Zwei Sommer
sie gymnastische Übungen auf einer Steinbank vollführt.
»Ey, Leute, habt ihr euch mal die Klos reingezogen?« Peter alias Pete. Pete ist mit Olli und mir zugestiegen und während wir auf den Bus warteten, hatte es keine drei Minuten gedauert, und Olli hatte ihn irgendwie ins Herz geschlossen. Das lag nicht zuletzt an Petes endlosem Fundus an unappetitlichen Geschichten. (»Wusstet ihr, dass die in Spanien Wurst aus Eseln essen?«)
»Die Franzosen scheißen im Stehen!«, ruft er da auch schon und enthält uns eine anschauliche Pantomime nicht vor. »Und da regen sich die deutschen Frauen über Stehpinkler auf!«
Jule verdreht die Augen und hält Philipp demonstrativ die Ohren zu.
»Sollen wir dich auf dem Rückweg in Frankreich absetzen, Peter?«, fragt Markus grinsend.
»Auf gar keinen Fall! Was wird denn dann aus meiner Mission? Ich muss doch die deutschen Frauen bekehren! Die müssen erfahren, wie gut sie’s mit mir haben.« Er verstellt seine Stimme und quitscht: »Du kackst im Sitzen? Willst du der Vater meiner Kinder sein?« Oh Mann, lieber nicht.
»Machoschwein«, stöhnt Jule und legt ihre Arme um Philipp.
»Sitzpinkler, oder was?«, wendet sich Pete sofort an Philipp. Der ignoriert ihn einfach und küsst Jule lieber den Hals.
Ehe es Pete gelingt, mich in seinen Fäkalien-Small-Talk zu verwickeln, gehe ich zurück zum Bus.
Gerade als ich einsteigen will, kommt mir Olli entgegen. Ohne ein Wort zu sagen, legt er seinen Kopf auf meine Schulter und macht Schnarchgeräusche.
»Ich hab dich vermisst«, flüstert er mir ins Ohr und legt seine Arme um mich.
»Aber du hast doch geschlafen.«
»Trotzdem.«
Oh Gott, schlafverknautschte Jungs sind einfach unwiderstehlich! Zumindest schlafverknautschte Ollis. Ich schmiege mich an ihn, vergrabe meine Hände in seinen Hosentaschen und gebe ihm einen Kuss auf die Nasenspitze.
»Pärchenterror! Pärchenterror!«, schreit Pete da auch schon aus vollem Hals, sodass nun auch der halbe Parkplatz darüber informiert ist, dass Pete solo ist und unter akutem Knutschdefizit leidet. Komisch, wieso überrascht mich das nicht?
Ich hatte sofort den Verdacht, dass Pete keinen blassen Schimmer davon hat, worüber Mädchen sprechen wollen. Und vor allem, worüber sie nicht sprechen wollen. Mich hat er als Erstes gefragt, ob ich schon mal meine Initialen in den Schnee gepinkelt hätte (!). Er sei durch so eine Aktion ja zum Sprayen gekommen. Seine Initialen auf öffentlichen Plätzen wiederzuentdecken sei seit jener Nacht im Winter wie eine Sucht für ihn. Es gibt Dinge, die möchte man sich einfach nicht vorstellen.
Doch vor allem sollte Pete mal sein T-Shirt überdenken: Von 0 auf 18 in 5, 2 Sekunden! Dazu fällt einem echt nichts mehr ein.
»Maul halten!«, brüllt Jule ihm hinterher, als Pete sich die Hand vor die Augen hält und an uns vorbei in den Bus marschiert.
Irgendwie bezweifle ich, dass Jule und Pete in diesem Sommer die besten Freunde werden.
Don Juan . Wer hat dieses Hotel ausgesucht? Pete? Pete streitet alles ab.
Wir stehen im weiß gefliesten Foyer unseres Hotels in einem Meer aus Gepäck und warten darauf, dass wir uns endlich umziehen können. In Jeans bei 3 0 Grad im Schatten. Da bleiben nicht mehr viele Wünsche offen. Aber anscheinend gibt es Komplikationen mit unserer Unterbringung. Man braucht kein Spanisch zu sprechen, um Markus la complicación anzusehen. Wild gestikulierend zeigt er auf uns, die wir allesamt wie schachmatte Spiegeleier in der Pfanne schicksalsergeben und ausgetrocknet vor uns hin brutzeln.
Olli liegt auf dem kühlen Fliesenboden und hat sich sein Basecap in die Stirn gezogen. Einige Jungs halten es inzwischen nicht mehr für asozial, ihre T-Shirts auszuziehen und oben ohne auf den roséfarbenen Sofas im Foyer herumzulungern.
Jule und ich stehen bei den anderen Mädels und warten auf die erlösende Schlüsselübergabe.
Markus hat speziell uns Mädchen auf den letzten Kilometern zum Hotel noch darüber belehrt, was mit jemandem passiert, der sich noch nach Mitternacht in einem anderen Zimmer als dem eigenen erwischen lässt. Seinem Grinsen nach zu urteilen handelt es sich hier um eine Klassenfahrt für Fortgeschrittene.
O-Ton Markus: »Hallo, Mädels, ihr dürft von mir aus schwanger werden, so viel ihr wollt, nur nicht in den nächsten vierzehn Tagen. Alles klar?« Applaus von den Jungs. Stöhnen von den Mädchen.
Zwischen Lyon und Montpellier hatten Jule und ich beschlossen, uns ein Zweibettzimmer zu teilen und nicht
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