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Zwei Sommer

Zwei Sommer

Titel: Zwei Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Keil
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Holzwurmbalken wehrt sich mit Eigentümlichkeiten wie diesen immer noch gegen den Einzug der Elektrizität in sein Innenleben.
    Mein Weg führt mich die Holzstufen der Treppe hinunter in Doros Arbeitszimmer, wo ihr Computer steht. Ich habe beschlossen, Pauline eine Mail zu schreiben. Vielleicht kann ich ja schlafen, nachdem ich meine Gedanken ins WWW katapultiert habe.
    Als ich mein Postfach öffne, erwartet mich aber bereits eine Mail von ihr. Betreff: Knutschen! Ich öffne die Nachricht und so wie ich Pauline kenne, kann ich mir das mit dem Schlafen wohl abschminken.
    baby,
du hast ihn! lagerfeuer, musi, rotwein – ROMANTIK!!! wenns nach mir gegangen wär, hättest du deinen süßen gitarrero gleich an ort und stelle auffuttern sollen. aber ich weiß ja, meine marie mags ehe r … dramaturgisch korrekt. erst küsschen auf die wange, dann n gedicht draus machen und dann kuss auf den mund. hauptsache, ich krieg deine gesammelten werke mal zu lesen!!!
süße, nimm dir von mir aus die zeit, die du brauchst, aber NIMM DIR, WAS DU BRAUCHST!!! mal echt, dagegen schmiert dein olli doch voll ab. ich war ja eh immer der meinung, der ist zu grau für dich. klar, er is süß (na ja, standardsüß) und bestimmt auch nich dumm und von mir aus hat er ab und zu sogar kapiert, wovon du redest. aber DICH hat er trotzdem nich kapiert!!! und du kapierst das auch noch. ich zitiere eine berühmte band: die zeit heilt alle wunder.
die großstadt ruft. bin seit gestern wieder in berlin. schon krass, zum ersten mal wieder in ner u-bahn zu sitzen. im vergleich zu meinem leben in portugal grenzt das schon an science-fiction! zippo hat gleich den fiesesten stress mit theresa gekriegt. mann, die hat vielleicht n rad ab. hat plötzlich beschlossen, dass sie die vorstellung nicht erträgt, dass er mit mir in portugal war. hat ihn ausgefragt, ob was gelaufen ist. zippo hat natürlich die klappe gehalten. er weiß ja, was er will und dass er theresa will und nicht mich und dass sie schluss machen würde, wenn er ihr die wahrheit sagt.
mensch, das wär doch mal n thema für meine kleine philosophin. is es immer richtig, die wahrheit zu sagen? auch wenn danach dinge passieren würden, die genauso wenig wahr sind? ich mein, theresa würde sich von zippo trennen, obwohl jeder weiß, dass zippo und theresa zusammengehören. mach dir ne platte.
aber eins weiß ich: wenn du noch mal ein lagerfeuer abbrennen lässt, ohne zu knutschen, dann mach dich auf was gefasst! denk dran, der sommer dauert nich ewig.
p.
    »Angenommen, ich würde jetzt versuchen, dich zu küssen. Was würdest du dann tun?« Jetzt, wo ich Janos gegenüberstehe, stolpert endlich der Satz über meine Lippen, den ich den gesamten Weg von Doro zum Zeltplatz vor mich hin gemurmelt habe. Ich bin heute Morgen einfach losgelaufen, Paulines Mail im Ohr und mit dem Wunsch im Bauch, den Sommer nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Pauline wäre stolz auf mich.
    »Ich würde dir sagen, dass es nicht geht«, erwidert Janos. Pauline würde ihn umbringen.
    »Und warum würdest du mir sagen, dass es nicht geht?«, frage ich, obwohl mich das Gefühl beschleicht, dass ich die Antwort gar nicht hören möchte.
    »Weil ich dir nicht wehtun will.«
    »Du tust es aber gerade!«
    »Marie, ich mag dich wirklich gern.«
    »Oh, bitte, sag’s nicht.«
    »Sehr gern. Ehrlich.«
    »Wo ist dann das Problem?«
    »Wir fahren heute.«
    Er hätte seinen Schlag in meine Magengegend nicht besser platzieren können.
    »Oh toll! Und das sagst du mir jetzt? Hattest du überhaupt noch vor, mir das mitzuteilen oder wärst du einfach abgehaun?« Ich möchte am liebsten auf dem Absatz kehrtmachen und davonrennen. Ich weiß, dass das ein ganz natürliches weibliches Bedürfnis ist. Aber es ist auch ein männliches, den Frauen nicht nachzulaufen. Über so einen Mist mache ich mir Gedanken in meinen letzten Minuten mit Janos.
    »Was macht es denn für einen Unterschied? Es war doch klar, dass wir irgendwann getrennte Wege gehen.« Da spricht der Herzensbrecher, keine Frage.
    »Es macht einen großen Unterschied! Ich hätte dich nicht gefragt, ob du mich küssen willst!«
    »Du hast mich nicht gefragt, ob ich dich küssen will.«
    Ich muss lächeln, obwohl mir zum Heulen zumute ist. Ich hole sehr tief Luft, weil sich in mir ein Loch aufgetan hat, in das sehr viel Luft passt. Das so groß ist wie der ganze Planet.
    »Ich will nicht, dass du traurig bist«, versucht sich Janos an einem Satz, der nach den tröstenden Worten klingt,

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