Zwei Toechter auf Pump
nimmt ja keiner derweil.«
»Hm.«
»Ich hab’ Vater eine Torpedodreigangschaltung in sein Rad eingebaut, damit tut er sich wenigstens etwas leichter.«
Ich weiß, was ihn das gekostet hat, bei seinem kleinen Lohn.
»Nebenbei mache ich jetzt abends im Kino den Platzanweiser«, sagt er, als habe er meine Gedanken gelesen. »Das bringt was ein — und die Filme sehe ich umsonst.«
»Na, großartig!« meine ich ohne jede Überzeugung. Was sind diese Internatslümmel, diese Tunichtgute reicher Eltern gegen so einen kleinen Kerl! Wie furchtbar muß es sein, wie entsetzlich trostlos, wenn er von der schweren Arbeit hier heimkommt, zu dem ewig schimpfenden, verbitterten Vater und der unglücklichen Schwester. Was für ein wunderbares Leben haben doch meine Mädels dagegen! Muß doch mal sehen, was man da tun kann... wäre eigentlich gar nicht schlecht, wenn sie mal was für das Baby stricken würden! Ja, sie sollten überhaupt hingehen und sich anschauen, wie das so ist, wenn man mit einem Kind ohne Vater dasitzt!
Ich rutsche hinters Steuer: »Also, dann wollen wir mal wieder — und schönen Dank, Erich!«
»Ich sag’ auch danke schön — und gute Fahrt!«
Vorsichtig fahre ich heim.
Als ich in meine Einfahrt biege, sehe ich Susanne auf dem Balkon drüben. Sie nimmt etwas Weißes von der Wäscheleine, das steifgefroren wie ein Brett ist. Sie winkt mir zu.
Oben finde ich die Mama über einem Brief vom Frauchen. »Das war auch drin«, sagt sie und gibt mir eine Fotografie. Sie zeigt Frauchen und Tante Lola mit einem Haufen anderer Leute auf Schiern. Auf Frauchens anderer Seite steht ein sehr professionellsportlich aussehendes Mannsbild, das sie angrinst. Offenbar der Schilehrer. Hol ihn der Teufel.
»Wer ist denn der Fatzke?« frage ich und zeige auf ihn.
»Der Schilehrer«, erklärt die Mama. »Scheint ein fescher Kerl zu sein. Aber hast du denn Tante Lola gesehen, daneben? In dem Alter und noch so ‘ne Keilhose über dem Hintern! Sie sollte sich was schämen! Wenn die alten Weiber noch wild werden — das sollten sie den jungen überlassen. Apropos junge Weiber — weißt du, daß Susanne übermorgen Geburtstag hat?«
»Auch das noch! Woher weißt du denn das?«
»Sie war hier und hat so um drei Ecken ’rum das Gespräch darauf gebracht. Natürlich will sie ‘nen Haufen Jungens einladen, und ein Kuchenrezept wollte sie auch. Na ja, schließlich hat man nur einmal Geburtstag.«
»Aha, deshalb hat sie mir eben so zugewinkt.«
Die Mama mustert mich prüfend: »Nanu, was ist denn dir über die Leber gelaufen? Ich habe mir gedacht, daß ich ihr einen Kuchen backe, und du kannst vielleicht eine Flasche Schnaps stiften, dann brauchen sie nicht so ans Wirtschaftsgeld zu gehen, wenn sie die Lümmels einladen.«
»Die werden sie nur einladen, wenn ich es gestatte.«
»Also — da ist doch was los! Worüber hast du dich geärgert? Möchtest du mir das nicht mal ausnahmsweise sagen?«
»Ach — gar nichts. Ich habe nur ein paar von den anderen jungen Leuten getroffen, im Dorf. Wie die sich schinden müssen...«
»Unsere können nichts dafür, daß es ihnen besser geht. Nimm dich gefälligst zusammen.«
Einen Moment bin ich versucht, ihr die Sache mit dem Armband zu erzählen, schlucke es aber wieder hinunter. Ich will kein Geratsche wegen der Gören mehr.
So gebe ich ihr einfach einen Kuß: »Du hast ja vollkommen recht, Mulleken!«
In ihren Augen leuchtet es, als ich sie küsse. Aber gleich darauf wird ihre Nase wieder spitz vor Mißtrauen: »Da ist doch was faul, wenn du mir so plötzlich recht gibst!«
16
Ich stehe am Fenster. Der Himmel ist grauschwarz, und die bereiften Tannen hinten am Waldrand sehen aus, als seien sie mit dickem Silbergarn bestickt. Der Schnee dämmerungsblau mit den drei hellen Vierecken, die aus den Fenstern der Bentlers darüberfallen. Hinter den Scheiben huschen die Schatten der tanzenden Paare vorbei, und jetzt, da man eines der Fenster aufreißt, um frische Luft hereinzulassen, stürzen die Mamboklänge in den frühen Winterabend.
Sie feiern Susannes Geburtstag. Ich habe ihr ein Mützchen geschenkt, mit Pelz drumrum, auch zum Herunterklappen über die Ohren. Sie sieht ganz reizend darin aus mit ein paar goldblonden Locken und dem feinen, leicht gebogenen Naschen. Dazu ihre zierliche Figur, pelzbesetzter Mantel (von Addi) und die neuen Pelzschuhe (von Teddy). Wie ein Püppchen aus Meißner Porzellan. Margot bekam ganz spitze Augen vor Neid. Wir haben bei uns hier Kaffee
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