in die Augen. Sie hatte kein einziges Wort gesagt, seit die Polizisten den Flur betreten hatten.
»Es ist verboten, die Polizei anzulügen«, sagte er. »Dafür kann man ins Gefängnis kommen.«
Dann lächelte er plötzlich breit und legte die Hand zum Abschiedsgruß an seine Polizeimütze. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, und weg war er.
Auf dem Flur war es still. Sehr still. Märzbritt strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Anna sah verwirrt aus. Mama wischte sich über das Kleid, obwohl es ganz sauber war. Papa machte ein paarmal den Mund auf und zu, ohne etwas zu sagen.
Maibritt musste so nötig pinkeln, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. Trotzdem lief sie plötzlich zur Tür, riss sie auf und rannte
Weitere Kostenlose Bücher