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Zwei Sommer

Zwei Sommer

Titel: Zwei Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Keil
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Anstoßen mit Fabian und schon gar nicht nach Anstoßen mit Fabian auf seinen Führerschein. Aber Anstoßen auf irgendwas mit irgendwem war auf jeden Fall immer noch besser, als über die Szenen nachzudenken, die sich womöglich gerade auf der Terrasse abspielten.
    Ich fragte mich langsam echt, woher dieser Typ die Ausdauer nahm, mich immer wieder anzuquatschen. Okay, ich hatte wohl mal mit ihm geflirtet, zumindest seiner Meinung nach. Aber wenn man von einem Mädchen jedes Mal bei der nächstbesten Gelegenheit stehen gelassen wird, weil sie sich angeblich was zu trinken holen will und dann nicht wiederkommt, sollte man doch kapieren, dass dieses Mädchen nichts von einem will, oder? Der gute Fabian hatte in Herzensangelegenheiten ganz offensichtlich eine unglaublich lange Leitung.
    Egal: Ich war hochgradig übellaunig, aber trotzdem nicht bereit zu gehen. Also Fabian. Immerhin sah er ganz gut aus und immerhin war er jemand, der auf meine Anwesenheit irgendwie Wert zu legen schien.
    Eine einzige Person war es gewesen, die ich ganz und gar für mich allein hatte haben wollen an diesem Abend bei Antonia. Und ausgerechnet diese Person hatte Marie sich ausgesucht. Ich weiß, wie kindisch das klingt, und erst recht, wie kindisch ich mir dabei vorkam. Aber ich hatte mich seit Tagen so auf Olli gefreut! Er war in meinen Träumen ein- und ausspaziert, als würde er sich in meinem Kopf schon bestens auskennen. Ihr war er einfach nur – passiert. Er war nicht mehr als eine Gelegenheit für sie gewesen, ihren Augenaufschlag zu üben. Er war eine Begebenheit, die sie für eine ihrer tausend Geschichten verbraten konnte.
    Es gab eine Zeit, da mochte ich Maries Geschichten, und ich liebte es, wenn sie sie mir vorlas. Manchmal, wenn ich bei ihr übernachtete und wir unter der Bettdecke lagen, las sie mir aus ihrem Notizbuch vor. Ich hatte die Bilder gern, die sie für die einfachsten Dinge erfinden konnte, sodass sie plötzlich groß und wichtig wurden.
    Das war, bevor sie mir ihre erste Geschichte über Olli vorlas. »Als er mich ansah, habe ich nichts empfunden außer der Freude darüber, wie er mich ansieht.«
    Dieser Satz hat sich in mein Gedächtnis gebrannt, weil er mir so unendlich wehgetan hat. Dabei hätte ich selbst nicht treffender formulieren können, was Olli am Anfang für sie war.
    Sie benutzte ihn! Sie wollte verliebt sein, mehr nicht. Marie liebt es, verliebt zu sein. Und Olli war das geeignete Trainingsobjekt.
    Klar, das wäre der Zeitpunkt gewesen, ihr zu sagen, was ich für Olli empfand. Und ich war mehrmals kurz davor. Doch dann packte mich mein Stolz. Ein doofer Stolz, wenn ich sehe, zu welch riesigem Scheusal er nun herangewachsen ist und was er aus mir gemacht hat. Und trotzdem: Etwas, was sie so leicht haben konnte, obwohl sie es nicht einmal wollte, und was ich so sehr wollte und nicht bekam, wollte ich nicht mehr.
    Wollte ich nicht mehr wollen, um genau zu sein.
    Ich kriege noch heute Kopfschmerzen, wenn ich versuche nachzuvollziehen, was ich damals dachte. Denn natürlich brachte es mich immer innerlich zur Weißglut, wenn ich hörte, wie Marie über Olli sprach und wie sehr sie ihn vereinnahmte.
    Warum habe ich mich damals bloß nicht getraut, den Mund aufzumachen?
    Je länger sie über ihn sprach und je mehr Zeit ich verstreichen ließ, umso unmöglicher wurde es mir, ihr die Wahrheit zu sagen. Und spätestens, als sie sich tatsächlich in ihn verliebt hatte und nicht bloß auf dem Bogen Schreibpapier, war es zu spät gewesen für die Wahrheit.
    »Morgen, Schatz.« Meine Mutter hat einen Handtuchturban um den Kopf gewickelt und braune Pampe im Gesicht. Heilerde. In der Hand schwenkt sie ein Glas, in dem es sprudelt. Aspirin.
    Als bestünde ihr Körper nicht aus Muskeln, sondern aus dem gleichen weichen beigefarbenen Stoff wie ihr Bademantel, schwebt sie ans Fenster. Sie wirft den obligatorischen Blick in unseren Garten, zählt die Apfelbäume, die darin stehen, stellt fest, dass es immer noch genau vier sind, und erklärt ihre Welt auch an diesem Morgen für in Ordnung.
    »Hattest du einen schönen Abend, mein Schatz?«, fragt sie mit blasser Stimme und ohne mich dabei anzusehen.
    »Und du?«
    »Sehr nett, ja«, sagt sie und trinkt einen Schluck. »Sogar der Bürgermeister war da.«
    Ich stochere in meinem Müsli herum und hasse sie. An Morgen wie diesen hasse ich sie besonders. Ich hasse sie dafür, dass sie sich so gehen lässt. Ich hasse sie dafür, dass sie mich jedes Mal dabei zusehen lässt. Und

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