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Zwei Stunden Mittagspause

Zwei Stunden Mittagspause

Titel: Zwei Stunden Mittagspause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ein Poststempel ist kein Beweis … sie konnte den Brief auch nur bei einem Besuch der Stadt eingeworfen haben.
    Vielleicht sonnte sie sich in einer der vielen Buchten am Meer … die ganze Insel war ein Sonnenstrand, und Hotels und Pensionen zogen sich wie eine Perlenkette um Mallorcas Küste.
    Ich werde ein Vermögen vertelefonieren, dachte er und legte sich in den gepolsterten Gartensessel zurück. Morgen früh beginne ich … jedes Hotel, jede Pension rufe ich an. Rund um die Insel. Du hast nicht mit meiner Hartnäckigkeit gerechnet, Margot …
    Am Abend besuchte er auch das große Inselfest im National. In einem weißen Smoking, den ihm der Etagenkellner beschafft hatte, lehnte Großmann neben der Tanzkapelle hinter einer Säule und suchte den Saal ab.
    In dem Gewoge der Menschen meinte er plötzlich, den Kopf Margots zu sehen … er bahnte sich einen Weg durch die Tanzenden, erreichte das engumschlungene Paar und drängte sich an ihm vorbei, als er seinen Irrtum erkannte.
    Wenn Margot in Palma wohnt, besucht sie dieses Sommerfest … es ist ihre Welt, ihr Stil, die Bestätigung ihrer Schönheit, dachte er.
    Er irrte weiter durch den Saal, saß an der riesigen Bar, umschlich den hellerleuchteten Swimming-pool, wo sich in bunten Strandkörben die Liebespaare vergnügten, durchstreifte den Garten und entschuldigte sich, wenn er Liebende aufschreckte und in heikle Situationen hineinplatzte. Schließlich kehrte er in den Festsaal zurück und begann, seine zitternden Nerven mit Alkohol zu besänftigen.
    Er betrank sich sinnlos. Ein Page brachte ihn aufs Zimmer, zog ihm Schuhe und Jacke aus und wälzte ihn aufs Bett.
    Die Nacht war fürchterlich. Er träumte von Margot, sah sie nackt durch einen Wald laufen, verfolgt von einer Meute Hunde, und diese Hunde hatten Menschenköpfe, Männergesichter mit lüsternen, mordgierigen Augen. Er selbst stand an einen Baum gefesselt und mußte hilflos mit ansehen, wie die Meute über Margot herfiel, wie alle Hunde mit triumphalem Jaulen über sie herfielen und sie zerrissen.
    Aber das war noch nicht das Ende. Die einzelnen Körperteile lebten weiter … die Beine hüpften davon, die Arme, der Kopf, der Leib, die Brüste, alle in eine andere Richtung.
    Das Bild wechselte. Margot in einem Motorboot. Ein rassiges, schnelles, mahagoniglänzendes Rennboot. Sie saß am Steuer und jagte durch das aufspritzende Meer, und er, Benno Großmann, wurde an einer Schlinge um den Hals hinterhergezogen, klatschte in die Wellen, hieb sich den Körper wund und spürte, wie die Haut abgeschmirgelt wurde. Und Margot lachte, lachte und gab mehr Gas … immer mehr Gas …
    Mit einem dumpfen Schrei schrak Großmann hoch. Er brauchte ein paar Sekunden, ehe er sich zurechtfand. Mallorca. Ein Hotelzimmer. Der Kopf brannte vom Alkohol. Die Zunge war ein ekliger Lederlappen.
    Er taumelte hoch, schwankte ins Bad und lehnte sich an die Wand. Eiskalt überschüttete ihn die Dusche, aber es war ihm, als verdunste das Wasser sofort auf seiner glühenden Haut.
    Mit dem Frühstück ließ er sich das Telefonbuch von Mallorca bringen. Von da an tickte in der automatischen Zählanlage der Telefonzentrale des National der Rechner für Zimmer Nummer 148.
    Den ganzen Tag.
    Ein Blinder rief in die Wüste nach einem Tauben.

9
    Nach acht Tagen suchte Dieter Rat bei dem einzigen Freund seines Vaters: bei Heinrich Zumbach.
    Bei Zumbach war das Leben weitergegangen in den erfolgreichen Gleisen eines gefragten Architekten. Neue Aufträge, eine Schule, zwei Villen, ein Schwimmbad … das Büro Zumbachs arbeitete auf Hochtouren, die Zeichenbretter seiner Angestellten füllten sich mit phantasievollen Entwürfen. Ungewöhnliche Bauten, die den Ruf Zumbachs begründeten. Er selbst machte stets nur die Rohskizze, lieferte die Idee, den zündenden Funken … die Details arbeiteten seine Mitarbeiter aus.
    Von Großmann hatten die Zumbachs nach seiner Abreise nichts mehr gehört. Auch Dieter war immer abwesend, wenn sie dort anriefen … er strich wie eine Katze, die eine Maus wittert, die Gegend um die Liebigstraße ab. Und er verfolgte realere Ideen als sein Vater.
    Im Umkreis von zehn Häuserblocks gab es drei Pensionen und ein kleines Hotel. In drei Häusern wurden ab und zu Zimmer vermietet. Stundenweise. Mittagspausen-Zimmer. Paradiese, die mit einem Weckerrasseln verflogen wie Nebel. Sündige Inseln.
    Dieter, der Student, wußte von diesen heimlichen Freuden. Man erzählt sich viel auf den Universitäten, unter Kommilitonen,

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