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Zwei Sommer

Zwei Sommer

Titel: Zwei Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Keil
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weh.«
    »Scheiße, hab ich dir das etwa erzählt?«
    »Ja, am Feuer.«
    »Gott, war ich betrunken. Was hab ich denn sonst noch so erzählt?«
    »Dass du mich gern küssen würdest.«
    »Was?!?«
    »War’n Witz.«
    »Mann!« Ich spüre, wie mir die Röte ins Gesicht schießt. »Spinnst du?«
    »Ja.«
    Ich schaue ihn an und wir müssen beide lachen. Janos’ Raubtieraugen leuchten, eine Windböe verfängt sich in seinem Honighaar und trägt mein Herz über die Klippen hinweg, hinauf ins schönste Himmelblau.
    Ein Stück von mir
kennt keine Zeit,
ist noch bei dir,
verweilt
und wartet,
bis auch der letzte Tropfen
ausgegossen
über einem zahmen Frühling,
der kein Sommer werden wollte,
der nicht blühen will für mich.

Niemand lässt es Blüten regnen.
Keiner macht mehr
aus Sonne
Honig so wie du.

Zeit macht mir
noch längst keine Wunder.

Du bist nicht fort,
nur weil du lange
nicht dort warst,
wo ich noch immer stehe.

Du bist noch dort,
wo Honig süß schmeckt,
auch wenn ich
längst vergessen habe,
wie du schmeckst.
    Ich liege am Strand neben Holle und Lilli und schlage mein Notizbuch zu.
    »Schreibst’n da?«, fragt Holle und rollt sich auf den Bauch, um einen Blick in mein Buch zu werfen.
    »Nix Besonderes.« Ich schiebe das Buch unter mein Handtuch und krame aus meiner Tasche eine Ansichtskarte hervor, die ich mir vorhin am Kiosk an der Strandpromenade gekauft habe.
    »Und für wen ist die Karte?«, fragt Holle gleich und hat mein Buch Gott sei Dank schon wieder vergessen.
    »Für Lenny.«
    »Lenny? Is das dein Freund, oder wie?«
    »Nee, mein kleiner Bruder.«
    Ich habe Holles Neugier im Keim erstickt und er wälzt sich wieder auf den Rücken, um sich zu bräunen. Lilli jedoch steht auf und läuft hinüber zu Janos, der am Wasser sitzt, und setzt sich neben ihn. Ich ärgere mich schon seit Tagen über ihren schönen Bikini, den ihr wahrscheinlich irgend so ein Berliner In-Designer auf den Arsch geschneidert hat. An dieser Frau ist nichts Zufall. Das Schlimmste aber ist, dass sie sich ständig alle Mühe gibt, es zu vertuschen. Ein böser Gedanke überkommt mich, einer, für den ich mich gleich schon wieder doof finden will: Wenn ich so öde wäre wie du, Elisabeth, dann würde ich auch hoffen, dass mich jeder gleich Lilli nennt. Aber du wirst keine Lilli – und wenn du dich auf den Kopf stellst.
    Ich verfluche den Wind, der ihre langen braunen Haare dramatisch verweht.
    Kaum dass ich mich wieder umgedreht habe, höre ich Möchtegernlilli auch schon laut lachen.
    Ich versuche an nichts Böses mehr zu denken und widme mich meiner Karte an Lenny.
    Hallo, Lenny,
ich liege gerade am Meer. Wenn du die Postkarte zu einem Trichter zusammenrollst und an dein Ohr hältst, kannst du es rauschen hören! Hier gibt es ganz viele Quallen – iiiiiiiiiih! – zum Glück kannst du mich nicht damit bewerfen!!! Den Sand für deine Weltsanduhr hab ich schon in der Tasche. Ich weiß – ist nicht so cool wie Sand aus der Sahara, aber dafür von deiner Lieblingsschwester.
Viele Grüße an Mama, Papa und Stefan, den alten Hypochonder! (Ich bin mir sicher, Lenny wird das nachschlagen.) Marie
    Ich liege unterm Dach und obwohl der Regen an die Scheiben trommelt, kann ich nicht schlafen. Ich muss immerzu an Janos denken.
    Ich glaube, wir haben beide dieses Monster in unserem Bauch. Ich weiß nicht so genau, wie es das tut, aber es macht, dass wir uns verstehen.
    Manchmal, wenn ich Janos ansehe, ist er ganz weit weg mit seinen Gedanken. Ich spüre das irgendwie und ich weiß nicht, ob die anderen das auch merken. Als gäbe es da eine zweite Welt hinter seinen Augen, in die keiner reindarf. Ich bin mir sicher, aus dieser Welt bringt er auch die Songs mit, die Holle so mag, aber die Holle manchmal auch Angst machen, weil er kein Monster im Bauch hat, sondern Gummibärchen.
    Ich werfe mich von einer Seite auf die andere, vergeblich bemüht, das Gedankenkarussell anzuhalten, auf das ich aufgesprungen bin, als ich das Licht löschte. Ich knipse die Nachttischlampe wieder an. Anschließend krame ich in dem Klamottenberg am Fuße meines Bettes nach einem Paar Socken, ziehe es an und schleiche mich aus dem Zimmer. Ich bleibe einen Moment im Flur stehen, damit meine Maulwurfsaugen sich an die Dunkelheit gewöhnen können. Ich will Tante Doro nicht wecken, weil ich das Licht anmache. Aus irgendeinem Grund knackt es immer ganz laut, sobald man hier irgendeinen Schalter betätigt. Manchmal glaube ich, dieses alte schiefe Haus mit seinen

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