Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
kleinen Blondschopf für einen überaus angenehmen Sommeraufenthalt mit hierher.« Er bedachte Cora mit einem Blick, den Rhys als inakzeptabel empfand. »Die Pacht ist niedrig, und die Diener sind diskret.«
Giles betrat den Salon, er trug ein Tablett mit einem Teeservice, das bedenklich klirrte. Cora übernahm pflichtschuldig die Aufgabe des Einschenkens und reichte jedem Gentleman eine Tasse mit dem dampfenden Gebräu.
»Weshalb ist Diskretion erforderlich?«, forschte Rhys. »Sie wurden bei einem niederträchtigen Überfall verletzt, dennoch flüchteten Sie vom Tatort und beließen Leo in der Obhut einer Fremden. Sie verließen heimlich die Stadt, verkrochen sich in diesem entlegenen Cottage und unternahmen keinerlei Anstrengung, damit Ihre Angreifer identifiziert und dem Gericht überstellt werden konnten. Warum?«
Bellamy entfuhr ein ungehaltenes Schnauben. »Weil er irgendetwas vor uns zu verbergen sucht, das ist offenkundig.«
»Danke, meine Liebe.« Nachdem er seine Tasse von Cora in Empfang genommen hatte, nippte Faraday behutsam an dem heißen Getränk. »Was sollte ich vor Ihnen verbergen?«
»Wenn ich das wüsste, wäre ich nicht hier, oder?«, versetzte Bellamy zunehmend aufgebracht.
»Berichten Sie uns von dem Überfall«, unterbrach Rhys. »Was genau geschah in jener Gasse?«
»Wie ich Ihnen bereits darlegte, führten Leo und ich eine Auseinandersetzung wegen der Club-Plaketten, währenddessen wartete Miss Dunn unweit davon am Eingang der Gasse. Vom anderen Ende nahten zwei dunkle Gestalten. Wir wurden sogleich überwältigt. Ehe wir wussten, wie uns geschah, stürzten sie sich auf uns und droschen mit Fausthieben auf uns ein. Natürlich verteidigten wir uns nach Kräften, aber die Angreifer waren … uns kräftemäßig überlegen. Und entschlossen.«
»Was können Sie uns noch zu den beiden sagen?«, erkundigte sich Rhys.
»Cora meinte, einer sei glatzköpfig gewesen«, flocht Bellamy ein. »Und der andere …«
»War Schotte, nach seinem Akzent zu urteilen«, warf das Mädchen ein. »Da bin ich mir fast sicher.«
Rhys lehnte sich auf dem Diwan zurück. »Könnten Sie sie wiedererkennen und identifizieren, wenn die Männer gefasst würden?«
Faraday legte die Hände an seine Schläfen. »Offen gestanden, habe ich von dem Zeitpunkt an, als die Prügelei begann, die Erinnerung verloren. Glatzköpfig oder grauhaarig, Ire oder Schotte, Stupsnase oder sechs Finger … ich weiß es wirklich nicht. Wenn ich nicht einmal Miss Dunn wiedererkenne, wie sollte ich wissen, wie diese beiden Unholde aussehen? Ich hatte keine Zeit, mir ein Bild von den beiden zu machen. Sie hatten es jedenfalls nicht auf unser Geld abgesehen, als sie uns überwältigten.«
»Nun, wenn es keine Diebe und Räuber waren, hinter was waren sie dann her?«
Ein seltsamer Ausdruck glitt über Faradays Gesicht. »Wissen Sie das nicht?«
Rhys und Bellamy sahen einander verwundert an.
»Ich will verdammt sein. Sie wissen es wahrhaftig nicht .« Faraday rieb sich einen Moment die Augen. Dann gab er ein hüstelndes Kichern von sich und griff nach einem Biskuit. »Der Anschlag galt Ihnen, Mr. Bellamy. Sie waren hinter Ihnen her.«
25
B ellamy erblasste. »Was zum Teufel sagen Sie da?«
»Das haben Sie doch gehört«, gab Faraday zurück. »Der Anschlag galt Ihnen.«
Bellamy schnellte von seinem Sessel hoch. Eine Teetasse zerschellte am Boden, und Cora zuckte zusammen.
»Gemach, gemach.« Mit prüfend hochgezogener Braue blickte Faraday zu Rhys. »Ihr Freund ist ein rechter Heißsporn, nicht wahr?«
Sich mit beiden Händen die dunklen Haare raufend, durchmaß Bellamy aufgebrachten Schrittes den Salon. Alle paar Sekunden wurden seine Schritte von einem gedämpften Fluch begleitet.
Während er sich in seinen Sessel zurücklehnte, beobachtete Faraday ihn mit nüchternem Blick. »Sie müssen zugeben, dass es nur logisch ist. Jeder ging davon aus, dass Leo an jenem Abend mit Ihnen zusammen wäre, und wir beide sind uns außerordentlich ähnlich. Im Dunkeln könnte man uns mit Leichtigkeit verwechseln. Die Angreifer waren nicht auf Geld aus, sondern sie wollten Blutvergießen.«
Rhys’ Stirn legte sich in nachdenkliche Falten. »Aber selbst dann können Sie nicht sicher …«
»Leo war sich sicher.«
»Was?« Bellamy verharrte in seinem Auf und Ab.
»Er sagte: ›Erzählen Sie es Julian‹«, fuhr Faraday fort. Er blinzelte einige Male, räusperte sich. »Das waren seine letzten Worte an mich. Er wiederholte sie noch ein Mal,
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