Zwei Toechter auf Pump
so fleißig! Was der Mann arbeitet!«
»Viel zuviel! Er sollte wirklich auch mal ausspannen.«
Das ist das Stichwort! Ich stehe auf, stelle mich neben sie und lege ihr den Arm um die Schulter: »Da hast du vollkommen recht! Aber leider war ja mit ihm nicht zu reden, bisher.«
»Bisher?«
»Na ja — er hört jetzt endlich auf mich und fährt mal ‘n bißchen weg.«
»Wohin denn?«
»Nach Italien. Addi fährt mit.«
»Ja, und was wird aus den beiden Hühnern? Die lassen sie allein?«
»Warum nicht? Die sind doch groß genug, für sich selbst zu sorgen.«
Sie kneift die Augen zusammen: »Für sich — na, das wird ‘ne nette Sache geben.«
»Wir werden eben ‘n bißchen aufpassen.«
»Ein bißchen... Wann fahren denn die beiden?«
Ich gähne ostentativ: »Morgen. Sie kommen natürlich noch ‘rüber, um sich zu verabschieden. Heute nachmittag. Ich werde Kuchen holen, für dich die Cremetorte, die du so gern ißt.«
Sie setzt sich in den Schreibtischsessel und hat ganz rote Bäckchen vor Aufregung: »Also wir haben die Bälger auf dem Hals! Ja, bist du denn ganz von Gott verlassen?«
Ich beschließe, zum Angriff überzugehen: »Nun will ich dir mal was sagen, ganz im Ernst: Die da drüben sind unsere Freunde. Deine auch! Die ganzen Jahre sind sie nur hilfsbereit gewesen und nett. Jetzt kommt mal so eine kleine Bewährungsprobe — und da wollen wir uns in die Büsche schlagen? Im übrigen reg dich nicht auf, ich übernehme das Aufpassen selbst.«
»Haha! Willst du dich etwa drüben vors Fenster setzen oder jeden Abend unter die Mädelbetten kriechen, um zu sehen, wie viele Bürstenköpfe da versteckt sind? Oder das Wirtschaftsgeld nachzählen? Das ist doch nach der ersten Woche alle! Und was machst du, wenn’s alle ist? Du pumpst. Und wer hat dann kein Geld mehr? Wir!«
Ich verzichte darauf, dieser sehr bedrohlichen Argumentation zu folgen, und sage obenhin und väterlich: »Außerdem mußt du dir eins überlegen, mein Kind: Den Stoff für meine Bücher bekomme ich nicht daher, daß ich hier herumsitze und am Federhalter kaue. Ich brauche Erlebnisse, verstehst du?«
»Na, erleben wirst du was! Da bin ich ganz sicher.«
»Also, wie gesagt, reg dich nicht auf. Ich muß jetzt ‘rüber, den Wagen weiter waschen.«
Während ich hinausgehe, höre ich sie sagen: »Da hast du ja mehr Verstand, Weffi!«
Am Nachmittag kommen Addi und Teddy. Ich habe aufgepaßt, daß die Mama einen richtigen Kaffee macht. Aber sie hat es doch fertiggebracht, unten in der Diele den Teppich aufzurollen und oben einen Besen an die Wand zu lehnen. Addi sieht es natürlich sofort: »Nanu, Mamichen, beim Aufräumen? Heute am Sonntag?«
Die Mama ist ganz Königin-Mutter: »Es sind Vorbereitungen für morgen, mein Kind, da kommt Frau Schleußner zum Saubermachen.«
Addi spürt gleich, was los ist: »Wir bleiben ja auch nicht lange, Mamichen, nur einen Augenblick, um auf Wiedersehen zu sagen.«
»Jetzt redet keinen Quatsch«, schalte ich mich ein, »kommt ‘rauf, und wir trinken alle zusammen gemütlich Kaffee.«
Oben, als sich alle gesetzt haben, enthülle ich das Kuchenpaket. Ich habe zwei große Stücke Cremetorte für die Mama mitgebracht. Sie zwinkert mit den Augen: »Ich habe gar keinen Hunger.« Dabei zieht sie den Mund herunter, läßt die Wangen einfallen und bekommt eine ganz spitze Nase. Es ist eins ihrer Talente, daß sie mit einem Ruck so aussehen kann, als habe sie die letzten vierzehn Tage nichts gegessen. Teddy und ich wechseln einen kurzen Blick, er nimmt ihren Teller und legt ihr beide Tortenstücke darauf: »Los, Mami, du siehst ja ganz verhungert aus!«
Sie wirft einen tragischen Blick in die Runde: »Das ist nicht der Hunger. Das ist die viele Arbeit. Jetzt, wo unser Frauchen weg ist, besonders. Mein Herr Sohn schwebt ja meist in höheren Regionen.«
Addi macht ein ganz verzweifeltes Gesicht, geht aber tapfer zur Attacke über: »Die Mädels werden dir bestimmt helfen können, Mama! Sie haben ja nicht viel zu tun, wenn sie aus der Schule kommen. Das bißchen Essen machen sie sich schnell, und sie werden froh sein, wenn sie dann noch irgend etwas anderes machen können außer Schularbeiten.« Die Mama stößt einen krähenden Laut aus und verschluckt sich.
»Was hat sie denn?« fragt Teddy. »Ist sie erkältet?«
»Nein«, sage ich boshaft. »Mit diesem Kräher meinte sie die Verehrer-AG und vergißt ganz, was sie selber für ‘ne dolle Motte war.«
Die Mama würgt so heftig ein Viertel Cremetorte
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