Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
weiterschlenderten, erkundigte er sich nach ihrem Vater, dem Gasthof und wie es ihr in den letzten vierzehn Jahren ergangen war. Meredith war es nicht gewohnt, von sich zu erzählen. Wenn sie in der Schankstube bediente, hörte sie stets den Gästen zu. Obschon sie überzeugt war, dass es wenig über sie zu berichten gab, löste die Nervosität ihre Zunge, und sie plapperte mit einem Mal über dieses und jenes. Rhys ging schweigend und gespannt lauschend neben ihr her, während er sich aufmerksam um sie kümmerte. Er geleitete sie um einen Felsen, schob stützend einen Arm unter ihren und half ihr über die steil ansteigende Lichtung.
»Und Maddox?«, fragte er.
»Was soll mit ihm sein?«
Er trat einen kleinen Steinbrocken beiseite. »Wie kam es dazu?«
»Wie es dazu kam, dass ich ihn geheiratet habe, meinst du?«
Er nickte.
»Nach dem …« Sie unterbrach sich kurz, dann entschied sie, dass es keinen Sinn hatte, lange um den heißen Brei herumzureden. »Nach dem Brand bedurfte mein Vater einer langen Zeit der Genesung. Ein paar Jahre lang bezog er aus dem Ashworth-Nachlass eine Pension. Ich kümmerte mich um Vater, und wir kamen mit der jährlichen Zuwendung gut zurecht. Aber dann versiegte der Geldfluss, ungefähr zur selben Zeit, als der Vikar sein Entgelt nicht mehr erhielt. Ich war damals achtzehn und verzweifelt. Ich wusste nicht, wie es mit uns weitergehen sollte, also suchte ich einen Weg, uns zu ernähren und nicht zu verhungern.«
Meredith erinnerte sich nicht gern an jene schlimmen Zeiten. Ein Kloß bildete sich in ihrer Kehle wie klumpiger Haferbrei, den sie damals ständig gegessen hatten, zuweilen zwei Mal am Tag. Tief in Gedanken versäumte sie, darauf zu achten, wo sie hintrat. Ihr Fuß knickte auf dem steinigen Pfad um, und sie stolperte.
Rhys’ Hand schoss vor, um sie am Ellbogen zu packen.
»Es geht schon wieder«, erklärte sie und richtete sich auf. »Danke.«
Dennoch ließ er sie nicht mehr los. Stattdessen tastete seine Hand nach ihrer und umschloss fürsorglich ihre Finger. Als Meredith ihm einen forschenden Blick schickte, sagte er bloß: »Komm weiter.«
Also liefen sie Hand in Hand und wateten durch ein Bett aus Farnkraut. Das Moor entlang des Stroms war ein einziger grüner Teppich, der Ufersaum war mit weichem, wie Smaragd schimmerndem Moos bewachsen. Der würzige Duft der feuchten fruchtbaren Erde hing so schwer in der Luft, dass der Wind ihn nicht verscheuchen konnte.
»Ich ging zu Maddox«, fuhr sie fort, »um ihm meine Dienste als Stallmagd anzubieten. Ich wusste schließlich, was ein Stallbursche zu tun hat. Überdies bin ich mehr oder weniger in den Stallungen von Nethermoor aufgewachsen, und Vater brachte mir alles bei. Um Maddox zu zeigen, dass ich imstande bin, Männerarbeit zu verrichten, ging ich in Reithose und Stiefel gekleidet zu ihm, ich wollte aussehen wie ein Mann.«
Rhys schmunzelte. »Und wie hat er es aufgenommen?«
»Nicht so, wie ich es mir erhoffte.« Bei der Erinnerung, wie Maddox sie mit seinen wässrig blauen Augen gemustert hatte, lächelte sie stumm in sich hinein. Er sah aus, als würde er im Geiste sein Leben auf der Suche nach dem potenten Mann in den besten Jahren durchstreifen, der er einst gewesen war.
»Er wollte mich nicht als Stallhilfe einstellen«, fuhr sie fort, »stattdessen bot er mir eine Stelle als Schankmädchen an. Dachte, mein hübsches Gesicht könnte für den Umsatz förderlich sein.« Vermutlich hätte sie darüber gekränkt sein müssen, aber das war sie beileibe nicht gewesen. Zum ersten Mal hatte sie die Macht verspürt, die Frauen innewohnte. Und dem lieben Gott dafür gedankt, dass ihr die kleinen Brüste und die weiblichen Kurven, die sie inzwischen entwickelt hatte, endlich ein bisschen von Nutzen waren.
»Und …?«
»Ich hab ihm darauf geantwortet, dass er sich das mit dem Schankmädchen aus dem Kopf schlagen könnte, aber dass ich ihn heiraten würde, wenn er damit einverstanden wäre.«
Rhys hustete betreten. »Du hast ihm einen Antrag gemacht?«
»Ja«, antwortete sie nüchtern und schnörkellos. »Vater und ich brauchten Sicherheit, die konnte uns der Lohn eines Barmädchens nicht geben. Ich hab es nie bereut. Maddox war nett zu mir, und ich war ihm eine große Hilfe.«
»Und als er starb, hinterließ er dir den Gasthof.«
»Genau. In den sechs Jahren seit seinem Tod habe ich den Gasthof nach meinem Geschmack umgestaltet. Letztendlich hat sich das für alle bezahlt gemacht.«
Sie hörten die
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