Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.
eineinhalb Schmelzkäseeckchen, einen halben Apfel und die „Light-Ausgabe“ eines halben Müsliriegels. Unzureichend gesättigt ziehen wir weiter auf dem öden Streckenabschnitt. Conny äußert mal wieder beiläufig einen Wunsch, der sich dieses Mal auf eine heiße Tasse Kaffee bezieht. In unseren Köpfen entsteht das völlig abwegige Bild eines „Coffee-To-Go-Wagens“, der mitten in der Einöde heißen Kaffee an kalte Pilger ausschenkt.
Völlig unerwartet taucht nach einigen wenigen Wanderminuten ein Verpflegungswagen am Wegesrand auf. Hier können Pilgernde rasten, heißen Kaffee und Kekse kaufen. Wahnsinn wie das nun wieder funktioniert hat!
Unsere drei kanadischen Frauen vom Vortag haben hier ebenso einen Stopp eingelegt und plaudern fröhlich mit uns. Während der Pause sage ich zu Conny, dass es uns nun lediglich noch an einem Meilenstein fehle, der uns verrät, wie viele Kilometer wir nun schon bewältigt haben. Sie lächelt und warnt mich davor das Glück leichtsinnig herauszufordern. Ich gebe zu ein wenig fordernd zu sein, werde aber dennoch positiv überrascht, als wir nach Verlassen unserer Pausestelle, auf der Straße in großen Lettern darauf hingewiesen werden, dass es zum nächsten Ort nur noch sieben Kilometer sind. Ich bin baff. So etwas gab es vorher noch nie. Verrückt, wie das hier mit der Wünscherei immer und immer wieder funktioniert! Ist das Zauberei oder gibt es wirklich einen Gott, der diese Wünsche erfüllt oder sensibilisiert uns der Jakobsweg einfach für diese Kleinigkeiten? Sind wir vielleicht mittlerweile so entspannt, dass wir offen und empfänglich sind für jede schöne minimale Aufmerksamkeit des Lebens? Vielleicht passieren uns im Alltag ja genauso oft kleine Wunder. Nur sind wir zu gestresst und zu blind, um sie wahrzunehmen. Ich fasse den Vorsatz, künftig verstärkt nach Alltagswundern zu suchen.
Wir gehen bis Ledigos, schlagen unser Lager auf und essen unser üppiges Abendbrot, das dem Frühstück exakt gleicht aber noch durch 22,5 Gramm Kartoffelchips plus ein „Dextro Energen“ ergänzt wird. Conny kümmert sich um die vierte Blase an ihrem Fuß, während
ich meine Tagesnotizen mache und damit dem Massensterben meiner Neuronen vorbeuge. Wer seinen Geist nämlich nicht beschäftigt, wird auf Dauer antriebslos und unzufrieden, eben weil er den Verlust seiner Nervenzellen zu verschmerzen hat. Sowohl geistige als auch körperliche Aktivitäten sorgen für gute Laune und Glücksgefühle. Na dann habe ich ja alles richtig gemacht! Glückselig legen wir uns schlafen.
13. Pilgertag
ETAPPENZIELE: SAHAGÚN UND LEÓN
Heute, am 8. September, geht es nach Sahagún. Frühstück — zum Glück ist heute Montag und wir können einkaufen — gibt es in Terradillos de los Templarios. An unserem Kaffeetisch sitzen heute noch die deutsche Rentnerin Christa und eine schwedische Krankenschwester. Die beiden haben sich selbst erst am Vortag kennen gelernt und laufen seitdem gemeinsam. Beim Verlassen unserer netten Frühstücksgesellschaft, begegnen uns am Café-Ausgang, die drei kanadischen Ladies. Wir schwatzen kurz und weil wir wissen, dass die Drei auch ein Stück Wegstrecke schummeln wollen, verabreden wir uns an der Touristinformation in Sahagún.
Dort treffen Cornelia und ich bereits am Nachmittag ein und warten geduldig auf unsere Gute-Laune-Girls, die einfach nicht auftauchen wollen. Irgendwann begegnet uns Frühstücks-Christa wieder und berichtet, dass die Kanadierinnen bereits am Bahnhof sind und schon auf ihren Zug warten. Komisch! Das passt nun gar nicht zu den Dreien. Cornelia und ich hätten uns schwarz gewartet, weil wir so sicher waren, dass die Ladies das Date einhalten würden. Am Bahnhof empfangen sie uns, entschuldigen sich und gestehen ihre erfolglose Suche nach der Touristinformation und ihre Entscheidung, dann doch lieber am Bahnhof auf uns zu hoffen. Dank der Brieftaube Christa hat sich ja alles zum Guten gefügt. Die Ladies warnen uns vor dem unfreundlichen Ticketverkäufer, von dem sie zuallererst sehr lange merklich ignoriert wurden und dann äußerst widerwillig die Fahrkarten verkauft bekommen haben. „Ein richtig gemeiner, fieser und unfreundlicher Kerl“ stellen sie einig fest. Ich gebe Cornelia meinen Rucksack und stelle mich der Herausforderung zwei Zugtickets zu erwerben. Ich reihe mich am Schalter ein und bestelle mit fester Stimme und überaus selbstbewusster Miene zwei Tickets nach León. Der Mann versteht mich sehr gut und überreicht mir
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