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Zwei Seiten

Zwei Seiten

Titel: Zwei Seiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Grey
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Lindner.« Sie ergriff meine Hand. »Wenn Sie mitkommen, können wir uns in Ruhe unterhalten.«
    Ich nickte und folgte ihr. Gott, die war doch kaum älter als ich. Und mit der sollte ich reden? Hatte die überhaupt schon ‘nen Abschluss? Ob ich fragen sollte?
    »Sie hatten Glück, so kurzfristig einen Termin zu bekommen. Wenige Minuten vor Ihrem Anruf gestern hat jemand abgesagt.«
    Wen interessierte das denn? Ich rang mir ein Lächeln ab.
    Nach langem Fußmarsch durch ein Labyrinth von Gängen öffnete Frau Lindner eine Tür, und ein Raum mit rustikalem Holzinventar, zwei tropischen Pflanzen und Räucherstäbchen auf der Fensterbank kam zum Vorschein. Zwei Holzstühle standen von einem kleinen, ebenfalls hölzernen Couchtisch getrennt. Wie Öko.
    »Setzen Sie sich, bitte.« Die junge Frau schloss die Tür, und nachdem ich mich gesetzt hatte, nahm sie mir gegenüber Platz. »Was kann ich für Sie tun?«
    Mir Ihr Alter und Ihre Qualifikation verraten? »Ähm …« Jung und gut aussehend. Na ja, soweit ich das beurteilen konnte. Psychologen sahen anders aus. Ob sie nur Praktikantin war? Schulterlange dunkelblonde Haare, grüne Augen und weiche Gesichtszüge … wenn alle Psychologinnen heutzutage so aussehen würden, begäben sich mehr Männer in Therapie. Die sich unter ihrer lässigen Kleidung abzeichnende Figur wirkte nicht dürr, aber dünn. Und die oberen drei Knöpfe ihrer Bluse…
    »Frau Winter?«
    Oh. »Entschuldigung. Diese Sache nimmt mich ziemlich mit.«
    Frau Lindner lehnte sich zurück. »Warum fangen Sie nicht ganz am Anfang an?«
    Ich räusperte mich. »Also, ich hab auf einer Party einen Mann kennengelernt. Oliver. Wir waren etwa sechs Wochen zusammen, bevor ich mit ihm Schluss machte, weil ich nichts für ihn empfand. Zumindest nicht, was ich sollte. Na, auf jeden Fall verdächtigte er mich und seine Zwillingsschwester Julia danach, etwas miteinander zu haben. Aber das war eine Lüge. So … wo war ich? Ach ja, um es kurz zu machen, ich wurde die neue Mitbewohnerin von Julia. Aber Oliver machte weiter mit den Verdächtigungen, dass Julia und ich etwas miteinander haben. Aber da ist nichts. Und … und alle anderen denken auch, wir sind ein Paar.«
    »Also Sie und Julia?«
    Ich nickte. »Und wir sind wirklich gute Freundinnen. Also beste Freundinnen. Oh, ich vergaß zu sagen, Julia ist lesbisch und ich war zu Anfang homophob. Aber da bin ich jetzt drüber weg. Glaube ich.«
    Das angestrengte Gesicht von Frau Lindner, als sie versuchte, meiner Geschichte zu folgen, wäre in jeder anderen Situation vermutlich witzig gewesen. Jetzt gerade nicht.
    »Und dann hat meine Mutter mir am Weihnachtsabend gesagt, ihre große Liebe sei eine Frau gewesen. Aber die hat sich umgebracht, weil sie nicht mit Mama zusammen sein konnte und … na ja, meine Mutter hat trotzdem oder deswegen, weiß nicht, meinen Vater geheiratet und mich gekriegt.« Ich rollte mit den Augen. »Nein. Das stimmt nicht ganz. Meine Großeltern haben sie mehr oder weniger in die Ehe mit Papa gezwungen. Mein Vater starb vor einer Weile und jetzt … jetzt denkt sie, also meine Mutter, immer noch, es sei falsch, sich ihren Gefühlen hinzugeben. Sie denkt, es sei eine Entscheidung, homosexuell zu sein. Und … und dann habe ich Julia auf den Mund geküsst, während sie schlief, und an Neujahr. Aber da war sie wach. Und jetzt bin ich durcheinander.«
    Mein hastiges Gebrabbel endete, und eine mir endlos vorkommende Weile herrschte Stille.
    Bis Frau Lindner sagte: »Es scheint derzeit eine Menge in Ihnen vorzugehen.«
    Danke, Dr. Freud. Das hätte ich auch sagen können. »Ja.«
    »Das ist nicht erstaunlich nach allem, was passiert ist. Mein Kollege sagte mir, Sie hätten am Telefon erwähnt, dass Sie Gefühle haben, mit denen Sie nicht klarkommen. Geht es dabei um die Sexualität Ihrer Mutter oder um Ihre eigene?«
    »Was meinen Sie mit meiner eigenen Sexualität? Ich bin heterosexuell.«
    Frau Lindner runzelte die Stirn. »Also möchten Sie über Ihre Mutter sprechen?«
    »Nein. Über Julia.«
    »Und was ist mit ihr? Haben Sie ein Problem damit, dass sie lesbisch ist?«
    »Nein … ja … nein.«
    Frau Lindner hob beide Augenbrauen. »Und das heißt?«
    »Ich hatte ein Problem damit, aber wir, also sie und ich, haben darüber gesprochen und eigentlich komme ich jetzt damit klar.«
    »Sie sagen ›eigentlich‹.«
    Wie sollte ich das bloß erklären? »Ich fühle etwas, das keinen Sinn ergibt.«
    »Und was ist das?«
    Ich schaute zu Boden. »Manchmal

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