Zwei Seiten
da.«
Einen Schmollmund machend, ließ er mich los. Danach verschwand er in Richtung der Männertoiletten.
Als ich an der Bartheke auf die Bedienung wartete, tauchte Julia neben mir auf. »Er hatte ein bisschen zu viel heute Abend.«
Ich spielte mit einem herumliegenden Bierdeckel. »Ich mag es nicht, ihn zurückweisen zu müssen, aber er ist wirklich etwas aufdringlich, um ehrlich zu sein.«
Julia lehnte sich mit dem Rücken an die Theke und betrachtete mich. »Er war sehr nervös wegen heute Abend. Da hat er sich Mut angetrunken und es scheinbar etwas übertrieben.«
Ich nickte. Die Bedienung kam und ich bestellte einen Wodka Red Bull. Kaum hatte ich bezahlt, begann ein neues Lied.
»Das ist mein Lieblingssong.« Julias Blick sprang zwischen mir und dem Boden hin und her. »Willst du … tanzen?«
Warum eigentlich nicht? Es war ja nur Tanzen. Und ich hatte mir vorgenommen, mir Mühe im Umgang mit Julia zu geben. Ich trank meinen Drink in einem Zug aus, stellte das Glas auf die Theke und folgte Julia zur Tanzfläche. Zwar achtete ich darauf, ihr nicht zu nahe zu kommen, aber abgesehen davon, war ich zum ersten Mal, seit ich von Julias … Neigung wusste, entspannt in ihrer Gegenwart.
Das nächste Lied war auch perfekt für die Stimmung, und wir sangen laut mit.
Ich stoppte, als mir bewusst wurde, was ich da sang. Bei der Stelle »be my baby« hatten wir einander angesungen. Oje. Meine Wangen wurden ganz heiß. Ich winkte in Richtung der Theke, bevor ich hastig die Tanzfläche verließ. Das hatte Julia sicher missverstanden. Ich musste Oliver finden. Sie musste sehen, wie wir einander küssten. Dann würde sie verstehen, dass ich mitgesungen hatte, ohne nachzudenken.
Doch Oliver war nirgends zu sehen.
Nach etwa zehn Minuten hatte ich ihn immer noch nicht gefunden. Also fragte ich Daniel und Nathalie. Ich störte die beiden nur ungern.
Sie standen in einer dunklen Ecke und küssten sich ziemlich wild.
Aber ich machte mir langsam Sorgen um Oliver. Und Julia wollte ich nicht fragen.
»Ich hab weder Oliver noch Anja in der letzten Zeit gesehen«, meinte Daniel und zu dritt beschlossen wir, auf die Suche zu gehen.
* * *
Als wir die beiden fanden, traute ich meinen Augen kaum.
Anja saß auf Olivers Schoß in einer Ecke nahe der Garderobe und sie küssten einander leidenschaftlich.
Oliver sah mich, bevor Anja es tat. Sofort schob er Anja zur Seite, stand auf und torkelte in meine Richtung. »Es is‘ nich‘, wonach es aussieht«, lallte er hastig.
»Oliver, wir haben keine Beziehung. Du kannst machen, was du willst«, sagte ich, aber meine Stimme zitterte. Noch nicht mal richtig zusammen und schon betrogen.
»Sie hat ohne Vorwarnung angefangen, mich zu küssen.«
»Du armes Opfer«, rief Nathalie.
Selbst Daniel starrte Oliver mit zusammengekniffenen Augen an.
Nathalie hakte sich bei mir ein und zog mich weg. »Lass uns Spaß haben.«
Daniel folgte uns.
* * *
An der Theke bestellte uns Nathalie doppelte Tequila.
Wir leckten das Salz von unseren Handrücken und tranken den Schnaps in einem Zug aus. Anschließend lutschten wir an den beiliegenden Zitronenscheiben.
»Bah.« Ich verzog das Gesicht. »Warum lass ich mich von dir immer zu so was überreden?«
Nathalie zuckte mit den Schultern.
In diesem Moment tauchte Julia auf. »Alles okay?«, fragte sie, während ihr Blick zwischen Nathalie und mir hin- und herwanderte.
War es so offensichtlich, dass was passiert war?
Daniel zog sie zur Seite und sagte ihr etwas ins Ohr, das ich nicht verstehen konnte, weil die Musik zu laut war.
Julia riss die Augen auf und glotzte ihn an.
Dann begannen die Geschwister ein Streitgespräch, in dessen Verlauf sie wild herumgestikulierten.
Schließlich stapfte Julia davon.
* * *
Julia tauchte plötzlich neben mir auf und ich zuckte zusammen.
Nathalie reichte mir wenige Momente später das dritte hochprozentige Gesöff und ich leerte es in einem Zug, um mich wieder zu beruhigen.
Daniel rückte näher. »Was hast du gemacht?«
Julia hielt ihm ihre flache Hand vor die Nase.
Ich ergriff sie. Die Hand war leicht gerötet. Was hatte sie getan? Mit offenem Mund starrte ich Julia an. Als Oliver mit einer deutlich geröteten Wange vor uns auftauchte, sprang mein Blick zwischen den Zwillingen hin und her. Wie hatte Julia bloß ihren eigenen Bruder schlagen können? Dieses Rumgeknutsche betraf sie doch nicht einmal selbst.
In diesem Augenblick wurde mir bewusst, dass ich immer noch Julias Hand hielt. Hoffentlich
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