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Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Allgemeinheit des Ganzen heraus, sondern waren in ihrem Grau wie über dem Hause schwebende Steine. Das ältere Holzwerk, welches angebaut war, erschien ebenfalls in der aschenhaften Farbe, so daß das weiße Haus und das frische Grün der Bäume und Gewächse in der Unendlichkeit und Breite dieser einförmigen Umgebung von ferne aussah wie eine weiß und grün gestikte Rose auf grauem Grunde. Und über das Ganze war ein so tiefes Schweigen ausgebreitet, daß gerade die Feierlichkeit der Oede durch dieses menschliche Haus eher vermehrt, als vermindert wurde.
    Wie es mir jedes Mal geschieht, daß, wenn ich einmal im Gehen bin, ich immer weiter gehe, so geschah es mir auch hier. Ich beschloß, da ich diese Ansicht genossen hatte, nun noch höher zu steigen, um eine noch weitere zu genießen. Ich wollte
    wo möglich den höchsten Kamm der Felsen zu erreichen suchen. Derselbe lag in jener Reihe, die sich im Norden des Hauses dahin zog. Ich ging frisch an die Unternehmung, und harrte troz der größer werdenden Hize aus. So gelangte ich endlich auf die Schneidelinie des Gesteins, von der ich auch in die jenseitigen Gegenden hinab sah. Ich sah aber auch die ganze Linie des Weges, auf dem ich gestern von dem Bühel des Hieronimus bis hieher gegangen war. Ich erblikte Spize an Spize in demselben Grau, wie bisher; nur weit draußen zwischen matten Zinken lag das frische Blau sehr ferner Berge, wie ich es in meiner Heimath zu sehen gewohnt war. Den Dunststreifen der Lombardie sah ich nirgends, ich wußte auch gar nicht, in welcher Richtung er sein sollte.
    Ich sah rechts, ich sah links in verschiedenen Richtungen. Uiberall war die größte Mannigfaltigkeit der Gestalten, und überall doch die größte Gleichmäßigkeit, und überall das blauliche Heraufdämmern der Schatten aus den Gründen.
    Als ich lange gestanden war, und als ich lange herum geschaut hatte, und als die Sonne bereits schon einen großen Theil ihres Vormittagsbogens zurük gelegt hatte, dachte ich an den Rükweg. Ich wollte denselben nicht auf den Umkreisen, auf denen ich herauf gekommen war, zurük legen, sondern ich sah mich nach der geradesten Richtung um. Allein diese hatte die größten Schwierigkeiten, und ich wäre in üble Lagen gekommen, wenn mir nicht meine Gewandtheit im Bergsteigen, die ich mir in meinen Jünglingsjahren erworben hatte, beigestanden wäre. Nach dem verwikeltsten Klettern in gebrochenen und in zertrümmerten Linien kam ich endlich nicht weit von dem Rauche, wo Rikar die Erden brennen läßt, herunter, und ging auf dem straffen und schwellenden Rasen dem Hause zu.
    Als ich in meine Zimmer gekommen war, sah ich, daß dieselben nicht mehr meine Zimmer von gestern waren. Alles war in denselben im Laufe des Vormittages verändert worden, und ich traf noch die Leute, welche eben im Begriffe waren, die Veränderungen zu vollenden.
    Auf mein Befragen antwortete der Mann, den ich schon gestern als Gärtner oder dergleichen beim Aufdeken zu meinem und Rikars Abendmale bemerkt hatte: »Eigentlich hat uns Signora Maria schon am Morgen in der Halle unten, da ihr mit ihr in den Garten ginget, den Auftrag gegeben, diese Geräthe nach und nach in die Zimmer zu tragen; aber da der Zimmerschlüssel nicht in seinem Behältniße lag, konnten wir nichts thun. Deßhalb haben wir es jezt bewerkstelliget, da ihr aus waret, damit wir euch nicht beunruhigten. Nur noch die Sessel sind herein zu stellen, und dann sind wir fertig.«
    Also das war es, dachte ich, was sie am Morgen, da sie den Strohhut genommen hatte, noch zu befehlen gehabt hatte, und darum war es, daß sie mir sagte, daß ich den Schlüssel immer in sein Fach legen sollte.
    Man hatte mich nicht nur besser eingerichtet, sondern meine zwei Zimmer auch noch mit einem dritten vermehrt. Die Thür nehmlich, vor welcher der Kasten gestanden war, war geöffnet, und ich konnte in das angrenzende Zimmer gehen, dessen Fenster nach Norden schauten, und mir die Felsenwand, und den Rauch vor ihr, der etwas näher herwärts war, und den funkelnden Strahl des Springbrunnens ganz in meiner Nähe zeigten. Die Geräthe, die ich jezt hatte, waren ganz neu. Was zur Annehmlichkeit und Bequemlichkeit beitragen konnte, war da. Ein anderes Bettgestelle, andere Sessel, andere Kästen, schöne Tische, ein Sopha mit schwellenden Kissen, ein Schreibtisch mit allem Nothwendigen versehen, eine Wanduhr, die ihr geselliges Piken ertönen ließ, Vorhänge, die in blendender Weiße die Fenster dekten, und die Zimmer mit

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