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Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Forstmeister zu Olshag, der Schulmeister meines Dorfes und ich, da wir aber auch alle viere die Geige spielten, so wurde einmal, als wir uns bei einer Kircheneinweihungsfeier trafen, verabredet, daß wir alle Monate wenigstens einmal bei mir zusammen kommen, und ein Quartett einrichten wollten. Das Ding geschah und kam bald in den Gang. Wir übten uns in wenigen der bekannteren Tonsezer, und spielten gewöhnlich zuerst aus Haidn, dann aus Mozart, und endlich aus Beethoven. Wenn nun meine Mitspieler sehr zufrieden waren, und sagten, die Kirchenmusik in Blumenau und in Stromberg sei lange nicht so gut, als unsere Aufführungen, und die todten Meister könnten sich in ihrem Grabe freuen, daß sie so verehrt würden, und daß wir sie doch so gut vortrügen; dann dachte ich: ihr habt nie so gut spielen gehört, wie ich, und mögt euch immerhin freuen, ich kann es nicht. Ich ließ sie gewähren und verschwieg meine Gedanken. - Unsere Lust an der Sache ermattete aber endlich ein wenig, und die monatlichen Quartette schrumpften zu vierteljährigen ein, die wir aber auch da nicht immer abhielten, außer wir schikten uns eigene Einladungsbriefe dazu. Am Ende kam alles in Vergessenheit.
    So waren mehrere Jahre vergangen, die ich mit Einrichtungen in Treulust verbrachte. Da dachte ich wieder an meine italienische Reise. Ich konnte sie jezt mit Bequemlichkeit machen. Meine Verhältnisse waren geordnet, ich hatte nichts zu erbauen, ich hatte keine Veränderungen vorzunehmen, und ich hatte keine Hoffnungen, die erfüllt werden sollten. In Tirol lebten zwei Freunde von mir, die mich beständig zu sich einluden. Der eine derselben hatte eine Musterwirthschaft, die schon oft von Reisenden und Zeitungen gelobt worden war. Ich konnte sie besuchen, dann weiter durch Südtirol gehen, und bei dieser Gelegenheit auch in Meran nach meinem alten Reisefreunde fragen; denn der Brief, den er mir über seinen neuen Wohnort zu schreiben versprochen hatte, war nie angekommen.
    Ich machte wirklich in Folge dieser Gedanken im Winter meine Vorbereitungen. Ich machte sie freilich nicht mit jener großen freudevollen Hoffnung, wie ich sie vor mehreren Jahren gemacht hätte, wo mir mein Reiseziel noch so hold vorschwebte, und es an allen Mitteln gebrach. Ich weiß nicht, war ich nun um eben diese Jahre älter geworden, oder hatte ich mich so in mein Besizthum hinein gelebt, daß das Fortgehen davon schwerer war, als früher alle Reisen, wo ich eigentlich zwar immer irgend wo wohnte, aber nirgends zu Hause war. Indessen machte ich meine Anstalten doch noch immer mit gehöriger Lust, und besonders war es wohlthätig, daß jezt alle Mittel dazu vorhanden waren, die damals gänzlich gefehlt hatten.
    Ich war gegen Anfang des Frühlings mit meinen Vorrichtungen fertig, und an einem sehr schönen Morgen fuhr mich mein Altknecht mit meinen liebsten Braunen, die ich ihm während meiner Abwesenheit recht auf die Seele band, auf einem Feldwege der nächsten Post zu.
    Mein Plan war folgender: ich wollte erst in den Frühlingstagen reisen, um sie zu genießen. Eine kleine Zeit wollte ich bei meinen Freunden in Tirol zubringen, dann während des Sommers in Oberitalien verweilen. Gegen die mildere Herbstzeit zu wollte ich dann südlicher gehen, den Winter in Rom und den Sommer im Albanergebirge zubringen. Endlich wollte ich nach Neapel reisen, und im Winter dort, im Sommer aber auf Capri wohnen. Hiebei würde ich einmal Sicilien besuchen. Der dritte Winter würde in Florenz verlebt, und der nächste Frühling darauf würde mich wieder in der Heimath sehen.
    Ist die Reiselust dann gelöscht, dachte ich, so bleibe ich zu Hause, erwacht sie wieder, so besuche ich dann andere Länder, da ich ja in meiner Behausung nichts zurück lasse, das sich nach mir sehnt.
    Auf der Post nahm ich von meinem Knechte und von den Pferden Abschied, ließ alle meine Leute grüßen, trug ihnen genaue Obsorge über das Hauswesen auf, und fuhr dann, da mein Gepäcke indessen umgepackt worden war, in die fremden Länder hinaus.
    Ich rükte nun an Berg um Berg, an Thal um Thal vorüber. Die Reise übte, wie es jede an dem Menschen thut, einen sehr wohlthätigen Einfluß auf mich aus. Das gleichmäßige Einerlei, in welches mich das ewige Betrachten des Getreidewachsens versetzt hatte, milderte sich, und erfüllte sich nach und nach mit den Mosaikstüken grüner Berge, weißer Städte, leuchtender Landhäuser, und vermannigfaltigte sich durch die tausend fremder Angesichter, die mir begegneten,

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