Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
Antrage. Aber Alle stürmten auf mich ein, sie sagten, ich dürfe keine Widerrede machen, es dürfe einmal nicht sein, und man werde zur Theilung schreiten.
    »Wenn eine solche Sache beliebt wird, und wenn Allgemeinheit unter uns eingeführt wird,« sagte Alfred, »so ist meine Freude und mein Vergnügen noch größer.«
    »Er ist zu Hause ein Landwirth, wie wir hier,« sagte Maria, »und wenn Sie in den Kisten, die in der Halle stehen, landwirthschaftliche Gegenstände haben, wie Sie sagten, und er einige brauchen kann, so muß er auch davon noch nehmen, nicht wahr?«
    »Freilich,« sagte Alfred, »und es freut mich doppelt, daß der Gast dieses Hauses ein Landwirth ist. Es sind viele Gegenstände in den Kisten, er kann sich auswählen, und wenn er mir die Ehre seines Besuches in meiner Behausung angedeihen lassen will, so muß er manches als Erinnerung an diese Gegend annehmen, und es nach seiner Heimath schiken.«
    »Mengt nicht neue Dinge ein,« sagte die Mutter, »sondern laßt uns zur Erledigung der alten schreiten. Ich stimme zuerst. Nehmt diesen Lichtschirm, gebraucht ihn manchmal, wenn ihr an langen Winterabenden zu Hause bei eurem Arbeitstische sizt, und etwas schreibt oder leset, und erinnert euch dabei an uns.«
    Mit diesen Worten legte sie ihren schönen Lichtschirm auf die Stelle des Tisches, an welcher ich stand.
    Rikar stimmte der zweite. »Nehmt dieses Fernrohr,« sagte er, »unter allen Dingen, die ein Reisender nöthig hat, ist dies eines der nöthigsten und zwekmäßigsten, namentlich für einen, der nicht Geschäfte halber reiset, sondern ansehen will, und insbesondere Gegenden und Fernen ansehen will.«
    Ich erwiederte hierauf: »Nein, Rikar, dieses kostbare Instrument kann ich nicht annehmen; es dient euch selber sehr gut, und ihr erinnert euch ja, daß ich ohnedem ein gutes Fernrohr mit mir führe.«
    »Eben darum sollt ihr es nehmen,« sagte er, »weil an dem eurigen etwas brechen und es zeitlich untauglich machen kann. Ich habe denselben Grund wie ihr, ich habe ebenfalls schon ein sehr gutes Rohr. Und der lezte Grund, den ich habe, ist der, daß ihr es annehmen müßt.«
    Er legte mit diesen Worten das Rohr zu dem Lichtschirme.
    »Ich weiß nicht, was ich von meinen Dingen geben soll,« sagte Camilla, »aber Sie sind ein so guter Kenner von Geigentönen, daß Sie zu Hause gewiß auch nicht anders, als vortrefflich spielen. Ich gebe Ihnen daher von diesem Geigenharze und theile die Saiten mit Ihnen.«
    »Ich kann eigentlich nicht theilen,« sagte Maria, »da ich lauter Ganze erhalten habe; aber ich gebe Ihnen ein Ganzes, nämlich diese Bücher, sie sind unvergleichlich ausgestattet, stellen Sie dieselben in Ihre Sammlung, und denken Sie an uns. Weil ich den Inhalt nicht entbehren kann, so wird Alfred schon so gut sein, mir anzugeben, wo ich sie wieder bekommen kann.«
    Mit diesen Worten reichte sie mir das französische Werk hin, das ihr Alfred gebracht hatte, und das sehr kostbar gebunden war.
    »Und daß er nicht blos etwas von den einzelnen Gaben habe, die uns zugedacht worden sind, sondern auch von den allgemeinen,« sagte die Mutter, »so wollen wir ihm noch diesen Teppich geben, der die Bestimmung haben soll, daß er ihn zu Hause unter seinen Schreibtisch lege.«
    »Ja, den Teppich müssen Sie noch nehmen, den müssen Sie noch nehmen,« sagten die Mädchen.
    Man schob ihn auf dem Tische gegen meinen Plaz hin.
    Ich war nun im äußersten Grade verlegen und sagte: »Nein, diese Sachen kann ich unmöglich alle annehmen, sie sind zu viel. Ich bin durch die Mittheilung aller jezt reicher geworden, als die einzelnen Gebenden.«
    »Wenn ihr reicher geworden seid,« antwortete die Mutter, »so ist das ganz natürlich; denn wem mehrere andere geben, der kann leicht etwas mehr haben, als die Einzelnen. Aber wem von uns könnt ihr etwas zurük geben, ohne ihm wehe zu thun? Nehmt es daher so freundschaftlich an, als es geboten worden ist.«
    Das Wohlwollen und die Güte Aller war so unverkennbar und eindringend, daß es unzart gewesen wäre, sich noch gegen irgend etwas zu weigern; ich schämte mich, daß ich es schon gethan habe, und nahm die Sachen mit Freude und mit der Aeußerung des Dankes an.
    »Jezt aber, Kinder,« sagte die Mutter, »müssen wir den Tisch abräumen und diese Sachen wegschaffen. Alfred hat sich zu Mittag eingeladen, die Zeit rükt heran, und der Tisch muß zu andern Zweken benüzt werden. Ich dächte, Jedes sollte sich seine Sachen auf seine Zimmer bringen lassen, daß hier

Weitere Kostenlose Bücher