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Zwei Sommer

Zwei Sommer

Titel: Zwei Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Keil
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zynisch.
    Nach sechs Folgen Sex and the City und einer dreiviertel Flasche Chardonnay sitze ich auf meinem Sofa und starre bloß noch dieses Foto an. Marie und ich. Wir tragen Sonnenbrillen und die gleichen Haarspangen, wir tragen sogar die gleichen Ohrstecker – kleine grüne Schmetterlinge, jeder einen – und putzen uns die Zähne.
    Als ich damals auf den Auslöser drückte, wusste ich noch nicht, dass ich in diesem Augenblick den Anfang vom Ende unserer Freundschaft dokumentieren würde.
    Wie lange ist das her? Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Es kommt mir sogar so vor, als gäbe es diese Marie und diese Isa gar nicht mehr. Ja, als hätte es sie nie gegeben! Ist das der Sinn von Fotos? Uns daran zu erinnern, was wir nicht mehr sind?
    Antonia gab im Frühling wieder eine ihrer legendären Partys und ich war eingeladen. Ich bat sie darum, Marie mitbringen zu dürfen, und Antonia hatte nichts dagegen. Dabei hätte sie eigentlich allen Grund dazu gehabt, sauer auf Marie zu sein.
    Wir drei waren vor dieser Party im Frühling nur ein einziges Mal zusammen weg gewesen. Die reinste Katastrophe! Marie hatte Toni an jenem Abend im Flowers überhaupt keine Chance gegeben, obwohl sie wusste, dass mir die Freundschaft zu Toni durchaus etwas bedeutete. Marie stand trotzdem lieber den halben Abend demonstrativ angeödet an der Bar herum, statt mit uns zu tanzen, oder sie nölte in einer Tour über die Leute im Flowers herum. Sie sei umgeben von »Egowichsern« und »wandelnden Eizellen« und sie wolle jetzt nach Hause und von so viel Glamour bekäme sie schlechte Laune. Und natürlich war sie total beleidigt, als ich mich irgendwann mal dazu durchgerungen hatte, ihr zu sagen, wie unmöglich sie sich in meinen Augen an diesem Abend aufgeführt hatte. Von Toni wollte sie schon gleich gar nichts mehr wissen. Toni sei eine »anorektische Plumpskuh«, und sie habe keine Lust auf solche Leute. »Solche Leute« – das war mit Abstand die schlimmste Kategorie, die Marie immer dann ins Leben rief, wenn einer nicht in ihr Weltbild passte oder ihr sofort zu Füßen lag. Ich glaube, 9 9 Prozent der Weltbevölkerung fristen ihr unseliges Dasein in dieser Schublade.
    Ich hoffte dennoch, Marie würde vielleicht an diesem Abend bei Tonis Party ihre Meinung ändern. Immerhin wären ja noch genügend andere Leute da gewesen, mit denen sie sich hätte unterhalten können. Außerdem hatte ich eigentlich gar keine Lust darauf, Marie vom Rest meiner Freunde abzuschotten, nur weil sie sich ständig als schwer vermittelbarer Exot aufspielen musste.
    Im Nachhinein betrachtet wäre es besser gewesen, ich hätte den Exoten da gelassen, wo er seiner eigenen Überzeugung nach hingehört: in der sozialen Isolation.
    Wir saßen auf Tonis Terrasse und meine Laune war inzwischen im Keller. Meine Begleiterin Marie hatte sich zum Hauptact des Abends aufgeschwungen und hielt es nicht mehr für nötig, mich in ihr Gespräch einzubeziehen.
    » Strongbow ?«, fragte Oliver schließlich die Dichterin und ließ mich verdursten.
    Das reichte! Am liebsten hätte ich Olli die leere Flasche in meiner Hand an den Kopf geschleudert! Ich hatte genug Größe gezeigt an diesem Abend. Damit war jetzt Schluss!
    Als Olli aus der Küche kam, um Marie ihr Getränk zu überreichen, stand ich demonstrativ auf. Blöd nur, dass das Olli nicht im Geringsten zu kümmern schien.
    Was gibt es Schlimmeres, als hysterische Aktionen? Hysterische Aktionen, die keiner mitkriegt. Er sah mir nicht einmal nach.
    Ich besorgte mir in der Küche was zu trinken und ging ins Wohnzimmer. Ich war so wütend! Auf mich, auf Olli und vor allem auf Marie. Es waren meine Freunde, es war die Party meiner Freundin und es war meine Initiative gewesen, der es Marie zu verdanken hatte, überhaupt hier zu sein! Mir kam es an diesem Abend so vor, als hätte ich das mit Marie schon viel zu oft erlebt: Kaum hatte sie bekommen, was sie wollte, nämlich einen Typ, der ihr an den Lippen hing, spielte ich überhaupt keine Rolle mehr für Marie. So war es beim Abschlussball gewesen, beim Schulfest, im Becks Stage .
    Kaum stand ich eine halbe Minute unbemannt im Wohnzimmer herum, hatte ich auch schon Fabian an meiner Seite. Es gibt Dinge, auf die ist eben Verlass.
    »Hi, Isa.«
    »Hi, Fabi.«
    »Wie geht’s?«
    »Gut, und dir?«
    »Hab heut meine Fahrprüfung bestanden!«
    »Glückwunsch.«
    »Ist’n Grund anzustoßen, was meinst du?« Fabian hob bedrohlich sein Glas. Mir war weder nach Anstoßen zumute noch nach

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