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Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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wurde das Haus nicht etwa ein Denkmal, sondern es waren da Dinge aus den verschiedensten Zeiten beisammen und stachen von den auf die Wände gemalten Schäfern und Schäferinnen widerspänstig ab. Nach seinem Tode zerfielen sie völlig. Sie waren vom Wind und Regen verwittert, die Fugen ließen nach, manches hing nur lose zusammen, und fiel, wenn wir es rükten, in einen Haufen Trümmer. Wir nahmen, was zu gebrauchen war, und räumten unsere Habseligkeiten ein. Wie manches Fach wurde nun mit unsern gewöhnlichen Dingen gefüllt, das einst zu einem ganz andern Gebrauche bestimmt war. Das Aeußere des Hauses sah auch sehr übel aus. Es hatte schwarze ausgebrökelte Mauern, von denen manches große Stük im Grase lag. Die Thore waren theils geschwunden, daß kein Riegel paßte, theils standen sie unbeweglich in verrosteten Angeln. Die Bäume des Großvaters waren verwüstet, und vom Sturme gepeitscht. So war es, und da sollten wir nun leben und bis zum Ende unseres Lebens bleiben. Gleichwohl sahen wir alle ein, daß es geschehen müsse. Wir ließen zuerst das Dach und die Fenster und die Thüren herrichten, daß wir wenigstens von Außen gesichert wären, und dann gingen wir daran, uns im Innern eine Wohnung zurechte zu machen. Wir ließen das Nothwendigste in Stand sezen, und zogen uns in wenige Zimmer zurük. Als dies geschehen war, nahmen wir noch einen alten Mann mit einem Maulthiere zu uns, welcher alle Geschäfte des Thales für uns zu verrichten hatte. Nach allen diesen Anordnungen, da wir nun heroben in unserem einsamen Hause wohnten, war es an der Zeit, daß wir auf die Mittel, welche uns nach dem Unglüke noch geblieben waren, einen aufmerksamen Blik richteten. Ich legte die Summe, die von dem Erlöse unserer Verkäufe nach Abzug der Auslagen noch da war, den Meinigen vor. Nach den bündigsten und genauesten Rechnungen zeigte sich, daß wir von ihr, wenn wir sie nach und nach aufzehrten, acht bis zehn Jahre leben könnten, das heißt, in äußerster Sparsamkeit, dann aber gar nichts mehr besäßen, als das alte Haus auf der Haide. Wollten wir hingegen die Summe sogleich auf Zinsen austhun, und sollten wir die höchsten dafür bekommen, so zeigte sich, daß wir bei der allergrößten Beschränkung nicht davon zu leben vermochten. Es war also eine große Besorgniß vorhanden, und wir mußten ernstlich darauf denken, was nun zu beginnen sei. In dieser Zeit fing meine Gattin an, Camilla, die uns oft in früheren Jahren mit ihrem Geigenspiele ergözt hatte, und von der uns manche nähere Freunde versichert hatten, daß sie besser spiele, als viele berühmte Meister, zu quälen, daß sie öffentlich auftreten, und zu dem vorhandenen Vermögen so viel hinzu
    erwerben möge, daß die Familie für die Zukunft gesichert sei. Wir hatten sie sonst immer gerne gehört, und uns Eltern waren ihre Töne sehr lieblich in das Herz gegangen, ohne daß wir darauf gedacht hätten, diese Töne auch für Fremde preis zu geben: als aber jezt diese Zumuthung an Camilla erging, weigerte sie sich, darauf einzugehen, vergoß einen Strom von Thränen, und konnte sich nicht entschließen. Als die Sache öfter angeregt wurde, weigerte sie sich zwar nicht mehr geradezu, aber sie hatte rothe Augen, ein abgehärmtes Antliz, und bleiche Wangen. Da sagte eines Tages Maria, die damals noch nicht völlig achtzehn Jahre alt war: »Vater, ich werde etwas beginnen, was uns aus der Besorgniß und aus der Noth heraus reißen wird.« Auf die Frage, was denn das sei, antwortete sie: »Ich werde einen Obst- und Gemüsegarten, überhaupt eine Pflanzenwirthschaft hier anlegen, werde die Erzeugniße verkaufen, davon werden wir leben, und für die Zukunft etwas zurük legen.« Wir schauten das Kind an, und sagten, das sei wohl ein verunglükter Gedanke, da hier das Erdreich besonders unfruchtbar sei, da wir von den Orten des Verkehres abgelegen wären, da die Pflanzenpflege überhaupt nur sehr kümmerlich nähre, und da wir zulezt ein zu kleines Stük Land um das Haus besässen, als daß damit etwas anzufangen wäre. Hierauf antwortete sie: »Ich habe auf das alles schon gedacht, aber die Erde muß durch sehr sorgfältige und außerordentliche Mittel, die ich aus Büchern lernen werde, verbessert werden, so zwar, daß sie besser sei, als jede andere, welche sich in der Gegend befindet. Zu dem Verkehre müssen die einfachsten und wohlfeilsten Mittel angeschafft werden, die sich selber wieder von den Abfällen der Pflanzen erhalten. Weil wir abgelegen sind, so

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