Zwei Maenner fuer Miss Darcy
alles nur ein Zufall? Ich will ihn gerade weiter befragen, als mir klar wird, was er da beobachtet. In den Wogen weit draußen im Meer zeichnen sich die unverkennbaren Rundungen von Delfinrückenflossen ab. Die Finnen tauchen immer wieder aus dem Wasser auf.
»Sie sind zurück«, rufe ich begeistert und starre mit Eamon zusammen aufs Meer hinaus.
»Das stimmt.«
»Aber Sie haben doch gesagt, dass dies bedeutet, wie besorgt sie sind, nicht wahr?«
»Ich sagte, dass sie Veränderungen spüren. Und wie es scheint, haben sie Recht behalten.« Eamon dreht sich wieder zu mir um. »Wie viele hast du neulich gesehen, Darcy?«
»Zwei.«
Wir beide drehen uns wieder zum Meer um. Deutlich sind die Rückenflossen von mindestens vier Delfinen zu erkennen, die immer wieder im Wasser auftauchen.
Schweigend sieht Eamon mich an.
»Ach, kommen Sie schon, Eamon. Sie wollen mir ernsthaft einreden, dass ein zufällig angespülter Sandeimer und ein Schäufelchen nichts zu bedeuten haben, aber eine andauernd wachsende Delfinschule dagegen doch? Wie soll denn das funktionieren? Beides zusammen geht nicht!«
Eamon seufzt. Dann lächelt er und schaut mich mit seinen blauen Augen unverwandt an. »Manchmal erinnerst du mich sehr an deine Tante Molly.«
Ich erwidere seinen Blick, bis sich plötzlich wieder etwas in mir regt. Irgendetwas Vertrautes blitzt auf.
»Aber du hast Recht, genauso wie Molly oft im Recht war«, antwortet Eamon und hebt seinen Gehstock hoch. »Es ist wirklich nicht fair von mir, dich zuerst mit meinen Geschichten zu verwirren und dann im nächsten Moment eine rationale Erklärung für alles zu finden. Aber du wärst wirklich überrascht, was hier so alles an Land gespült wird; in meinem Cottage lagert so einiges.«
»Was zum Beispiel?«
»Ach, dies und das«, erwidert Eamon kryptisch.
»Kann ich die Sachen mal sehen?«
»Vielleicht ein anderes Mal.« Er schaut zum Himmel. »Am besten sammelst du jetzt deine Freundin und die Hunde ein, bevor es zu regnen anfängt.«
Ich schaue zu den Wolken hinauf. Die sehen ziemlich dunkel aus.
»Meine Idee mit der Urlaubsinsel, Eamon«, souffliere ich und nehme Woody und Louis auf den Arm, um mich danach auf den Weg zu Roxi zu machen. »Damit haben Sie kein Problem, oder? Sie können es mir ruhig sagen, wenn doch.«
»Nein, warum sollte ich damit ein Problem haben?« Eamon stützt sich auf dem Gehstock vor ihm ab und ist bereit zurückzukehren.
»Mir ist klar, dass Sie darüber nicht sonderlich begeistert sein können.«
»Habe ich irgendetwas in dieser Richtung gesagt?«, murmelt Eamon, als er sich langsam auf den Rückweg zu seinem Cottage macht.
»Nein, aber ich dachte …«
»Denk nichts über Leute, bevor du nicht weißt, ob es wirklich stimmt«, ruft Eamon, ohne sich beim Gehen umzuschauen, und wandert weiter. Zum Abschied wedelt er mit seinem Gehstock durch die Luft.
»Auf dieser Insel?«, frage ich Louis, Woody und eine einzelne Seemöwe, die uns von einem nahe gelegenen Felsen aus beobachtet. »Ich versuche, hier nicht allzu viel über alles nachzudenken, sonst werde ich noch verrückt!«
18
L eider schaffen wir es nicht mehr rechtzeitig nachhause, bevor der Himmel alle Schleusen öffnet und der Regen auf uns herunterprasselt. Roxi, die Welpen und ich sehen aus, als wären wir zu Eamon geschwommen statt gegangen, während wir versuchen, durch den Nebel und die trübe Suppe unseren Heimweg zu finden.
Vernünftigerweise haben offenbar alle in ihren Cottages Zuflucht gesucht, denn es ist weit und breit keine Menschenseele zu sehen, als wir den gerade erst auf den Namen »O’Connell Street« getauften Weg hinuntereilen (so haben wir den Platz vor den Cottages, wo Dermot seine Holzbänke und Grills gebaut hat, halb im Scherz nach dem Vorbild der berühmten Dubliner Straße und nach Dermot selbst getauft, und der Name ist einfach hängengeblieben). Als wir an den Cottages vorbeilaufen, winkt man uns von ein paar Fenstern aus zu – und diese kleine Geste allein beschert einem an einem solch grauen Morgen dann doch das Gefühl, willkommen zu sein.
»Kommt schon, Jungs«, rufe ich den Welpen zu, nachdem wir Roxi zu ihrem Cottage gebracht haben und nun auf unser eigenes zusteuern. »Wir müssen zusehen, dass ihr beide trocken werdet, und ich brauche ganz schnell eine heiße Dusche.«
Bislang habe ich nicht sonderlich viel Erfolg mit dem Heißwassersystem im Cottage gehabt. Mir ist klar, wie glücklich wir uns schätzen können, überhaupt Duschen zu besitzen.
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