Zwei Toechter auf Pump
Brust und sagt, sie wisse ja, was er für ein toller Kerl sei. Ob er nun mit dem Abschied fertig sei, denn sie müsse noch mal ins Haus und sich den Kopf nebst Hut in Ordnung bringen.
Teddy versichert, daß er total fertig sei, der Chauffeur grinst diskret. Frauchen geht, von Addi begleitet, noch mal zurück: »Nun hör auf zu heulen!« höre ich sie in der Tür streng zur Mama sagen.
Ich packe Teddy am Arm: »Jetzt komm aber und sieh dir den Motor an!« Im nächsten Augenblick hängen wir beide unter der Haube und staunen. Dann hole ich schnell einen alten Sack aus der Garage, wir legen uns Seite an Seite darauf und studieren die Luftfederung.
Addi erscheint, öffnet die Wagentür und wirft eine Decke hinein. Dann stellt sie sich mit eingestemmten Armen neben uns: »Ja, ihr seid wohl nicht gescheit!«
Wir stehen, ohne sie weiter zu beachten, auf und krabbeln auf die vordere Sitzbank. Dort wird uns ganz feierlich. Unsere Blicke kosen die Instrumente und die gewaltige Haube. Teddy fingert ehrfürchtig über das Steuerrad. Dann seufzen wir im Duett, während der Chauffeur geschmeichelt zum Fenster hereinschaut.
Frauchen kommt wieder aus dem Haus. Wir klettern schweren Herzens aus dem Wagen, alles küßt sich noch mal, die Mama beginnt wieder zu heulen, der Chauffeur schließt die Haube, setzt sich ans Steuer und dreht den Zündschlüssel um. Unter der Haube ist ein seidenweiches, unerhört aufregendes Purren von vierhundert PS, der Chauffeur grüßt, Frauchen winkt mit geröteten Wangen, dann setzt sich der Koloß mit breitem Wiegen in Bewegung und ist wie ein Schatten um die Ecke. Wir vier Zurückgebliebenen sehen uns unbeholfen an.
»Na also!« sage ich schließlich. Dann gehen wir, je zwei, in unsere Häuser.
Drinnen schauen die Mama und ich einander in die Augen, dann sagt sie: »Jetzt brauch’ ich erst mal einen!«
»Ich auch.«
Cocki und Weffi erscheinen Seite an Seite, schnüffeln in das Chaos und drängen sich eng an uns, als wir nach oben gehen. Dort greift jeder von uns zu seiner Flasche, sie zum Vermouth, ich zum Cognac. Wir stoßen auf glückliche Reise an. Dann gehe ich mit meiner Flasche nach unten, die Mama behält ihre in der Hand. Unten nehme ich noch einen, zünde mir eine Zigarre an, setze mich hinter den Schreibtisch und lege die Füße darauf: Strohwitwer!
Oben höre ich erneutes Gläserklirren und nach einer Weile — als Begleitung zu den üblichen Haushaltsgeräuschen — Mamis Lieblingslied: »Glühwürrmchen, Glühwürrmchen, schimmrre, schimmrre...« mit hartem Bühnen-R.
3
Beim Mittagessen genießen wir zunächst unsere Freiheit. Die Mama hat das alte, angeschlagene Geschirr gedeckt (verboten) und setzt sich mit der feuchten Schürze an den Tisch (besonders streng verboten!). Ich schmökere einen Detektiv-Schinken, habe den Schlips abgebunden und den obersten Hemdknopf offen (noch strenger verboten: »Du siehst aus wie ein Straßenarbeiter!«). Draußen schneit es wieder seit Stunden unentwegt.
Plötzlich blicke ich auf: etwas ist verändert und hat mich aus meiner mit unterbewußtem Essen verbundenen Lektüre geschreckt. Dann merke ich, was es ist: die Mama hat aufgehört zu schmatzen und starrt mit erhobener spaghettiumwickelter Gabel ins Leere: »Wer weiß, wo sie jetzt ist!« sagt sie dumpf.
Ich lege das Buch zur Seite: »Wahrscheinlich an der Schweizer Grenze.«
»Oder in irgendeinem Abgrund!« Und übergangslos fügt sie hinzu: »Sieh mal, du Ferkel, was du da gemacht hast — der schmutzige Suppenlöffel als Lesezeichen! Das geht wirklich zu weit!«
Die Tür springt auf, und herein marschieren Cocki und Weffi. Beide haben dicke Eisklumpen im Fell, und mit ihnen marschiert ein unverkennbarer Geruch.
Die Mama schweigt erstarrt, nur ihre Nasenflügel wackeln.
»Ich habe mich immer gefragt«, sage ich hastig, »warum die Bauern den Dung auf den Schnee streuen. Bis mir der Wurzel-Sepp mal erklärt hat, daß der Dung in den schmelzenden Schnee eindringt und dadurch gewissermaßen in den Boden hineingezogen wird.« Zwei alte, blaßblaue Augen sehen mich an: »Du hast die Terrassentür aufgelassen! Da sind sie ‘raus!«
Cocki hat sich auf den Teppich geschmissen und beginnt sich das Eis aus den Pfoten zu knackern. Weffi steht über ihm, riecht an einer verklebten Stelle in seinem Fell und schlottert mit den dicken Vorderbeinen. Dann beginnt er sich mit dem Hinterbein unter dem Bauch zu kratzen und zieht die Lefzen bis an die Ohren.
»Und Flöhe haben sie auch!« sagt
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