Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.
zusätzlichem Rucksackgewicht herumquälen will, schlürfen wir den Rebensaft an unserem heutigen Zeltplatz auf einem kleinen Hügel am Rande eines Feldes. Nach getaner Arbeit fallen wir gegen 22:00 Uhr leicht betäubt in unser Zelt und sogleich in einen tiefen Schlaf.
10. Pilgertag
ETAPPENZIELE: BURGOS UND FRÓMISTA
Unsere Nachtruhe wird schlagartig unterbrochen, als Conny mich gegen 3:30 Uhr weckt, weil es draußen wie verrückt stürmt und blitzt. Das ist leider noch nicht alles, denn direkt über uns befindet sich eine Stromleitung. Cornelia teilt mir besorgt mit, dass sie schon lange Zeit wach liegt und sich ausmalt die Leitung löse sich durch die Kraft des Windes und sause auf unser Zelt hinab. Ich bin schlagartig hellwach, setze meine Stirnlampe auf und sehe hinaus. Es handelt sich leider nicht um eine große, stabil wirkende Stromleitung sondern um einige popelige Holzmasten, die durch eine dünne Leitung miteinander in Verbindung stehen. Schöner Mist! Klein und schwarz möchte ich auf keinen Fall aufwachen. Ich gebe meiner Freundin in ihrer Besorgnis vollste Zustimmung und ehe wir uns versehen, staksen wir mit unseren Lampen in der Dunkelheit umher und packen unser Hab und Gut zusammen und schlurfen müde ins Dorf hinab. Wir laufen zur Pilgerherberge am Ortseingang und rütteln an der Eingangstür. Verschlossen! Ich fingere mein Handy aus dem Rucksack und rufe die Telefonnummer, die an die Tür gepinnt ist, an. Schließlich haben die Herbergsbetreiber auf einem gut sichtbaren Zettel vermerkt, dass man sich bei Nachfragen oder Problemen ruhig unter der angegebenen Nummer melden solle. Und das hier ist ein Problem!
Ich blubbere die verschlafene Herbergsmutter am anderen Ende zu und erzähle ihr, dass wir zwei Mädels vor ihrer Herberge stehen, weil uns die Wetterlaunen der Nacht in unserem Zelt zum Verhängnis geworden sind. Trocken entgegnet sie, dass sie nicht ihr Bett verlassen wird, um zur Herberge zu laufen. Wenn die Eingangspforten verschlossen sind, kann sie das jetzt nicht ändern. Na Danke! Wir sehen uns fragend an und Conny schlägt vor, einen geschützten Platz in Kirchennähe zu suchen, um die verbleibende Nacht irgendwie herum zu bekommen. Gesagt getan. Wie zwei Vagabunden finden wir uns zwanzig Minuten später auf zusammengeschobenen Bänken wieder und trinken unsere letzte Cola light. Mir ist speiübel vom vergangenen Rotweingelage.
Gegen halb sechs kommen wir auf die Blitzidee, die ersten Nachtpilger an der Herberge abzufangen, um durch ihren Aufbruch ins Herbergsinnere gelangen zu können. Es gibt ja schließlich immer einige verrückte Wanderer, die mit ihren Funzeln mitten in der Nacht aufbrechen, um ihre zum Teil horrenden Tagesdistanzen zurückzulegen, um dennoch eines der ersten Betten zu ergattern. Der Plan geht auf. Eine Deutsche, die sich die ganze Nacht in der engen, stickigen Herberge in ihrem Bett gewälzt hat ohne Schlaf zu finden, öffnet uns die Tür. Sie kann gar nicht schnell genug an die Luft kommen um loszulaufen. Wir hingegen sind heilfroh endlich im Warmen zu sein und nehmen erst einmal eine ausgiebige, heiße Dusche. Frisch duftend verfassen wir noch eine Notiz für Alice, von der wir uns gestern Abend ja bereits persönlich verabschiedet haben. Wir berichten darin von unserer Chaosnacht und der damit verbundenen Dusche in der Herberge. Conny lässt ihrer künstlerischen Ader freien Lauf und malt noch einen Schäfer ohne Zähne auf das Papier und legt die Nachricht in Alice’ Wanderschuhe. Gegen 7:00 Uhr laufen wir zur Bushaltestelle und fahren nach Burgos.
Nach einem tollen Frühstück in einem gemütlichen Café ziehen wir das Touri-Programm durch und schlendern in der Innenstadt umher und besichtigen die famose Kathedrale. Wir sind begeistert, wie imposant sich dieses Prachtbauwerk, sowohl von außen als auch von innen, präsentiert. Nach der Besichtigung sind wir entkräftet und benötigen mal wieder einen Kaffee. So setzen wir uns in die nächste Bar, schlürfen unser Heißgetränk und machen uns noch ein wenig über die deutsche Speisekarten-Übersetzung lustig und fragen uns ernsthaft, ob wir vor unserer Weiterfahrt noch eine Portion ,„PFIRSCH‘ eingemacht“ bestellen sollten.
Halb sechs sitzen wir im Bus nach Frómista und sehen nachdenklich in die verregnete, eintönige Meseta-Landschaft hinaus. Bei unserer Ankunft wollen wir gerade einen vermeintlichen Lebensmittelladen betreten, als ein wild gestikulierender Franzose uns wegschnappt und mit einem
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