Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
Stirn. Vielleicht waren sie wirklich geistesgestört? Kein Mensch konnte auf die Dauer eine derartige Behandlung überstehen ohne beträchtlichen Schaden davonzutragen …
    Atlar schritt gelassen auf ein hohes, offenes Tor im Hintergrund des Saales zu. Es führte direkt hinaus ans Meer. Wogen sprühten Gischt durch die Finsternis und beleckten einige Stufen. Zähes, stinkendes Moos bedeckte die halb unter Wasser liegenden Steine.
    Als Usir und Isa näher traten, sahen sie, dass das Portal aus zwei mächtigen Basaltpfeilern bestand, auf denen ein riesiger, waagrechter Stein als Querbalken ruhte. In den Stein waren seltsame Zeichen eingegraben. Obwohl von der Erosion halb verwischt, erkannte Usir in ihnen die Ähnlichkeit mit den ihm unbekannten Schriftzeichen, die auch die Wände des königlichen Gemachs aufwiesen. Das offene Portal übte eine sonderbare Anziehungskraft auf ihn aus und er spürte, dass es Isa ebenso erging. Wie verzaubert näherten sie sich den Stufen.
    Doch der Priester-König hielt sie mit einer Gebärde zurück. »Wagt euch nicht zu weit vor, denn die Pforte der Zeiten ist nur ein einziges Mal zu durchschreiten …«
    Seine Worte klangen dumpf im Rauschen der Wogen. Unwillkürlich wichen Usir und Isa zurück. Atlar hatte sich nicht gerührt. Kein Muskel zuckte in seinem bleichen Gesicht. Doch als er weitersprach, hatte seine Stimme jeglichen Spott verloren. Sie war von Ehrfurcht, ja vielleicht sogar von Angst erfüllt.
    Â»Die Pforte der Zeiten ist schon seit Ewigkeit vorhanden. Ihr Ursprung geht auf die Anfänge des Reiches zurück, ja noch weiter, denn die, die sie errichteten, waren keine menschlichen Wesen wie wir. Sie waren … anders. Die Überlieferung nennt sie die Großen Vorfahren. An gewissen Stellen gibt es noch Spuren ihrer einstigen Anwesenheit und ihres Wirkens. Die Pforte der Zeiten gehört dazu. Zehn Generationen lang haben die Herrscher über Atlantis ihren Nachkommen das Blut der Wesen vererbt, die von anderswo herkamen …« Seine glühend schwarzen Augen hefteten sich auf Usir. »Du und ich, wir sind die letzten Glieder dieser Kette. Ich trage noch einen Funken der heiligen Erkenntnis in mir, aber er ist so schwach, so verkümmert, dass mir nur noch ein letzter Abglanz der einstigen Kraft verblieb. Wenn ich auch durch Türen und Mauern hindurch in eurem Geist lesen kann, so bin ich doch unfähig meine fleischliche Hülle zu durchbrechen, um in die hehren Höhen der Vollkommenheit vorzudringen, wohin die Vorfahren meines Geschlechts allein durch die Kraft ihres Willens gelangten …«
    Seine Stimme hatte sich zu einem Flüstern verloren. Hinter der Schwelle der mit Zeichen bedeckten Pfeiler glänzte das Meer mit pechschwarzen Schatten. Die Gefangenen schrien, stöhnten und trommelten mit den Fäusten gegen die Steine, aber das Rauschen des Wassers übertönte ihren Lärm.
    Ein tiefer Atemzug hob Atlars Brust. »Und nun zu dir … Deine Mutter Atara - meine Schwester - mischte ihr Blut mit dem Blut eines Mannes aus dem Volk. Die im Laufe der Zeiten entstandenen negativen Anlagen wurden dadurch vernichtet, während die überlieferten Kräfte der königlichen Linie sich in neuer Form in dir entfalten könnten. In dir lebt noch die Erkenntnis, die Mut, Tapferkeit und Weisheit abverlangt - jene Gaben, die unser Geschlecht den Mächten der Finsternis wieder entreißen wollte, nachdem es sie zum ersten Mal verloren hatte. Würdest du über Atlantis herrschen, so würde das Reich einer neuen Blütezeit entgegensehen. Doch ist es bereits zu spät. Der Fluch aus dem All wird unser Volk vernichten. Du aber - und deine Gefährtin - ihr werdet dem Tod entgehen …«
    Er stand regungslos im Schatten der Pfeiler und lächelte auf Usir herab. Dieser spürte die Gefahr wie einen eisigen Hauch auf seiner Haut. In seinem Herzen jedoch vernahm er eine Stimme, die ihm zuflüsterte: »Du trägst den heiligen Ring der Macht. Sei unbesorgt! Du bist der König …«
    So bezwang er sich, obgleich er am ganzen Körper zitterte, und fragte in gelassenem Ton: »Was willst du damit sagen?«
    Doch Atlar überhörte die Frage. Er hatte sich abgewandt und betrachtete die Gefangenen mit nachsichtigem Spott.
    Â»Sie sind sehr aufgeregt, denn sie wissen, was jetzt geschehen wird. Manchmal komme ich hier herunter und befehle Egan, einen dieser

Weitere Kostenlose Bücher