Zwei Seiten
pass‘n.« Ich schaute mich im Gang um. Was suchte ich noch mal?
»In deinem Zimmer?«
Ich runzelte die Stirn. »In meinem Zimmer, was?«
»Sachen. Von deinem Ex. Für mich.«
»Oh, ja.« Ich hielt mich an der Wand fest, während ich langsam zu meinem Zimmer wankte.
»Brauchst du Hilfe?«, rief mir Julia hinterher.
»Nein. Geht schon. Kannst ja schomma duschen.«
Es dauerte einen langen Moment, bis ich ein »okay« hinter mir hörte.
Ich dachte nicht weiter darüber nach und kämpfte mich den Gang entlang. In meinem Zimmer fand ich nach endlos scheinender Suche im Kleiderschrank Shorts und ein T-Shirt, die Julia passen konnten. Der lange Weg zurück zum Bad war auch irgendwann geschafft und ich pochte mehrfach gegen die Tür. Als von innen etwas zu hören war, was so ähnlich klang wie »herein«, stolperte ich ins Bad und starrte auf die Duschkabine aus Milchglas.
Nette Silhouette. Ich kicherte über den gedanklichen Reim.
»Leg die Sachen bitte auf den Toilettensitz.« Julias Worte rissen mich aus meinen Gedanken.
»Okay«, murmelte ich und legte die Klamotten hin.
Julia quiekte und ich zuckte zusammen. »Was‘n los?«, fragte ich.
»Mist, verdammt. Das Wasser ist plötzlich kalt. Gott, ist das eisig. Und meine Haare sind noch voller Shampoo.«
»Tut mir leid. Hab wohl zu lang geduscht.«
Ich bekam keine Antwort.
Erst kotzte ich Julia voll und danach ließ ich bloß kaltes Wasser für sie übrig. Irgendwie musste ich versuchen, das wieder gutzumachen. »Ich mach Tee, damite dich gleich aufwärmen kanns‘.«
»Kriegst du das hin?«
»Ich hab swar ganz schön ein‘ im Kahn, aber das würd ich sogar im Schlaf hinkrieg‘n.«
»Verbrenn dich nicht.«
Die Sorge in Julias Stimme rührte mich. Meine Gedanken wurden von einem erneuten Quieken unterbrochen, und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Ich bin dann ma‘ wech.«
»Okay.«
Ich schloss die Badezimmertür und wankte Richtung Küche. Dort angekommen, setzte ich mich einen Moment hin, senkte den Kopf und schloss kurz die Augen.
* * *
Unter mir bewegte es sich. Jemand hielt mich. Ich riss die Augen auf. Oh nein, ich hing in Julias Armen, und sie stand vor meinem Bett. Das passierte doch nicht wirklich, oder? Hilfe! Mit aller Kraft wehrte ich mich und Julia fiel mit mir aufs Bett.
»Verdammt, was machst du?« Julia ließ mich los und stand auf.
»Was zum Teufel haste mit mir gemacht?« Gott sei Dank war ich aufgewacht. Wer weiß, was sie sonst …
»Du bist in der Küche eingeschlafen. Ich habe versucht, dich zu wecken. Und als du nicht aufgewacht bist, habe ich dich in dein Zimmer getragen. Als Nächstes hast du mich angegriffen.«
»Ich hab dich nich‘ angegriffen. Ich dachte, du greifst mich an.«
»Ich habe die Schnauze voll«, rief Julia. »Die ganze Zeit gebe ich mein Bestes, um nett zu dir zu sein. Ich versuche, dich nicht anzufassen, bin vorsichtig, was ich sage, verdammt, ich trau mich ja kaum, dich anzusehen.«
»Du schaust mich verdammt oft an, dafür dasse dich angeblich nich‘ traust, mich anzusehen.«
»Jetzt reicht‘s.« Julia warf die Arme nach oben. »Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Homophob oder nicht, betrunken oder nicht, du bist nicht unwiderstehlich, weißt du? Und nur zu deiner Information: Ich würde nicht mal was mit dir anfangen, wenn du die letzte Frau auf der Welt wärst. Da würde ich lieber im Zölibat leben.« Mit diesen Worten stapfte Julia zur Tür.
»Warte.« Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Julia blieb stehen, drehte sich aber nicht um.
»Ich … ich weiß, ich benehm mich furchtbar. Du versuchst, nett zu mir zu sein, und ich bin die ganze Zeit schrecklich zu dir. Ich hab keine Ahnung, wie ich … wie ich mich dir gegenüber verhalten soll.«
»Behandle mich ganz normal.« Julia drehte sich langsam um. »Ich werde dich nicht anmachen. Du warst deutlich genug, bezüglich dem, was du willst und nicht willst.«
Konnte das wirklich funktionieren? Konnte ich so tun, als ob Julia normal wäre? Und eine weitere Frage drängte sich mir auf: »Haste das ernst gemeint?«
Julia blinzelte mehrfach. »Was? Dass ich dich nicht anmachen werde?«
Ich schüttelte den Kopf und bereute es sofort. Der ganze Raum drehte sich schon wieder.
Julia kam einen Schritt auf mich zu.
Abwehrend hob ich eine Hand. »Mir geht‘s gut. Alles gut.« Ich brauchte einen Moment, um mich zu erinnern, worüber wir eigentlich gerade sprachen. »Was ich meinte, war: Bin ich wirklich so … unattrak
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