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Zwei Seiten

Zwei Seiten

Titel: Zwei Seiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Grey
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»Wundervoll.« Bevor ich noch einen größeren Trottel aus mir machte, beschloss ich, jetzt aber wirklich zu verschwinden. »Gute Nacht.«
    Julia rang sich mehr oder minder erfolgreich ein Lächeln ab. »Gute Nacht, Scarlett. Schlaf schön.«
    »Du auch.« Ich flüchtete aus dem Raum und eilte so schnell ich konnte in mein Zimmer. Dort angekommen schloss ich die Tür hinter mir und ließ mich aufs Bett fallen. Was war los mit mir? Ich war nicht so.
    Heterosexuell. Ich war heterosexuell. Frauen interessierten mich nicht auf diese Weise. Ich stand auf Männer. Ja, auf Männer.
    Warum spürte ich immer noch Julias Lippen auf meinen? So warm und … Ich schüttelte den Kopf. Das musste enden. Unsere Freundschaft würde leiden, wenn ich diese Verwirrung nicht in den Griff bekam. Ich musste mit jemandem sprechen, sobald ich wieder zu Hause war. Und ich hatte auch schon eine Idee.
    * * *
    Mein Blick wanderte über den menschenleeren Strand auf der anderen Seite der Glasfront.
    »Schmeckt dir das Essen nicht?«, fragte Julia
    Ich schaute auf und betrachtete Julia auf der anderen Seite des Tisches. »Nein. Nein, es ist lecker.« Ich rang mir ein Lächeln ab und nahm einen Bissen von meinem Brötchen. Eigentlich hatte ich keinen Hunger. »Es ist echt lieb von dir, mich zu einem Neujahrsbrunch einzuladen. Es ist ganz toll hier.«
    Julia erwiderte kurz mein Lächeln. Danach betrachtete sie intensiv ihr kaum angerührtes Croissant.
    Es war albern. Schon den ganzen Morgen war ich nervös und angespannt in Julias Nähe. Warum konnte ich den Kuss nicht vergessen? Ich atmete frustriert aus, und Julia lugte für einen Moment auf, bevor sie wieder auf ihr Essen starrte. Jetzt wo ich so drüber nachdachte … Julia war heute auch komisch.
    Sie schaute mich nie lange an, redete kaum. Ihre Hände waren ständig in Bewegung und offenbar wahnsinnig interessant zu beobachten.
    Ob sie der Kuss auch beschäftigte? Verdammt, ich musste aufhören, ständig darüber zu grübeln. Sobald wir zurück waren, würde ich mit jemandem über diese ganze Sache sprechen. Bis dahin dachte ich einfach nicht mehr drüber nach.
    Worüber konnten wir jetzt sprechen? Das Wetter? Ich glotzte aus dem Fenster. Kalt, windig und grau. Wie erstaunlich an der Nordsee Anfang Januar. Und wie wäre es mit …? »Hast du dich mittlerweile entschieden, wo du nach dem Praktikum anfangen willst?«
    Julias Blick schnappte zu mir. »Zwei Abteilungen haben mir eine Stelle angeboten.«
    »Wirklich? Das ist ja klasse. Und welche?«
    »Gynäkologie und Chirurgie.«
    »Aber du bist doch erst seit einem Monat in der Chirurgie.«
    »Schätze, ich mache einen guten Eindruck«, sagte Julia grinsend und biss von ihrem Croissant ab.
    »Und was willst du tun?«
    »Weiß nicht. Die Arbeit in der Chirurgie kommt mir irgendwie wie Metzgerarbeit vor.«
    Bilder aus dem Fernsehen schossen mir durch den Kopf und ich hörte auf zu kauen.
    »Aber der Schwerpunkt der zwei gynäkologischen Stationen in meinem Krankenhaus liegt im Bereich der Onkologie. Die anderen klassischen Felder werden etwas vernachlässigt.« Mit dem Croissant gestikulierend sagte sie: »Auf der anderen Seite hätte ich, wenn ich Chirurgie wähle, auch die Möglichkeit, etwas in die Herz-Thorax- und Gefäßchirurgie reinzuschnuppern. Das ist eine tolle Gelegenheit und wirklich interessant.« Julia beugte sich nach vorne und fragte: »Was hättest du lieber als Freundin? Eine Gynäkologin oder eine Chirurgin?«
    Wie sollte ich darauf antworten? »Was macht dir mehr Freude?«
    »Beantworte meine Frage nicht mit einer Gegenfrage. Sag schon. Was wäre dir lieber?«
    Spontan wollte ich Chirurgin sagen. Es schien besser zu ihr zu passen. Was sollte diese Frage eigentlich? Nathalie hätte mich so was nie gefragt. Oder?
    »Also?«
    »Chirurgin?«
    »Und warum?« Julia steckte sich das letzte Stück ihres Croissants in den Mund.
    »Es passt besser zu dir, glaube ich. Kannst du das Fachgebiet wechseln, wenn es dir nicht gefällt?«
    »Klar. Das ist wie beim Studienfachwechsel. Möglich ist das immer.«
    Ich nickte. »Und? Was wirst du tun?«
    »Ich werde die Stelle in der Chirurgie annehmen.«
    Was? Ich ließ mein Brötchen sinken. Das machte sie doch nicht wirklich, weil ich das gesagt hatte, oder? »Einfach so?«
    »Einfach so. Na ja, nicht ganz. Ich hab viel darüber nachgedacht, und beides hat seine Vor- und Nachteile. Manchmal gibt es keine logische Entscheidung. Dann muss man eben aus dem Bauch heraus handeln. Und was das betrifft,

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