Zwei Maenner fuer Miss Darcy
lächelt, verheißt das normalerweise nichts Gutes. An der Krümmung ihres Mundwinkels versuche ich abzulesen, ob dieses Lächeln gute oder schlechte Nachrichten für mich bedeutet.
Jemima schiebt ihren ergonomisch geformten Schreibtischsessel zurück und steht auf.
Definitiv schlechte Nachrichten.
»Ich würde gern mit einem neuen monatlichen Feature beginnen.« Hinter der Brille blitzen ihre Augen gefährlich auf. »Mit einem Thema, an das wir uns bislang noch nicht herangewagt haben, das sich aber immer größerer Beliebtheit erfreut.« Um den dramatischen Effekt zu erhöhen, legt sie eine Pause ein, während ich in Erwartung ihrer Schnapsidee, mit welchem Anti-Aging- und Erreichen-Sie-Ihre-Topfigur-in-drei-Tagen-Thema sie ankommen wird, die Luft anhalte. Denn eines kann ich garantieren: Wenn sie will, dass ich etwas ausprobiere, dann wird das ganz bestimmt nicht eine Woche im luxuriösen Champneys-Kurhotel sein.
»Ganzheitliche Heilverfahren« , verkündet sie und wedelt dramatisch mit der Hand.
Regungslos starren wir sie an.
»Ganzheitliche Heilverfahren«, wiederholt sie, als hätten wir alle ein Hörproblem. »Ich dachte daran, zuerst mit einigen der bekannteren Therapien wie zum Beispiel Reiki, Akupunktur und Homöopathie anzufangen, um danach dann mit Steinheilkunde/Lithotherapie und dergleichen weiterzumachen. Wir könnten eine Realberichterstattung bringen über Leute, die sich spirituell damit auseinandersetzen, und vielleicht sogar etwas über Engelheilung schreiben, wenn wir einige Freiwillige finden, die bereit sind, sich mit uns darüber zu unterhalten.«
Mit weit aufgerissenen Augen drehe ich mich zu Sophie um.
Mitfühlend verzieht sie das Gesicht.
»Was sagst du dazu, Darcy?«, fragt Jemima und bringt mich ganz schön in Verlegenheit.
Ich spüre, wie die Blicke meiner Kolleginnen mich geradezu durchbohren, während auch sie auf eine Antwort von mir warten. Samanthas Lippenstift wirkt jetzt nicht mehr ganz so geheimnisvoll, dafür aber umso selbstgefälliger, als sie mich mit gesenkten Lidern mustert, deren Wimpern definitiv künstlich verlängert worden sind. Die meisten anderen dagegen zucken angesichts meines Unbehagens zusammen und sind froh, nicht in meiner Lage zu sein.
»Das ist auf jeden Fall mal etwas anderes, Jemima«, antworte ich diplomatisch. »Aber bist du sicher, dass das in der Goddess funktionieren wird?« Die normalen Themen unserer Artikel, zum Beispiel die Frage, ob ein Lippenstift tatsächlich vierundzwanzig Stunden hält, ohne noch einmal aufgetragen zu werden, oder ob man tatsächlich beim Verzehr eines Stangenselleries mehr Kalorien verbrennt, als sich in dem Gemüse selbst befinden, kann man kaum als provokant bezeichnen. »Was ich sagen will: Sind das Dinge, die unsere Leser interessieren?«
»Darcy.« Jemima setzt ihre Brille ab, was immer ein Zeichen dafür ist, dass sie es wirklich bitterernst meint. »Ganzheitliche Heilverfahren sind ganz groß im Kommen, man hört nichts anderes mehr. Kürzlich hat hier in London ein riesiges Event stattgefunden, wie es überall im Land jedes Wochenende stattfindet, bei dem es um Körper, Geist und Seele ging. Eines unserer Schwestermagazine, Soul Sister , besitzt eine immer weiter wachsende Leserschaft, und ich finde, es wird höchste Zeit, dass wir diese Ideen für die breite Masse anbieten.«
»Sie hat Recht, wisst ihr?«, meldet sich Maggie zu Wort, Jemimas Sekretärin, die für gewöhnlich bei diesen Redaktionskonferenzen schweigend Steno schreibt. »Neulich war ich bei Selfridges, da saßen Hellseher, die ihre Dienste angeboten haben. Mitten im Kaufhaus, nicht versteckt irgendwo in einer Ecke.«
Jemima nickt Maggie zu. »Genau, vielen Dank, Maggie. Nun …«
»Sämtliche Stars fahren jetzt auf das sogenannte Cosmic Ordering ab«, wagt Daisy, eine unserer Praktikantinnen, hinzuzufügen. Sie ist allerdings noch nicht lange genug hier, um zu wissen, dass man Jemima nicht unterbricht, wenn sie gerade richtig in Fahrt ist. »Das habe ich gerade kürzlich noch in einer meiner Zeitschriften gelesen. Tom Cruise, John Travolta, ja sogar Noel Edmonds – er behauptet sogar, nur deswegen im Fernsehen sein Comeback erlebt zu haben.«
»Und das soll jetzt ein positiver Aspekt sein?«, flüstert Sophie mir zu.
»Ja, vielen Dank für diese Beiträge«, unterbricht Jemima sie und hebt die Hand, bevor noch irgendjemand anders das Wort ergreifen kann. Sie wendet sich wieder mir zu. »Du siehst also, Darcy, ganzheitliche
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