Zwei Sonnen am Himmel
Felswände eingelassen. Dahinter breitete sich eine Wasserfläche aus. Etwas WeiÃes, Rundes schwamm in dem finsteren Gewässer. Es waren Haie, die mit gedunsenen Leibern, auf dem Rücken liegend, im Wasser trieben.
Isa schauderte. »Ob sie alle tot sind?«, murmelte sie. Haku, der Wachthauptmann, neigte den geschorenen Kopf. »Es ist anzunehmen. Der rote Staub muss das Wasser vergiftet haben.«
»Vorwärts!«, sagte Zena. »Nun ist es nicht mehr weit bis zum Ausgang!«
Sie schritten schnell voran. Ein in die Felsen gehauener Weg führte an der Lagune entlang und folgte den Windungen des unterirdischen Gewölbes. Die Decke war so niedrig, dass sie sich nur gebückt vorwärts bewegen konnten, aber die sich immer weiter verbreitende Helligkeit lieà auf den nahen Ausgang der Höhle schlieÃen. Es wurde immer wärmer. Dann schlug ihnen ein trockener Hitzestrom entgegen. Eine Art Rost bedeckte den Felsen, und das in Fetzen herabhängende Moos sah aus wie blutgetränkte Schwämme.
Nun ist also der rote Staub schon bis hierher gedrungen, dachte Usir. Er fühlte sich wie benommen. In seinen Ohren sauste es und er konnte nur mit Mühe atmen. Als er seine Gefährten anschaute, sah er, dass auch sie unter dieser seltsamen Erscheinung litten. Einige wankten und taumelten gegen die Wand, andere husteten, als wollte es ihnen die Lungen zerreiÃen.
Je näher sie dem Ausgang kamen, desto stärker wurde die Hitze. Glühender Wind wirbelte ihnen wie aus einem Feuerschlund entgegen. Dann öffnete sich die Grotte ins Freie. Sie merkten es an der Helligkeit, die die Wände überflutete. Vor ihnen lag die Lagune in rötlichem Dunst. Die stolzen Brückenbogen waren kaum zu erkennen.
Plötzlich riss ein Windstoà die Nebelschwaden auseinander und vor den entsetzten Augen der Fliehenden erschienen die beiden Sonnen zu einer einzigen, weià glühenden Masse verschmolzen, die wie unter Blitzschlägen in phosphoreszierendem Funkeln bebte. Eine riesige Feuersbrunst schien Erde und Himmel zu verzehren. Der Horizont rundum leuchtete kupferrot und die Lagune glänzte wie flüssiges Blei. Tote Fische und faulende Krustentiere trieben dahin. Die ErdstöÃe hatten die Wachttürme gespalten und das Mauerwerk mit tiefen Rissen durchzogen. Schweflige Dünste glitten über das Wasser.
Die Kehlen der Fliehenden brannten. Keuchend rissen sie einen Fetzen von ihrer Kleidung und pressten ihn vor den Mund. Bei jedem Atemzug war es, als ob ein glühendes Eisen sich in ihre Lungen bohrte. Einige, von Ãbelkeit geschüttelt, erbrachen sich.
Die Erde begann erneut zu beben. Staubregen rieselte von den Felsvorsprüngen, und Eidechsen stürzten aus den Spalten des Gesteins. Das Wasser begann zu schäumen und zu brodeln. Ein unheimliches, brausendes Grollen erfüllte die Luft. Plötzlich, von einer kolossalen Naturgewalt bewegt, flutete das Wasser mit gurgelndem Geräusch aus der Lagune heraus. Stinkender, von Schutt durchsetzter Schlamm wurde freigelegt.
Von der Stärke des glühenden Windes an die Felswand gedrückt, schrie Zena Usir zu: »Wir müssen zum Hafen ⦠ein Schiff finden!«
»Dann müssen wir die Stadt durchqueren â¦Â«, keuchte Usir. »Wenn die Brücken noch standhalten â¦Â«
Ein junger Würdenträger, der zu den Gefangenen gehört hatte, schrie mit angstverzerrtem Gesicht: »Meine Frau! Meine Kinder! Ich muss sie wiederfinden!«
Andere Männer, deren Familien im Palast wohnten, riefen dasselbe. Obwohl nur wenig Hoffnung bestand, wollte doch jeder versuchen die Seinen zu finden, um mit ihnen gemeinsam zu fliehen.
Usir, Torr und Ato blieben mit den Amazonen zurück. Zu ihnen gesellten sich Xoris, der Arzt, Merit, der Architekt, und Haku, der Wachthauptmann.
Um das offene Gelände hinter den Mauern zu erreichen, gab es nur einen Weg: Sie mussten versuchen die AuÃentore des Palastes zu erreichen. Sie eilten durch verlassene Gänge, an einstürzenden Säulen vorbei. Sie überstiegen von Trümmern übersäte Treppen, während ein Erdstoà nach dem anderen die Burg erschütterte. Der ganze Palastkomplex glich einer riesigen, finsteren, schwankenden Höhle, in der sich der Wind mit gespenstischem Heulen verfing. Wachsender Tumult drang hinter den Mauern hervor: Kreischen, Hilferufe, das Wiehern zu Tode erschrockener Pferde. Jenseits eines silbernen
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