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Zwei Toechter auf Pump

Zwei Toechter auf Pump

Titel: Zwei Toechter auf Pump Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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unten, wer galoppiert da an der Spitze nach unten? Zwiebelsdorfer Kunstmühle!
    »Du hörst mir ja gar nicht zu!« sagt die Mama.
    Ich lege die Zeitung zusammen. »Entschuldige. Was ist mit der Kunstmühle — ich meine, mit den Mädels?«
    »Sie hatten schon selber aufgeräumt!«
    »Das habe ich gehört und darauf geantwortet.«
    »Tata ist keine Antwort.«
    »Also schön, aha! Im übrigen ist das selbstverständlich.«
    »Das ist gar nicht selbstverständlich, bei dieser Disziplinlosigkeit heutzutage!« erwidert die Mama und hält Cocki, der wegen völliger Unergiebigkeit meinerseits zu ihr hinübergewechselt ist, ein Stück Butterbrot hin.
    »Willst du noch Kaffee?«
    »Ja, bitte.«
    »Was machst du denn nachher?«
    Ich sehe seufzend auf einen dicken Brief, der vor dem Radio liegt. Es ist eine meiner Novellen, die ich auf Schallplatte sprechen soll und deren Manuskript mir die Schallplattenfirma zurückgeschickt hat. Zwei Seiten zu lang. Außerdem laufe jede Seite der Platte sieben Minuten, und ich müßte in der Mitte einen guten Ausgang finden, wo man umdrehen könnte. Vorstellungen haben diese Leute! Ich bin noch nie darauf gekommen, bei einer Novelle die Mitte zu suchen! »Ich werde mal versuchen, dieses Zeug hier auf Band zu sprechen. Sei, bitte, ‘n bißchen leise.«
    »Ich verschwinde ja schon in die Küche, wo die Alte hingehört. Und die Hunde nehme ich auch mit!«
    »Fein.« Ächzend mache ich den Tonbandkoffer auf, schalte das Mikrophon ein und beginne zu lesen. Ich komme in Fahrt. Klappt ja ganz famos. Vielleicht hätte ich Schauspieler werden sollen? Zwischendurch habe ich das dumpfe Gefühl von Nebengeräuschen aus der Küche, achte aber nicht darauf. Also hier — die Mitte paßt ganz gut.
    Nach einer Viertelstunde lehne ich mich befriedigt zurück und zünde mir eine Zigarre an. Das hätten wir. Und die Zeit stimmt auch ungefähr. Vielleicht brauche ich gar nicht in das Studio zu fahren, sondern kann ihnen einfach das Band schicken. Wollen mal sehen.
    Die Spule surrt im Rücklauf, dann stöpsele ich den Kontakt ins Radio und setze mich erwartungsvoll zurecht:
    »Draußen stürmt die Dezembernacht...« (leises Tellerklirren aus der Küche). »In einer kleinen Hütte am Rande des Fabrikgeländes saßen drei Männer zusammen...« (Uuaa — weff-weff — bumm, klirr, die Stimme der Mama: »Wieder eine Tasse. Hatte schon ‘n Sprung!«) »...und spielten Karten. Plötzlich erhob sich einer der drei — Inspektor Gulbransson — und ging wortlos hinaus...« (Wasserrauschen, »Cocki, um Gottes willen, du hast ja den Wurstzippel mit der Strippe ‘runtergeschluckt!«) — »... sagte Ericson: Was kann er nur haben, er war in letzter Zeit schon so seltsam...« (Leise: »Glühwürrmchen, schimmrre, schimmrre — ach so, ich soll ja leise sein!«) »...hob Ericson den Kopf: Haben Sie nicht einen Schuß gehört?« — (»Leise, hat Herrchen gesagt, Weffi! Komm mal her, was hast du denn da?«) Ich stelle das Tonband ab.
    Da würde ich also doch ins Studio fahren müssen, und davor ist mir ganz ungeheuer mies. Zur ersten Schallplattenaufnahme war ich sehr selbstbewußt erschienen und glaubte, ich setzte mich da einfach, läse mein Zeugs herunter, steckte das Geld ein und führe nach Hause. Statt dessen führte mich der Tonmeister in allen möglichen Ecken und Kabüsen herum, wo ich mich räuspern und »Aha« sagen mußte. Schließlich fand er heraus, daß die rechte obere Ecke meiner Stimmfarbe am besten bekomme. Dann mußte ich probelesen, ohne Mikrophon. Und dann mußte ich probelesen, mit Mikrophon, wobei die Zeit gestoppt wurde. Und dann mußte ich im Manuskript streichen, und dann ging’s wieder los. Und dann war die erste Hälfte zu schnell und die zweite zu langsam gesprochen, und beim fünftenmal war’s gerade umgekehrt. Und beim sechstenmal war ich schon so tatterig, daß ich mich bei jedem dritten Satz verhedderte und überhaupt nicht mehr wußte, was ich eigentlich las. Vor der siebenten Lesung bekam ich einen schwarzen Kaffee mit Cognac. Bei der neunten ging’s dann einigermaßen: »So, jetzt haben wir’s«, sagte der Tonmeister, offenbar ein Genie in seiner Art, aber nervenzerrüttend wie alle Genies. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn, stellte fest, daß ich vier Stunden geredet hatte, schüttelte ihm die Hand und wollte gehen. Er aber sah mich nur erstaunt an und meinte, jetzt ginge es ja gerade erst los! Während ich halb ohnmächtig wieder in den Sessel sank, begann er dann, alle

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