Zwei Seiten
ist ein ganz besonderer Mensch. Und unsere Freundschaft ist eines der wichtigsten Dinge in meinem Leben.«
Julias Vater nickte.
»Aber ich möchte noch einmal klarstellen, Julia und ich sind kein …«
»Essen ist fertig«, rief Julias Mutter von der Küche aus.
Ich schüttelte den Kopf und stand auf. Lief denn hier gar nichts, wie es sollte?
»Bist du in Ordnung?«, fragte Julia flüsternd, als ich an ihr vorbeiging.
Ich betrachtete sie einen Moment lang und beugte mich dann zu ihr vor. »Lass mich nie wieder allein mit einem von ihnen.«
»Ich werde mein Bestes tun«, murmelte sie grinsend.
Kapitel 20
Ich ließ einen leisen Seufzer entweichen. Die Sonne war schon vor einer Weile untergegangen. Julias warmer Körper dicht neben mir und das schwache Licht und Knistern des Kamins hinter uns ließen mich vollkommen entspannen. »Was für ein Jahresausklang.«
»Mmh?«
Ich schaute neben mich und musste grinsen, als ich Julias halb offene Augen sah. »Das Wellnessprogramm im Hotel heute war echt traumhaft.«
Julia lächelte, sagte aber nichts.
»Hätte ich schon früher gewusst, wie toll Wellness sein kann, hätte ich Nathalie schon vor Jahren in einen dieser Wohlfühltempel geschleppt.«
»Sie hätte sich sicher nicht gewehrt«, sagte Julia schmunzelnd.
»So viel ist mal sicher.« Ich rutschte ein bisschen näher zu Julia und legte den Kopf auf ihre Schulter. Das vergangene Jahr war nicht immer leicht gewesen. Unglaublich viel war passiert. Alles hatte sich verändert. Nur Julia nicht. Was auch passierte, auf sie konnte ich mich verlassen. Ihr konnte ich vertrauen.
Was wohl passiert wäre, wenn wir einander niemals begegnet wären? Eine furchtbare Vorstellung. Mir lief ein kalter Schauer den Rücken runter und ich schüttelte mich.
»Ist dir kalt?«, fragte Julia und zog mich etwas näher zu sich. Jetzt, gerade in diesem Augenblick, brauchte ich ihre Nähe, also nickte ich, obwohl mir eigentlich schon ziemlich warm war, mit dem Kaminfeuer hinter uns. Wir waren einander so nahe, dass ich fast auf Julias Schoß saß. Ich vergrub das Gesicht in ihrem Nacken und seufzte erneut.
»Bequem?« Julia klang amüsiert.
»Ja.«
Julia lachte.
»Was ist denn so witzig?«
»Wenn wir noch eine Weile so hier rumsitzen, rutschst du … man könnte sagen auf mir ins neue Jahr.«
Ich hob den Kopf und gab ihr einen Klaps aufs Schlüsselbein.
»Hey«, protestierte Julia.
»Das klang irgendwie versaut.«
Julia hob eine Augenbraue. »Findest du?«
Wir lachten und ich rückte etwas von Julia ab.
»Wie spät haben wir eigentlich genau?«, fragte ich und suchte im Panoramaraum des Strandhauses nach einer nicht vorhandenen Wanduhr.
Ein kurzer Blick auf ihre Uhr, und Julia kicherte.
»Was?«
»Du bist auf meinem Schoß ins neue Jahr gerutscht.«
Was? »Es ist schon Neujahr?« Warum hatte ich draußen denn nichts gehört oder gesehen? Dass wir von hier aus kein Feuerwerk sehen konnten, war klar, weil der Panoramaraum einen Blick auf den Strand und das Meer bot, aber ich hatte nicht mal Kirchenglocken gehört.
»Gleich zwei nach zwölf.« Julia drehte sich mehr zu mir und schaute mich mit leuchtenden Augen an. »Frohes neues Jahr, Scarlett.«
»Frohes neues Jahr, Julia.«
Etwas unsicher beäugten wir einander. Eigentlich war jetzt ein Silvesterkuss angesagt.
Nathalie hätte selbstverständlich ein Bussi auf den Mund bekommen. Aber Julia? Ach was, warum nicht? Wenn ich Nathalie einen Silvesterkuss geben konnte, dann ging das auch bei Julia.
Wir starrten einander an.
Im nächsten Moment sah ich auf ihren Mund. Mein Herz schlug wie wild, als Julias Gesicht näherkam. Ich neigte den Kopf etwas zur Seite.
Unsere Lippen berührten einander.
Meine Augenlider fielen zu. So weich. Wie Samt.
Julia lehnte sich zurück und unterbrach damit den Kuss.
Ich öffnete die Augen wieder und beobachtete, wie sich Julias Brustkorb hob und senkte, als ob sie einen Marathon hinter sich hätte. Ich blinzelte mehrfach und lehnte mich auch zurück. Danach rutschte ich etwas von ihr weg. Was war hier gerade passiert? Das war nicht nur ein harmloser Silvesterkuss gewesen. So was fühlte sich nicht so verdammt gut an. »Ich … ich gehe jetzt besser schlafen.« Oh ja, das klang toll. Ich sprang auf und hastete zur Tür. Schon halb im Gang stehend, stoppte ich und drehte mich um.
Julia betrachtete ihre Füße und spielte nervös mit ihren Händen.
»Danke für den wundervollen Tag. Es war …« Mein Blick wanderte wieder zu ihrem Mund.
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