Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.
besorgten Blick auf seine Armbanduhr die Worte „Albergue, Albergue“ — also „Herberge, Herberge!“ ruft. Er schiebt uns ein Stück in Richtung Pilgerunterkunft und weil Diskussionen zwecklos sind und wir heute sowieso zivilisierter nächtigen wollen, gehen wir brav an die Rezeption und checken ein.
Wir versuchen es zumindest, denn die Herberge ist hoffnungslos überfüllt. Weil wir nicht unbedingt im Flur schlafen wollen, fragen wir ob es möglich sei, unser Zelt auf dem Hof aufzustellen. Ich zweifle arg an meinen Spanischkenntnissen, als mich die Herbergsmutter völlig verdattert ansieht. Andere Pilger bringen sich mit ein und irgendwann versteht sie, was wir von ihr wollen. Sie willigt ein und trotz unserer Bemühungen knöpft sie uns den regulären Übernachtungspreis von fünf Euro ab. Das Zelt aufgeschlagen, gehen wir in den Supermarkt und machen unseren Wochenendeinkauf. Die Lebensmittel gibt es direkt neben der Herberge. Jetzt verstehen wir auch, warum uns der Franzose in diese Richtung geschickt hat. Er hatte offensichtlich schon verstanden, dass wir auf Nahrungssuche waren.
Wir essen heute im Aufenthaltsraum unserer Herberge, schwatzen mit zwei deutschen Studenten und krabbeln gegen 21:00 Uhr in unser Zelt.
Die anderen Pilger scheinen davon total beeindruckt zu sein. Immerhin ist es jetzt ganz schön frisch draußen und es regnet. Wie gut, dass Cornelia heute die Eingebung hatte, mal nicht in der Natur zu zelten; denn der Regen wird stärker und unser Billigzelt scheint langsam durchzuweichen. Hätten wir vor dem Trip gewusst, dass wir überwiegend zelten würden, wäre eines unserer guten Trekkingzelte mit uns nach Spanien gereist. Weil dem nun aber nicht so ist, warten wir ab, bis die letzten rauchenden Pilger auf ihre muffigen Matratzen verschwunden sind und tragen das Zelt mitsamt Inhalt unters Vordach. Muss ja nicht jeder gleich mitbekommen, dass die zwei knallharten Naturmädels, wegen ein bisschen Wasser ins Trockene flüchten! Wir verabschieden uns ins Reich der Träume bis ich mitten in der Nacht wach werde, weil irgendetwas unaufhörlich gegen meine angewinkelten Knie stupst.
In Gedanken beschuldige ich Conny und bewege mich einige Male schlaftrunken hin und her. Die Berührungen hören jedoch nicht auf. „Was macht Cornelia bloß?“, frage ich mich und öffne die Augen. Ich bin sofort hellwach als ich sehe, dass ich mit dem Gesicht zur Zeltwand liege und Cornelia mich unmöglich an meinen Knien erwischt haben kann. Ach du Schreck! Auf einmal sehe ich die Umrisse eines schlanken Lebewesens, das von Außen rhythmisch an der Zelthaut kratzt. Sofort wecke ich meine Freundin, die beim Anblick des Schattens in schallendes Gelächter verfällt. „Du hast Angst vor so einer kleinen Miezekatze!“, ruft sie. Von meinem Schock noch immer gelähmt, bitte ich sie, als alten Katzenfan, doch etwas zu unternehmen. Mit einer schwungvollen Bewegung verjagt sie das Tier und zieht mich von nun an, jedes Mal wenn uns eine Katze begegnet, lästernd auf.
11. Pilgertag
ETAPPENZIEL: CARRIÓN DE LOS CONDES
Bis zum Weckerklingeln schlafen wir noch einmal fest ein und drängen uns gegen 7:00 Uhr in die engen Waschräumlichkeiten der Herberge.
Die völlige Überlastung des Hauses mit Schlafgästen sorgt für ein mittelschweres Chaos beim Zähneputzen. Wir starten heute mit Regensachen. Aber weil uns die Wetterfee stets gut gesinnt ist, können wir uns, nach halber Tagesdistanz, umziehen. Während wir umständlich versuchen, unsere Regenhosen über die klobigen Wanderschuhe zu zerren, spricht uns ein spanischer Rentner an. Der gute Mann drückt uns Hände schüttelnd ein Bonbon in die Hand und berichtet, dass er seit sieben Jahren pensioniert sei und seitdem an alle vorbeikommenden Pilger Süßigkeiten verteilt. Weil er uns scheinbar besonders nett findet, lädt er uns sogar in seinen Weinkeller ein. Bevor wir zu — oder absagen können, pflückt er sämtliche Kräuter, lässt uns daran riechen und erklärt uns, wozu diese Naturprodukte in der Hausapotheke gut seien. Ich verstehe natürlich nicht alles. Der engagierte Opi ist aber geduldig genug, mir solange zu beschreiben wozu das Superkraut in seiner Hand dient, bis ich verstehe, dass man damit Hämorrhoiden heilen kann. Gut, dass wir das auch geklärt haben! Man weiß ja nie, wie man’s mal braucht...
Nach eingehender Kräuterkunde gibt er uns zu verstehen, dass wir uns unbedingt noch die frisch restaurierte Dorfkirche ansehen müssen. Für die
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