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Zwei Seiten

Zwei Seiten

Titel: Zwei Seiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Grey
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fühlte mich furchtbar, es so zu sehen, aber für meine Mutter stimmte es. Es war eine Befreiung. »Was ich meine, ist, du kannst jetzt andere Frauen kennenlernen.«
    Meine Mutter wurde blass. »Du hast dich so verändert.«
    Ich wich Mamas Blick aus. »Ist das gut oder schlecht?«
    Sie strich mir mit dem Handrücken über die Wange. »Gut, mein Schatz. Sehr gut.« Meine Mutter seufzte. »Aber das ist nichts für mich. Nicht mehr. Vor wenigen Wochen dachte ich noch, du tust das Falsche. Dass deine Gefühle für Julia und alles, was daraus entstehen könnte, ein Fehler sind. Und dass sich die Geschichte wiederholen würde.«
    Vielleicht hatte sie damit gar nicht so unrecht. Mein Verstand schrie, wie falsch es war. Aber warum sagten meine Gefühle das Gegenteil? Wenn ich doch nur Klarheit hätte. »Was ist passiert? Was hat sich geändert?«
    »Du.« Mama lächelte. »Du hast meine Sichtweise verändert. Ich dachte, wenn ich dir erzähle, was ich getan habe, wie falsch es war und wie viele Menschen ich damit ins Unglück gestürzt habe, würdest du wieder zu Verstand kommen.«
    »Ich verstehe nicht, Mama.«
    »Statt mich zu verurteilen, hast du mich getröstet. Zum ersten Mal überhaupt habe ich mich danach gefragt, ob es tatsächlich meine Schuld war. Ich begann, über alles nachzudenken. Wirklich nachzudenken. Nicht das übliche Verdrängen vermischt mit Selbstbetrug. Was, wenn nicht ich und Maria alles falsch gemacht haben, sondern unsere Eltern? Was, wenn sie … wenn sie Maria nicht vor diesen Zug getrieben hätten? Dann wäre alles anders verlaufen. Wir hätten …« Sie brach ab und schloss die Augen, um sie wenige Momente später wieder zu öffnen. »Ich werde nicht denselben Fehler machen. Ich liebe dich und werde mich niemals von dir abwenden oder dich zu etwas zwingen.« Sie schob das Kinn nach vorne. »Niemals.«
    Erneut fielen wir einander in die Arme. »Ich liebe dich auch, Mama.«
    * * *
    »Scarlett?«
    Ich schaute zu Julia, die neben mir auf der Couch saß. »Ja?«
    »Seit wir von Sylt zurück sind, habe ich das Gefühl, du meidest mich«, sagte Julia leise.
    Ich schluckte. War es so offensichtlich? »Wie kommst du denn darauf?«
    Julia zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht. Wir schauen zum Beispiel kaum mehr zusammen Filme und …«
    Ich zeigte zum Fernseher. »Aber wir schauen doch jetzt gerade einen.«
    Julia betrachtete ihre Hände. »Ich habe einfach das Gefühl, du weichst mir aus.«
    Verdammt, ich hatte Julia nicht verletzen wollen. Es war nicht ihr Fehler, dass ich jetzt schon seit über einem Monat vollkommen durcheinander war. Wie konnte ich ihr begreiflich machen, was in mir vorging? Sorry, Julia, ich liebe dich, will das aber nicht? Oh ja, guter Plan. Das sollte ich sagen.
    »Scarlett?«
    »Ich … ach, es sind nur die Prüfungen. Du weißt, ich muss noch zwei schreiben. Mir geht viel durch den Kopf im Moment.« Na ja, gelogen war das nicht. Andererseits hatte ich durch das konsequente Lernen nicht wirklich Probleme mit den Klausuren. Meine schlaflosen Nächte in letzter Zeit hatten jedenfalls nichts mit der Uni zu tun.
    Julia fixierte mich mit ihrem Blick und öffnete den Mund. Zu meinem Erstaunen kam aber nichts heraus.
    Ich tätschelte ihre Schulter und zog die Hand zurück. In letzter Zeit berührte ich Julia immer öfter, ohne nachzudenken. Es schien ihr nichts auszumachen. Zumindest sagte sie nichts dazu. Aber sie wusste ja auch nicht, dass meine Berührungen mehr als freundschaftlicher Natur waren.
    Mist, warum konnte ich diese verdammten Gefühle bloß nicht abstellen?
    Julia wandte den Blick von mir ab und starrte auf den endlos scheinenden Abspann von »Herr der Ringe«. »Du würdest mir sagen, wenn es was Anderes wäre, oder?«
    Gott, was sollte ich darauf sagen? »Sicher.« Ich guckte auf die Uhr über dem Fernseher. Es war schon nach eins. Einerseits wollte ich dieser Spannung zwischen uns entkommen, andererseits wartete auf mich vermutlich nur eine weitere Nacht ohne Schlaf.
    Julias Stimme klang irgendwie gespielt fröhlich, als sie sagte: »Lass uns doch auch noch den zweiten Teil schauen. Ich bin gar nicht müde.«
    Ich schaute zwischen ihr und dem Fernseher hin und her. Ich fand den ersten Teil von »Herr der Ringe« schon ziemlich langweilig. Hey, das war die Lösung. Nach dem zweiten würde ich sicher müde genug sein, um problemlos einzuschlafen. »Dann mal los.«
    * * *
    Es war dunkel und ich spürte etwas Warmes auf meinem Kopf. Ich blinzelte ein paar Mal und sah zum

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