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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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keiner von ihnen versuchte davonzulaufen. Alle saßen oder standen wie von Schwindel befallen da.
    Â»Sind das deine Gefangenen?«, fragte Zena den Priester-König.
    Nun verzog ein höhnisches Lächeln Atlars Lippen. »Sie sind die Gefangenen einer höheren Macht.«
    Zena hob rasch und gleichgültig die Schultern. »Ich fürchte nicht die Götter der Finsternis. Wenn die Schuld dieser Männer darin lag, dich zu bekämpfen, werden sie meine Verbündeten sein.«
    Sie wollte an die Männer herantreten, doch Usir hielt sie mit schnellem Griff zurück. »Warte! Es ist gefährlich, sich ihnen zu nähern. Die Schranke einer unsichtbaren Kraft, die diese Unglücklichen bewacht, droht auch unseren Geist zu zerstören.«
    Zena blieb stehen. Ihr aufmerksamer, forschender Blick kehrte zum Priester-König zurück. »Diese Männer sind hier, weil du es so wolltest. Es steht in deiner Macht, sie zu befreien. Warum zögerst du noch?«
    Atlars Hände zitterten. Seine Antwort klang leise und zischend. »Wie kannst du es wagen, mir Befehle zu erteilen?«
    Zena verzog keine Miene. Mit der Spitze ihres Bogens streifte sie nachlässig die Brust des Mannes. »Du bist mir ausgeliefert. Darum bin ich es, die befiehlt.«
    Â»Und wenn ich mich weigere?«, warf Atlar ein.
    Sein Gesicht war noch blasser als gewöhnlich. Schweißtropfen glänzten auf seiner Stirn.
    Zena schaute ihm gerade in die Augen. »Es bleibt dir keine Wahl«, entgegnete sie verächtlich.
    Wieder trat Schweigen ein. Atlar lächelte höhnisch. Hoheitsvoll schritt er durch den Raum und stieg die Stufen hinauf, die zu einer Galerie führten. Usir, Zena und Isa folgten ihm. Schließlich blieb er vor einem Mauervorsprung stehen, in dem ein Gesicht eingemeißelt war. Das aus Stein oder Metall, vielleicht auch aus beidem angefertigte schwarze, matt glänzende Bildnis ragte wie ein sonderbarer Auswuchs aus dem Felsen heraus. Isa erinnerte sich an die Standbilder im Hof des Palastes. Hier sah sie dieselben vorstehenden Augen, dieselbe riesige, gewölbte Stirn. Doch auf dieser Stirn befand sich etwas Seltsames: ein drittes, wulstiges, glänzendes Auge. Offensichtlich aus anderem Metall gefertigt, leuchtete es in phosphoreszierendem Glanz wie ein bläulicher Klumpen Flusseis.
    Atlar ließ seine behänden Finger über dieses Auge gleiten und drückte leicht darauf. Ein feines, kreischendes Geräusch ertönte, während ein gespenstischer Schimmer in dem Auge aufglomm. Es war ein Flimmern und Glitzern, das in ein regenbogenfarbiges Schillern überging. Dann wurde das Schillern schwächer, verblasste und verschwand schließlich ganz, wobei es nur noch ein mattes Leuchten hinterließ.
    Atlar verschränkte die Arme und wartete schweigend. Die Amazonen hatten ihre Pfeile an die Bogensehnen gelegt und ließen ihn nicht aus den Augen. Usirs Herz klopfte zum Zerspringen. Er spürte den Dolch in seiner Hand zittern.
    Eine Weile lang ereignete sich nichts. Keiner der Gefangenen bewegte sich. Immer noch lag derselbe stumpfe Ausdruck auf ihren Gesichtern. Doch allmählich ging eine Veränderung in ihnen vor. Sie begann damit, dass sich die Pupillen der Männer wie lichtempfindlich geworden zusammenzogen. Die Lider zitterten. Ihre Blicke bekamen einen verwirrten, erstaunten Ausdruck. Leben und Verstand kehrten in die apathischen Körper zurück. Sie erhoben sich taumelnd, dehnten ihre Muskeln und warfen verwunderte Blicke um sich. Undeutliches Gemurmel erfüllte den Saal.
    Torr wagte als Erster die bannende Schranke zu durchqueren. Sein zunächst unsicherer, zögernder Schritt wurde fester. Er hob die Hand und fuhr mit spürbarem Misstrauen über jene Stelle, wo das Zittern der unsichtbaren Vibration sein Bewusstsein betäubt hatte.
    Usir trat ihm entgegen. »Du hast nichts mehr zu befürchten«, sagte er. »Du bist erlöst.«
    Torr starrte ihn an, wie ein Mann, der aus tiefem Schlaf erwacht. »Usir«, murmelte er. »Wie hast du hierher gefunden?«
    Und der Jüngling, der seine zaghafte, zitternde Stimme hörte, konnte kaum glauben, dass sie dem stolzen Herrn der Schiffe gehörte. »Es gibt Augenblicke«, erwiderte er ergriffen, »wo der Mensch ein Zeichen vom Himmel erhält. Das Schicksal nahm sich in deiner Gestalt meiner an, um mir den heiligen Ring zu schenken und mich zu meinem Vater zu führen.«
    Mit

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