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Zwei Sommer

Zwei Sommer

Titel: Zwei Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Keil
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dieselben schokobraunen Haare. »Ich hab dir deinen Traummann gebacken«, sagte sie.
    Als der Typ mich wegen einer anderen endgültig abservierte, haben wir dem Keksmännchen erst Arme und Beine gebrochen und es dann zusammen aufgegessen.
    Hallo, Marie.
    Es war der Abend unserer Schulaufführung vom Sommernachtstraum . Ich lag mit vereiterten Mandeln und vierzig Grad Fieber im Bett. Ich hätte die Hermia spielen sollen. Hermia, die unsterblich verliebt ist in Lysander. Ich war unsterblich verliebt gewesen in Denis, der den Lysander spielte, aber meine Hochzeit mit Lysander war ja nun Pustekuchen und Lysander heiratete eine andere.
    Marie kochte mir Schokopudding, weil Pudding das Einzige war, was noch durch meinen Hals passte, und machte Wadenwickel bis spät in die Nacht, um mein Fieber zu senken. Sie erzählte mir Geschichten über Hermia und Lysander, die Shakespeare wohl verschlampt haben musste und die die Welt darum auch nie zu lesen bekam.
    Marie.
    Ich kann ihr keine Mail schreiben. Ich kann nicht so schreiben wie sie. Aus meinen Gedanken wollen im Augenblick keine Buchstaben werden.
    »Was willst du?« Sie steht in der Tür und sieht mich an wie jemand, der Staubsauger verkauft.
    Was ich will? Gute Frage. So genau weiß ich das jetzt selbst nicht. Die Zeit zurückdrehen vielleicht? Und wenn das nicht geht? Sie anhalten? Und wenn das nicht geht? »Reden?«
    »Ich will aber nichts hören.«
    »Marie, ic h …«
    »Verpiss dich.«
    »Dein Ticket, ic h …«
    »Tschüss.«
    »Wi r …«
    »Mann, hörst du schlecht? Du sollst dich verpissen!«
    »Das heißt, wir fahren nicht nach Spanien?«, frage ich dämlich kleinlaut.
    »Das heißt, wir fahren überhaupt nirgendwo mehr hin.« Maries Stimme überschlägt sich.
    Die Lüge. Die Scherben. Ich dachte, das alles wäre schlimm. Das war nichts. Das war noch lange nicht das Schlimmste.
    Dieser Blick.
    »Du kotzt mich an.«
    Der Hass in ihren Augen.
    »Ich wünsch euch viel Spaß in Spanien.«
    Die Tür, die zugeschlagen wird.

11
    Ich liege auf seinem Schoß, die Fußsohlen an die kalte, feuchte Fensterscheibe gestemmt. Meine Augen und mein Gesicht brennen vor Müdigkeit, doch die Morgensonne, die hinter Glas an uns vorüberzieht, ist zu schön, als dass ich sie versäumen möchte. Der Himmel ist dunkellila an den Rändern der Scheibe und fliederfarben mit roten Tupfen in der Mitte.
    Es muss gegen fünf sein. Im Bus ist es inzwischen still geworden. Das monotone Brummen des Motors und ein leises Gekicher sind die einzigen Geräusche.
    Olli schläft tief und fest. Mit dem Kopf auf der Schulter schlummert er so friedlich wie in einem Himmelbett. Wie macht er das bloß? Mir tut vom langen Sitzen inzwischen alles so weh, dass ich selbst nach kaum mehr als drei Stunden Schlaf wachliege. Ich streichle ihm mit der Hand über die Wange und sein Mundwinkel zuckt leicht, als empfange er meine Berührung doch. Mein Schönster.
    Ich merke, dass wir langsamer werden. Im nächsten Moment nimmt der Bus Kurs auf eine Ausfahrt. Wir halten. Fahrerwechsel, schätze ich.
    Ich nutze die Gelegenheit, um mir auf dem Parkplatz die Beine zu vertreten. Vorsichtig steige ich über den schlafenden Olli hinweg und klettere schwankend vor Schläfrigkeit aus dem Bus. Ein paar Leute haben dieselbe Idee. Wir sehen alle ziemlich fertig aus. Aber nach neun Stunden Fahrt und ein paar Flaschen lauwarmem Sekt ist das ja auch kein Wunder.
    Neben mir steht ein Mädchen mit kurzen roten Haaren, die wüst in alle Himmelsrichtungen abstehen. Lange Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln versauen einfach jede Frisur. Sie lächelt mich an, als könne sie meine Gedanken lesen.
    »Na, Süße, welchen Sender empfängste grade?«, fragt ein breitschultriger Typ mit kurz rasierten Haaren und stellt sich zu dem rothaarigen Mädchen.
    »Haha.« Sie verpasst ihm mit dem Knie einen Stoß in den Hintern und versucht mit hastigen Handbewegungen ihre Haare zu bändigen.
    »Jule«, wendet sich das rothaarige Mädchen an mich. »Und der Charmebolzen hier ist Philipp.« Philipp kriegt einen zweiten Tritt in den Hintern.
    »Isa. Hi.«
    »Hast du ’ne Ahnung, wie lange wir noch fahren?«, fragt mich Philipp und beißt Jule ins Ohrläppchen. Sie quiekt und flüchtet.
    Ich zucke mit den Schultern. »Ich weiß nicht einmal, wo wir überhaupt sind.«
    »Wenn wir gut durchkommen, sind wir gegen drei in Tossa«, klinkt sich Markus, einer unserer Reiseleiter, ein.
    »Oh nee, das sind ja noch mal zehn Stunden!«, jammert Jule, während

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